„Wer er ist…! Woher er kommt…!“ ein kaltes, mechanisches Piepen erfüllte den weißen, durch Vorhänge verdunkelten Raum. Seit einigen Wochen war dieses Piepen regelmäßig, was umso besser für den Mann in komatösem Zustand war, der auf dem Bett lag und dessen Herzfrequenz gemessen wurde.
„Wer er ist…! Woher er kommt…!“ das flüstern des Mannes aus seinen Komafantasien heraus war neu in dieser Geräuschkulisse, die sonst nur aus Herzfrequenzmessern und Beatmungsgeräten bestand. „Wer er ist…! Woher er kommt…! Wer er ist! WER ER IST!!!“ Die Herzfrequenz erhöhte sich drastisch und die mechanischen Atemzüge wurden immer unregelmäßiger. „Wer er ist…! Wer! Wer..! WER…!“ Aus dem anfänglichen Flüstern war mittlerweile Zimmerlautstärke geworden und langsam schien es so, als würde die Beatmungsmaschine nicht mehr die ganze Arbeit machen.
Dann schlug der Mann die Augen auf. Er nahm einen tiefen Atemzug und setzte sich für seine Verfassung viel zu schnell auf. Nun setzte er zu einem Schrei an: „ALEX!!!“
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Alex Nadezha saß in der durch die Mittagssonne erleuchteten Bibliothek seiner Fakultät. Er grübelte missmutig über alten Geschichten und Erzählungen. Aus dem Fenster beobachtete er den regen Betrieb der Universität, denn er konnte sich nicht auf die Arbeit vor ihm konzentrieren.
Er versuchte krampfhaft, sich mit diesen alten Volkssagen zu beschäftigen, einerseits weil er aufgrund seines Studiums eine Arbeit darüber schreiben musste und andererseits um sich abzulenken.
Seit drei Monaten lag sein Vater nun im Koma. Die Ärzte sagten, dass sein Zustand mittlerweile stabil wäre aber sie konnten nicht sagen, ob er je wieder aufwachen würde. Alex‘ Vater war gleichzeitig sein Dozent, davon wussten aber nur wenige.
Er hatte immer ein gutes Verhältnis zu seinem Vater gehabt, sie hatten allerdings beschlossen, auf dem Campus füreinander nur Professor und Student zu sein. Dennoch war er immer noch sein Vater und seine Sorge um ihn wuchs mit jedem Tag, mit dem sein Vater im Koma lag und Alex schaffte es weniger und weniger fokussiert zu lernen und zu arbeiten.
Jemand tippte ihn an der Schulter an, wodurch er hochschreckte. „Tut mir leid“ sagte eine Stimme hinter ihm im Flüsterton. Alex drehte den Kopf und sah einen jungen, blonden Mann, der etwa sein Alter hatte und weiße Kleider trug. „Bist du Alex Nadezha?“ „Ja“ gab Alex erstaunt zurück. Der Junge wies ihn durch eine Handbewegung an, ihm zu folgen.
Sie verließen den Lesesaal der Bibliothek in der einige Studenten über ihren eigenen Problemen grübelten, als man wieder normal miteinander reden konnte sagte der Junge: „Man hat mir gesagt, dass ich dich hier finden würde.“ „Ich kenne dich nicht, du bist nicht in dieser Fakultät oder?“ fragte Alex. „Nein ich komme von der Uniklinik“ war die Antwort „Ich habe gute Nachrichten für dich Alex, dein Vater ist aus dem Koma erwacht!“
Alex‘ Gesicht hellte sich auf, das war jedoch kein Vergleich dazu was er eigentlich empfand. Er hatte das Gefühl, das Gesamtgewicht der Bibliothek würde von ihm abfallen. „Wirklich…?“ Etwas anderes bekam er nicht heraus. Der Sanitäter nickte, dann begann Alex zu sprudeln wie ein Wasserfall: „Seit wann? Wie geht’s ihm? Kann ich ihn besuchen?“ „Immer langsam!“ lachte der Sanitäter „zuerst einmal habe ich hier was für dich!“ Er öffnete seine Jacke und holte ein Buch aus der Innentasche. „Was ist das?“ fragte Alex. „Keine Ahnung“ der Sanitäter zuckte mit den Schultern „aber dein Vater hat mir gesagt, ich soll es aus seinem Büro holen und als ich’s ihm gebracht habe, hat er etwas hineingeschrieben und gesagt, ich soll es dir bringen, da hab ich ein bisschen rumgefragt und naja, hier hast du’s.“ „Danke“ sagte Alex verwundert und nahm das Buch an. „Ach und was die Besuchszeiten angeht“ begann der Sanitäter „tja die hast du um ‘ne halbe Stunde verpasst, die nächste ist erst wieder in zwei Stunden“ der blonde Junge nahm einen entschuldigenden Ausdruck an. „Kein Problem“ sagte Alex lächelnd „vielen Dank für die Nachricht“ „Gern geschehen“ Sagte er, winkte zum Abschied und ging.
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Something Worse
ParanormalMenschen... Selbstgefällig leben sie auf dieser Welt mit einem unumstößlichen Bild davon. Sie sind der festen Überzeugung unbesiegbar zu sein, sie glauben, sie stehen am obersten Ende der Nahrungskette und würden die Natur mit all ihren Gesetzen ken...