>Rathaniel
Obwohl ich es erwartet hatte wurde mir die Tür nicht vor der Nase zugeknallt.
Ich wurde einige Sekunden angestarrt, bis ich versuchte die Situation mit einem unsicheren Lächeln und einem "Happy Birthday!" aufzulockern. Meine Mom fiel mir heulend um den Hals, Dad klopfte mir auf die Schulter, zog mich dann aber doch in seine Arme und brach mir fast zwei Rippen. Tiz hatte mich erst umarmt, um mir dann so fest gegen den Arm zu boxen, dass er fünf Minuten taub war.
Es lief darauf hinaus, dass ich ins Wohnzimmer verfrachtet und mit Fragen und Schoko-Kirsch-Torte überhäuft wurde.
Ich musste jede Einzelheit meiner Reise erzählen. Sie wollten selbst wissen, wie ich es geschafft hatte aus dem Haus zu kommen und einen Tag ohne ihr Geld zu überleben. Anscheinen hatten sie gedacht ich würde mich von Grillen und Fröschen aus der Wildnis ernähren.
Deshalb blickten sie auch ziemlich verdattert drein, als ich ihnen erzählte, dass ich mich durch Kellnern und andere kleine Jobs über Wasser gehalten hatte. Als dann das Gespräch auf den ersten Flug kam wurde es kurz still im Raum. Dann zog ich ein Bündel Scheine aus meiner Tasche und gab es Dad."Ich weiß schon länger, dass ihr einen Bunker unter der dritten Küchenfliese habt." Mom hatte die Schein angestarrt und gelächelt.
"Ich habe mich schon gefragt wo das Geld für Tiz's Mountenbike hingekommen ist." ich spürte wie ich erbleichte.
"Das Geld war für ein neues Fahrrad?" die drei brachen in Gelächter aus.
Der Rest der Unterhaltung verlief ähnlich. Alle waren noch ziemlich geschockt und gleichzeitig überglücklich. Mir ging es nicht anders.
Mom war zwar nicht sehr über den Granatpiercing unterhalb meiner Unterlippe, erfreut, doch mit dem Rest meines Erscheinungsbild schien sie zufrieden. Genauso mit meinen Antworten. Ich bekam jedenfalls keine Backpfeife oder einen Einlauf von meinem Dad oder Mom.
Es war ziemlich lustig und mir wurde bald bewusst wie sehr ich sie vermisst hatte.
Gegen 1:32 Uhr merkte ich langsam wie müde ich war und das meine Lieder immer schwerer wurden. Als ich meine Augen kaum noch offen halten konnte und fast vorn über zusammen sackte, schickte Mom mich ins Bett.Und nun liege ich hier und versuche die Müdigkeit von vohin erneut herauf zu beschwören.
Ich habe schon darüber nachgedacht einfach wieder zu verschwinden, egal wie sehr ich meine Familie vermisst habe. Aber das konnte ich Mom und Tiz nicht wieder antun. Dad würde damit vielleicht noch klar kommen. Er würde bestimmt etwas sagen wie:
"Ach lass den Jungen Moll, er ist jung und braucht seinen Freiraum." oder
"Du weißt doch wie wir früher waren. Der kommt früh genug zurück."
Aber Mom würde das nicht nochmal verkraften. Vorallem nicht, da ich erst heute wieder zurück gekehrt bin.
Aber es ist immer noch ein verlockender Gedanke wieder zu gehen, denn selbst nach einem Jahr vermisse ich den einzigen Menschen der mich je verstanden hat nur noch mehr. Und ehrlich gesagt, habe ich auch Angst was auf mich zu kommen wird.
Ich muss endlich schlafen!
Seuftzend hieve ich mich aus dem Bett und tapere in Bad. Im Spiegelschrank finde ich eine Dose Schlaftabletten und spüle zwei mit Wasser hinunter.
Aus dem Spiegel starrt mir ein 19. jähriger Junge mit verwuscheltem, dunkel braunem Haar und dunklen Augenringen entgegen.
Na wenn das mal morgen nicht gut ankommen wird!
Der Ex-Badboy, der mit einer Geisteskranheit und Schlafstörungen zurückkehrt.
Ich seuftze, lasse mich mit dem Gesicht voran auf die Matratze fallen und warte auf den Schlaf.
Wie unrecht ich doch mit meiner Vermutung haben soll."Aufstehen Fröschchen! Die Sonne scheint!" trällert Mom und zieht die Vorhänge auf. Ich stöhne und halte mir die Hände vors Gesicht.
Und wenn 2012 gerade Realität werden würde wäre es mir auch scheißgal!
"Mom, was soll das? Es ist mir egal ob die Sonne scheint oder nicht! Warum weckst du mich verdammt nochmal um..." ein Blick auf die Uhr.
"7:25? VERDAMMT MOM!"
Ich ziehe meine Decke höher.
"Schatz, du hast noch genau 45 Minuten um zu duschen, dich an zu ziehen, zu frühstücken und zur Schule zu fahren, also beeil dich mal lieber. Tiz ist schon los.
Handtücher sind immer noch im Regal, Shampoo steht in der Dusche und deine Zahnbürste hat sich nicht von der Stelle bewegt!"
Wie auch, sie ist ein Gegenstand! Mann bin ich heute sarkastisch!
"Warum zur Hölle soll ich zur Schule gehen Mom?" grummle ich und ziehe mir die Decke bis über die Haare.
Ich spüre wie sie sich auf der Matratze nieder lässt.
"Rathaniel Bendrix, du hattest jetzt ein Jahr lang Zeit aus zu schlafen und zu faullentzen! Du bist selbständig zurück gekommen, also musst du mit meiner Erziehung leben!" sie seuftzt.
"Rath, ich will bloß, dass du einen guten Schulabschluß bekommst. Vor Pa's Tod warst du so ein guter Schüler, selbst wenn du Scheiße gebaut hast. Und es wahrscheinlich auch immer noch tust und tuen wirst.
Sieh mich ja nicht so erstaunt an, ich weiß was du für krumme Sachen gemacht hast, ich bin deine Mutter. Und du wirst es nicht glauben aber ich war auch mal jung. Dein Vater und ich haben auch ganz schön viel Kake gebaut! Zum Beispiel damals in..."
"Mom, ich weiß jetzt schon, dass es irgendetwas mit Sex zu tun hat, also erspar mir das Kopfkino bitte!" sie lacht und wuschelt mir durchs Haar.
"Ich will lediglich, dass es dir später auch gut geht. Und ich will nicht, dass du dein Leben lang von deinem Vater und mir abhängig bist." sie steht auf und geht zur Tür.
"Ach und noch ein Grund warum du gehen solltest; die Mädchen sind noch hübscher geworden!" sie grinst und zwinkert mir zu.
"Ist ja gut ich geh ja, aber bitte; Hör auf mir zu zu zwinkern!" wieder lacht sie und schließt die Tür hinter sich.
"Nur noch zwei Minuten." murmle ich und drehe mich auf die andere Seite. Die Tür geht wieder auf und die Decke verschwindet von meinem Körper. Augenblicklich wird mir kalt. Kein Wunder wenn man nur in Boxershorts schläft.
"Oh nein Jungermann, das Spiel kenne ich, du sagst nur noch 'zwei Minuten' und daraus werden dann 20! Na los hop, ab unter die Dusche! Diago wartet!" ruckartig setzte ich mich auf.
"Er ist noch auf der Schule?"
"Natürlich, er ist in der 12. Wenn du dich beeilst schaffst du's vielleicht mit ihm in eine Klasse." ich springe auf als hätte mein Bett mir den Hintern verbrannt und stürtze unter die Dusche. Wenigstens jemand, dem ich noch voll und ganz vertrauen kann. Na ob der mich überhaut noch kennt? Aber all zu viele Sorgen sollte ich mir nicht machen, schließlich war Diago Martez vor meinem verschwinden mein bester Freund. Und das würde er auch bleiben!
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Schreiben ist des Lebens Glück (Slow Update)
RomanceAlleine durch die ganze Welt zu reisen, kann eine Zeit lang ganz lustig sein. Aber nach einem Jahr Ausland, ist jeder der Meinung, dass man sich mal wieder Zuhause blicken lassen sollte. Das findet Rathaniel Bendrix auch. Mit nichts alls einem Ruck...