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Als ich das Haus betrat, ein modernes Gebäude das weder innen, noch außen wirklich persönlich wirkte, spürte ich den Ring brennend auf meiner Haut. Ich hatte ihn an eine Kette gehangen und diese um meinen Hals gelegt. Versteckt unter der Marineblauen Bluse die ich trug. 
Er war das perfekte Symbol dafür mich zusammenzureißen. Mich nicht gehen zu lassen. Mich zu konzentrieren. Denn ich war aus einem Grund hier. Ich wollte dieses Praktikum und danach wollte ich übernommen werden. Ich hatte es mir verdient. Nur leider hatten es viele der Mitbewerber vermutlich genauso verdient wie ich.
Ein Schild auf dem dick und fett BEWERBUNGSGESPRÄCH stand veranlasste mich, dem Pfeil zu folgen, der durch eine kleine Glastür führte. Ein kurzer Gang, wo drei Fahrstühle waren führte mich weiter. Hinter dem Gang lag eine Art Lounge, wo schon einige Frauen darauf warteten aufgerufen zu werden. Ich seufzte leise, setzte ein Lächeln auf und betrat endgültig den Raum. Einige von ihnen hoben den Kopf und musterten mich kurz. Nun das war nur fair. Ich sah mich um. Wie konnte es sein, dass nicht ein männlicher Kandidat hier war? Ob es am Job lag? Wohl eher nicht. Im Studium hatte ich ein paar männliche Kommilitonen gehabt.
Die Frauen hier, waren wahnsinnig aufgetakelt und ich fühlte mich plötzlich nicht mehr gut genug, auch nur in diesem Raum zu sein. Sie alle sahen wie aus dem Ei gepellt aus. Perfekt und zurechtgemacht. Und ich stand hier mit rosigen Wangen, aufgequollenen Augen und wilden Haaren. Ich hatte jetzt schon verloren. Aber wie sagte man so schön? Immer positiv denken!
„Guten Tag. Mein Name ist Viktoria. Wie ist ihr Name? Dann kann ich sie von der Liste Streichen und sie ankündigen." Erklärte eine großgewachsene Frau mit rötlichem Haar und freundlichem Lächeln. Sie trug eine einfache Jeans und eine rosafarbene Bluse. Darüber einen dunklen Blazer. Sie sah gut aus, doch nicht so gemacht wie alle anderen im Raum. Eher leger und trotzdem stahl sie allen anderen die Show. Vermutlich lag es an dieser Selbstsicherheit, die sie ausstrahlte. Immerhin hatte sie ja schon ihren Job.
„Maja. Maja Seifert." Stellte ich mich vor und Viktoria nickte. Sie strich meinen Namen durch und schenkte mir ein weiteres Lächeln.
„Setzten Sie sich. Machen Sie es sich bequem." Schlug sie vor und zeigte auf die verteilten Sitzecken. Doch ich wollte mich nicht setzen, also blieb ich neben einem der Sitzecken stehen und holte tief Luft.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes stand eine kleine Theke, auf der eine Kaffeemaschine, ein Kühlschrank und einige Snacks standen. Ich hätte alles für einen Kaffee getan. Sehnsüchtig starrte ich die Maschine an. So unpersönlich der Laden auch sein mochte, sie ließen sich echt nicht lumpen.
Zwar war es schon kurz vor halb elf, doch noch immer hatte ich keinen gesehen, der mit einem Bewerbungsgespräch begonnen hatte. War ich etwa die erste? Das war kein gutes Zeichen. Die Interviewer waren noch motiviert und ich würde sicherlich nicht in Erinnerung bleiben. Nicht wenn die anderen wunderschönen Frauen nach mir dran kamen. Ich holte wieder tief Luft.
Kurz vor elf kam Viktoria herein und reichte uns alles Namensschilder, die wir beschreiben und am Ende anstecken sollten. Ich tat wie geheißen und machte mir sogar Gedanken darüber, ob meine Schrift ordentlich genug war. Man konnte meinen Namen lesen. Um etwas anderes ging es ja nicht.
Ein schlechtes Gefühl machte sich breit. Nervosität und Angst kroch durch meine Knochen. Ich war so aufgeregt das mir schlecht war. Ich hatte nichts gegessen und nichts getrunken und vielleicht war das im jetzigen Moment ganz gut so.
Dann kamen zwei gutgekleidete Männer herein. Als hätte ich etwas verpasst erhoben sich alle sitzenden Frauen im Raum. Irritiert richtete ich mich auf. Ich hatte mich gegen die Wand gelehnt und war von dieser plötzlichen Hektik etwas überrascht worden.
Ich konnte nicht viel sehen, da sofort die anderen Bewerberinnen mir den Blick versperrten, doch ich fühlte mich sofort, wie auf dem Viehmarkt. Es war eine eigenartige Reaktion auf zwei Anzugträger. Es war als wollten alle Frauen sich direkt in die Arme ihrer zukünftigen Chefs werfen. 
Ich wollte diesen Job haben, doch ich war nicht bereit mich so zu geben. Vermutlich hatte ich eh keine Chance, gegen die Mitbewerberinnen. Sie würden sich nun sicherlich die schönsten heraussuchen und den Rest ohne weiteres nachhause schicken. Unauffällig schielte ich zu dem Schild hinunter und stöhnte, vor Offensichtlichkeit. Auf den Namensschildern standen sogar Nummern. Genervt verdrehte ich die Augen.
Ich war Nummer dreizehn, wenn das mal kein Glück war. Langsam erhob ich mich und war beinahe so weit, als dass ich einfach abgezischt wäre, doch ich erstarrte in der Bewegung.

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