Anziehungskraft [2/2]

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Kageyama war allein zu Haus. Er hatte lange darüber nachgedacht, was Sugawara ihm gesagt hatte. Er hatte ihn ausreden lassen. Er hätte niemals gedacht, dass er in Hinata verliebt sein könnte. Aber je länger er darüber nachdachte, desto mehr machte es Sinn.

Das mit dem ‚Auf–Jungs–Generell–Stehen' machte ihm am wenigsten aus. Er war noch nie in jemanden verliebt gewesen, weder Junge noch Mädchen, es hätte jeder sein können. Es war klar, dass es irgendwann kommen musste.

Und Hinata, so wenig er ihn am Anfang leiden konnte, er war seit ihrem ersten Spiel gegeneinander fasziniert von ihm gewesen. Er hatte noch nie jemanden wie ihn kennengelernt.

Und dann kamen natürlich noch die unübersehbaren Fakten hinzu. Sugawara war es also auch aufgefallen, wie anders er in Hinatas Gegenwart agierte. Dass es aus Liebe war, war zwar ziemlich naheliegend, aber er war einfach nicht auf diese Möglichkeit gekommen. Dabei war es doch so offensichtlich.

Im Internet guckte er noch mehr nach. Er saß stundenlang vor seinem Rechner, machte irgendwelche Liebestests, sah sich Beziehungen zwischen Männern an und irgendwann schloss er knallrot eine Seite, wo Analsex erklärt wurde.

Seufzend ließ er sich in seinem Stuhl zurück fallen. Sugawara hatte außerdem gesagt, dass Hinata nichts dafür konnte. Das wollte er allerdings nicht einsehen. Er war doch schließlich daran Schuld, dass er sich so fühlte, oder nicht?

Seit er einmal so ausgerastet war, hatte er Hinata so gut es ging ignoriert. Er merkte dabei nicht, wie weh es Hinata tat. Er war zu beschäftigt mit seinen eigenen Gefühlen. Okay, er hatte jetzt eingesehen und halbwegs verarbeitet, dass er in Hinata verliebt war. Aber was tat er jetzt? Er konnte Hinata nicht ewig ignorieren. Das schadete dem Team.

Er musste es irgendwie hinkriegen, nicht zu sehr in Hinatas Nähe zukommen. Aber für wie lange? Wie lange war man verliebt? Dass Hinata ihn zurück mochte war schon einmal auszuschließen.

Er seufzte erneut. Verlieben war bescheuert!

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Kageyamas Plan klappte eigentlich gut, er und Hinata hatten wieder eine relativ normale Beziehung zueinander. Nur manchmal in der Umkleide oder bei einem Zuspiel musst er aufpassen.

Grade war das Training beendet worden. Es war Freitag und er freute sich auf sein wohlverdientes Wochenende. Nur regnete es und er musste zu Fuß nach Hause laufen, darauf hätte er echt verzichten können.

Hinata kam als letzter hinter ihm aus der Halle und schloss sein Fahrrad ab.

„Hey, Kageyamaaaa!", rief er.

„O-oi, schrei nicht so..."

„Sorry!", rief er genauso laut. Er rollte mit seinem Rad auf Kageyamas Höhe.

„Warum gehst du nicht los, sonst bist du doch immer als erster Weg."
Lag etwa Bedauern in seiner Stimme? Nein, das bildete er sich bloß ein.

„Es regnet, Idiot. Ich muss laufen."

„Oh, ich habe einen Schirm mit! Wir können zusammen darunter ein Stück gehen!"
Hinatas Augen glänzten.

Kageyama wurde augenblicklich dunkelrot. „D-das ist nicht nötig."
Verdammt, er hatte schon wieder gestottert. Dass er alleine mit Hinata war, war gar nicht gut, sein Körper war ja ein mieser Verräter, da konnte er nicht einfach mit Hinata unter einem Schirm gehen, das würde er nicht aushalten.

„Ach komm, Kageyama, hab dich nicht so!"
Der Kleine schnappte mit seiner freien Hand nach seinem Arm und spannte den Schirm auf.

Ab da konnte Kageyama nur noch spärlich denken. Hinata hatte ja keine Ahnung, was er in ihm auslöste!

Zusammen gingen sie die Straße entlang.
„Warum warst du eigentlich so komisch neulich?", fragte Hinata irgendwann vorsichtig und sah Kageyama dabei nicht an.

Kageyama schwieg erst.
„Geht dich nichts an."
Er hätte ihn jetzt gerne an der Hand genommen und er verfluchte sich selbst dafür, dass er sowas dachte.

„Und in der Umkleide bist du auch immer so komisch. Sag mir bitte, was los ist!"

„Es ist.. n-nichts.."

„Und stottern tust du auch! Immer wenn wir alleine sind!"

Mist, er ahnte doch nichts?

Hinata blieb stehen. Kageyama automatisch auch.
„Weißt du, ich merke, wie du nie in meiner Nähe sein willst... es liegt an mir oder? Du magst mich echt nicht..."

„Haaaah?!"

Was sollte das alles?! Verstand Hinata denn gar nichts?!

„Hör mir mal zu, Boke! Erst bringst du mich dazu, so .. so verdammt komisch zu fühlen und drehst alles in mir um, du machst mich total wahnsinnig! Und tu nicht so, als ob du es nicht wüsstest! Und jetzt kommst du einfach und sagst, ich mag dich nicht?! BOKE, HINATA! Soll das lustig sein? Kaum findest du eine Schwachstelle, nutzt du sie aus?!"

Hinata starrte ihn an. „Bitte, was?! Was soll ich denn denken, wenn du so zu mir bist, Hah?! Und was soll das überhaupt heißen, wie lasse ich dich fühlen?"

„Du... DU IDIOT! Ich habe mich in dich verliebt, du bist doch Schuld! Ich kann mich ja nicht mal umziehen in deiner Gegenwart!"

„Willst du mich verarschen?! Du bist in mich verliebt? Warum bin ich bitte daran Schuld!"

„Ich verstehe dich einfach nicht!"

„Nein, ich verstehe dich nicht! Du bist ein Baka, Kageyma, ein Baka! Baka, Baka, Baka!"

„Komm nicht so nah, Idiot!"

„Sag mir nicht, was ich zu tun habe!"

Hinata kam provozierend näher und näher.

„O-Oi! Ich warne dich..."

„Wovor? Denkst du, ich habe Angst vor dir, Bakayama?!"

„Ich habe dir doch gesagt, ich bin in dich verliebt! Ich kann mich nicht b-beherrschen, wenn du so... so.."

Aus irgendeinem Grund war die geladene Stimmung auf einmal wie weggeblasen. Kageyama war Hinata noch nie so nah gewesen.

„Kageyama...", hauchte Hinata.

Das war nun wirklich zu viel für sein Herz. Stürmisch zog er den Kleineren an sich heran und presste die Lippen auf seine. Er hatte das noch nie getan, er wusste gar nicht, Ober es überhaupt richtig machte. Aber es fühlte sich richtig an.

Sie standen da. Mitten auf der Straße im Dunkeln. Sie hatten sich eben noch gestritten und jetzt küssten sie sich im Regen. Den Schirm hatte Hinata einfach fallen gelassen.

Er wollte sich nicht lösen, aber irgendwann bekam er keine Luft mehr.
„Idiot..", flüsterte er und strich ihm eine rote, nasse Strähne aus dem Gesicht.

„Du bist echt komisch. Wer schreit einen an, wenn er in jemanden verliebt ist?", meinte Hinata.

Kageyama wollte ihm entgegnen, dass er genau das selbe tat, aber er wusste ja nicht einmal, ob Hinata auch wirklich in ihn verliebt war... Sie hatten sich geküsst, ja. Aber trotzdem, gesagt hatte nur er es laut.

„Hinata?"

„Ja?"

„B-bist du.. magst d-du.. also"

„Sonst hätte ich dich wohl nicht geküsst, oder?" er grinste breit.

„Boke! Grins nicht so!"

Lachend hob Hinata den Regenschirm auf und schob sein Fahrrad weiter.
„Beeil dich!"

„Tch.."
Er wartete noch einige Sekunden, bis sein Gesicht nicht mehr ganz so sehr glühte.

Kagehina Oneshots | HaikyuuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt