„Wie konntet ihr nur so weit gehen und jetzt schon junge Mädchen als Geiseln nehmen", ich vernehme eine weibliche Stimme und blinzele, „Cassiel Boulanger, ich bin wirklich enttäuscht. Das du und deine Bande Rüpel sind, damit habe ich mich abgefunden aber Entführer... ", wer war diese Frau? Erneut versuche ich meine Augen zu öffnen, aber das Einzige was ich sehen kann ist gähnende Dunkelheit „Riva, es war ihre eigene Idee und was hätten wir machen solle. Sie kennt unsere Gesichter und das Lösegeld können wir und vor allem du gut gebrauchen. " Die Stimme kommt mir bekannt vor und plötzlich holen mich alle Erinnerungen der letzten Nacht wieder ein. Der schreckliche Ball, der Mondscheinspaziergang, der Angriff und die Entführung. Mit einem Ruck setzte ich mich auf und öffne endlich meine Augen. Ich bin längst nicht mehr auf dem schäbigen Planwagen, sondern lieg in einem Bett in einer kleinen Kammer, die der unserer Dienstboten-Kammern ähnelte. Ich musste wohl gestern auf dem Planwagen eingeschlafen und dann in dieses Bett getragen worden sein. Perplex hebe ich die Decke und musste erleichtert aufatmen als sich immer noch Dunkelblaue Seide um meine Beine schlingt. Sie hatten mich also nicht ausgezogen. „Keine Sorge Schätzchen, die Rüpel haben dich nicht angerührt, dafür habe ich gesorgt", endlich konnte ich der weiblichen Stimme ein Gesicht zuordnen. An meiner Bettkante steht eine Wunderschöne junge Frau mit kohlrabenschwarzem Haar und ebenso schwarzen Augen. Sie lächelt mich aufmunternd an. Irgendwie kommt sie mir bekannt vor. „Ich bin Riva, die Schwester von Cassiel und du musst Carlynne sein". Natürlich, wieso war mir das nicht vorher aufgefallen. Sie und der schwarzhaarige sahen sich verblüffend ähnlich. Der einzige Unterschied war wohl, dass Rivas Augen Wärme und Freundlichkeit ausstrahlen und die von Cassiel gestern so kalt und gefasst wirkten. „Ja, nenn mich doch Carly, freut mich dich kennen zu lernen", ich rappele mich auf, „so und wo bin ich hier gelandet?" „Die Jungs haben dich in mein Gasthaus gebracht", ich schaue mich um, „du hast ein eigenes Gasthaus, das ist selten... Also, dass eine Frau ein eigenes Gasthaus besitz und so ich meine... ähmm ich habe nur noch nie... also ist das überhaupt erlaubt?" Frauen die Geschäfte oder Gasthäuser besitzen kommt genauso oft vor wie mein Verlangen nach einem Gespräch mit Vincent... so gut wie nie. „Jaja, ich weiß das ist ungewöhnlich, aber mein Mann Phillipe hat es mir vermacht als er gestorben ist", in Gedanken versunken streicht sie über die Bettkante, „er hätte gewollte, dass ich es weiterführe." Ich muss schlucken. In meiner Familie ist noch niemand gestorben, den ich direkt kennengelernt habe und ehrlich gesagt überfordert mich diese Situation ziemlich. Was antwortet man nach einer solchen Aussage. „Das tut mir leid", sage ich kleinlaut, doch anstelle traurig zu reagieren lacht Riva. „Oh nein Schätzchen, er war ein fröhlicher Mann, er hätte nicht gewollt, dass man um ihn trauert. Er wird für immer in meinem Herzen bleiben und solange man über ihn spricht auch in den Köpfen der anderen Menschen", man merkt, wie sehr sie ihren Mann geliebt haben muss. „So ich suche dir jetzt erst einmal etwas Ordentliches zum Anziehen und dann gibt es ein deftiges Frühstück", Riva wippt freudig mit dem Kopf. „Melvin hol Feuerholz, Remy, du suchst mir das Rezept für meine Crêpes heraus und Noel du läufst schnell rüber zu Carrie und besorgst vier frische Eier". Alle drei nicken und Noel zwinkert mir zu, als er schnurstracks das Kämmerchen verlässt. „Und du Cassiel besorgst dem armen Mädchen etwas zum Anziehen", drohend hebt sie ihren Zeigefinger, der Schalk, der in ihrer Stimme mitschwingt, ist jedoch nicht zu überhören. Cassiel gibt sich geschlagen und verlässt ebenfalls die Kammer. Riva blickt freudig zu mir „Das ist nun erstmal dein Zimmer, falls irgendwas ist, oder Cassiel sich nicht benimmt findest du mich in der Küche. Ich rufe dich dann zum Essen. Das Bad ist den Gang runter links, falls du dich frisch machen willst", sie streicht sich eine schwarze Strähne hinter das Ohr, rafft ihre Schürze zusammen und steht auf. Ein letztes Mal lächelt sie mich freundlich an und lässt mich dann allein in meinem Zimmer zurück.
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Das warme Wasser auf meiner Haut beruhigt mich und ich lasse die Geschehnisse der letzten Nacht Revue passieren. Ich hätte mich nicht für Vincent aufopfern sollen. Enora wird mir nie verzeihen, wenn sie erfährt das dieser Deal meine Entscheidung war und ich ende vermutlich doch in einem Kloster. Seufzend blicke ich auf meine Hände hinab und die Augen von Cassiel schleichen sich in meinen verräterischen Verstand. Heftig schüttele ich meinen Kopf, um sie wieder los zu werden. Ich habe gerade andere Probleme und seit wann interessieren mich überhaupt die Augen eines Jungen. In ein Handtuch gewickelt schleiche ich den Fluch entlang und spähe in mein Zimmer. Auf dem Bett liegt ein Haufen einfacher Kleidung, Cassiel ist nicht in Sicht. Puh, nochmal glück gehabt. „Von allein ziehen sich die Klamotten nicht an, sie anzustarren bringt nichts", vor schreck lasse ich beinahe mein Handtuch fallen und wirbele herum, dabei trete ich versehentlich auf den Zipfel meines Handtuchs und rutsche aus. Einen Schmerz erwartend kneife ich panisch meine Augen zusammen. Bye Bye Leben. Doch der Schmerz bleibt aus. Ich reiße meine Augen auf und blicke direkt in die Augen, die mir seit gestern nicht mehr aus dem Kopf gehen wollen. Seine Augen sind schwarz und strahlen eine pure kälte aus. Ich kann in ihnen nichts lesen, sie wirken gefühlslos und dennoch, irgendetwas fasziniert mich an diesem Anblick. „Soll ich mich für dich porträtieren lassen? Hält länger", seine Lippen formen ein arrogantes Grinsen. Ich schnaube „Nein danke". Er dreht sich von mir weg „zieh dich an, das Frühstück wartet auf dich Prinzessin". Wütend funkele ich ihm hinterher. Er hatte nicht das recht mich herumzukommandieren. „Ich heiße nicht Prinzessin, sondern Carlynne, für dich aber Mademoiselle Chapeaurouge", schreie ich ihm wütend hinterher.
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Genüsslich schließe ich meine Augen „Ich glaube ich bin im Himmel", ein weiteres Stück Crêpe verschwindet in meinem Mund. Riva kichert „Kind, bekommst du zu Hause nichts Gescheites zu essen?". Ich schüttele den Kopf, Bernard, unser Koch würde mich umbringen, wenn ich auch nur ein schlechtes Wort über seine Kochkünste verlieren würde. „Das essen zu Hause ist fabelhaft, aber diese Crêpes sind himmlisch". Riva lächelt und Noel bricht in schallendes Gelächter aus. „Wie kann man nur so verfressen sein", er hält sich den Bauch und wischt sich eine imaginäre Träne aus den Augen. „Pffff, bin ich gar nicht", schmollend lehne ich mich zurück und betrachte zufrieden meinen kugelrunden Bauch, der mit dieser wahren Köstlichkeit gefüllt ist, was Noel noch mehr zum Lachen bringt. „Was ist hier denn los?", Cassiel sieht verstört zwischen Noel und mir hin und her. „Sie benimmt sich genau wie du, wenn du heimlich nachts von den Resten nascht", Riva zwickt ihrem Bruder in die Wange. Noel der sich gerade wieder beruhigt hatte bricht erneut in lautes Gelächter aus. Mittlerweile muss er sich am Tisch festhalten. Cassiel starrt seine Schwester böse an, die ihm nur schmunzelnd zuzwinkert. „Heute Abend, ihr wisst Bescheid", Cassiel sieht Remy, der die ganze Zeit nur still dabeistand ernst an und auch Noel beruhigt sich langsam wieder. „Melvin stößt später dazu.", Remy nickt verstehend und auch Noel setzt eine ernste Miene auf. „Geht klar Boss", Noel stößt sich vom Tisch ab „Ich mach dann mal ein Mittagspäuschen", „Ich helfe dir Riva", Remys Wangen färben sich leicht rosa und er faltet nervös seine Hände vor dem Bauch. Ist da etwa jemand verliebt. Cassiel zuckt mit den Schultern, sein Blick huscht für einen kurzen Moment zu mir herüber. Ich wende mich demonstrativ ab und betrachte die interessante Wand neben mir. Was meinte Cassiel, was ist heute Abend. Ich konnte mich an keinen Ball erinnern, der für heute angesetzt war, Mondscheinspaziergänge unterbrechen konnte also schlecht ihr Plan sein. Rivas in die Hände klatschen weckte mich aus meinen Gedanken. „Carly, hast du schon einmal gekellnert?"
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Soooo, hier ist Kapitel drei. OMG einfach schon 11 reads, ich weiß, das ist noch nicht so viel aber ich freue mich trotzdem extrem. In diesem Kapitel gab es ein kleines aufeinandertreffen von Carly und Cassiel. Die beiden scheinen sich ja nicht so zu mögen, oder doch ? ;)
Danke an alle die meine Geschichte gelesen haben <3
Ich hoffe sie gefällt euch bisher, Verbesserungswünsche und Kritik, oder alles was euch sonst so in den Sinn kommt gerne in die Kommentare :)
~ Booksnhoney
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Carlynne und Cassiel~ Durch das Schicksal verbunden
RomanceSie, ein freches, vorlautes Mädchen, das behütet in einem großen Anwesen in Frankreich aufgewachsen ist. Er, ein kalter junger Mann, in dessen Augen sich bereits die ein oder andere Frau verloren hat. Sie, in den Zwängen ihrer adeligen Familie gefa...