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Mit 20 war ich noch viel zu jung, um zu verstehen, wie das leben so wirklich funktioniert. Ich war viel zu jung und zu dumm, um das Leben überhaupt zu verstehen. Die Weltenformel, der Lebenssinn, Existenz. Das alles war mir fremd, weil ich nichts tat, als einfach nur zu leben. Das Gefühl, das ich auf die Welt gekommen war, um irgendwem irgendwas recht zu machen, ließ mich einfach nicht los aber ich kannte mich zu gut, als dass das ich mich dem beugen würde. Meine Sturheit, meine Ignoranz, der Narzisst in mir hinderte mich daran. Ich war schon immer so. Wenn ich was wollte, dann nahm ich es mir. Abgesehen von meiner Familie und meinem Glauben, konnte mich nichts verletzten. Ich war immun gegen jegliche negative Gefühle, weil mich nichts und niemand interessierte. Niemand war Bestandteil genug meines Lebens, um mir wehtun zu können. Leute kamen und gingen. Mir war das egal. Ich habe nie jemanden vermisst oder gewollt. Ich hätte schwören können, dass es für immer so bleibt. Das tat es nicht. Das habe ich schon viel früher erkannt als mit 20.

Mit 14 konnte ich noch nicht wissen, weshalb mein Vater mich von der Firma fern hielt. Ich wünschte ich hätte es nie erfahren müssen. Vielleicht wäre alles einfacher gewesen. Doch bin ich meines Vaters Sohn. Ich komme nach ihm. In vielen Wegen. Die Verantwortung und Last auf meinen Schultern war unermesslich. Die Kunst darin lag dabei, es mir nie anmerken zu lassen. Was das angeht, war ich nie so gut wie mein Vater. Ich war zu wütend. Ich war so wütend...

Ich war wütend auf die Welt. Ich schrie sie an, verletzte mich selbst, tat alles, was ich konnte, um der ganzen Sache ein Ventil zu geben, aber nichts hatte sich verändert. Nie änderte sich was. Es war wie eine Dauerschleife, aus der ich einfach nicht rauskam und ich war müde. Wütend und müde. Eine der schlechtesten Kombination überhaupt. Sie brachte mich manchmal dazu nächtelang wach zu bleiben, anderen weh zu tun, griesgrämig zu werden und mich selbst noch mehr zu hassen. Hass und Liebe. Ich hasste mich und dann liebte ich mich und dann hasste ich mich und dann liebte ich mich. Ich hasste sie und dann liebte ich sie und dann hasste ich sie und dann liebte ich sie. Dieser Zwiespalt war ermüdender als die endlosen Nächte die ich damit verbrachte Sekunden zu zählen, um nicht auf die Uhr zu schauen. Meine Wut brauchte ein anderes Ventil. Sie brauchte etwas Stärkeres. Etwas das wirkte. Etwas das mir den Schmerz nahm und das Feuer in meinem Körper löschte bis es nur noch Asche war. Nur gab es viele dinge in meinem Leben die wie Benzin waren und ich wünschte, ich hätte einen feuerfesten Anzug gehabt. Vielleicht wäre eine Umarmung und eine sanfte Hand genug gewesen, jedoch wurde sogar sie mir entzogen. Ich hätte mit der Wut in mir die ganze Welt abfackeln können, nur war das keine Option, denn es wäre immer noch nicht genug gewesen.

Ich war nie ehrlich. Nicht mit mir selbst und auch nicht mit den Menschen die mir etwas bedeuteten. Hierbei geht es nicht um lügen. Es geht darum, dass ich dem kleinen Jungen in mir drin nie die Chance gab zu sprechen. Über Gefühle zu reden lag mir nicht. Oder über Bedürfnisse, Emotionen und diverse andere Dinge. Rückblickend war da einfach nur Wut. Ist da einfach nur Wut. Das alles lag in meiner Hand aber ich war wie gelähmt. Ich nahm all diese dinge in meine Hände und ballte die Fäuste. Ich öffnete sie nie wieder und lies auch nichts durchsickern und irgendwann konnte ich sie nicht mehr öffnen. Auch, wenn ich wollte. Es war wie ein endloser Krampf. Ein langanhaltender zustand, den ich über alles hasste. Irgendwann war ich nur noch eine Hülle. Mein inneres verlor die Kontrolle und ich wusste, es ist zu spät. Diese ganzen Gefühle, die ich nie gefühlt hatte oder fühlen wollte, kamen alle auf einmal und ich war überfordert. Trotzdem gelang es mir nichts nach außen zu lassen. Ich wusste nicht, dass ein Mensch so viel, so intensiv fühlen kann. Doch ich lernte es kennen. Mit jedem Tag lernte ich etwas Neues kennen. Sie war ein großer teil davon. Leider nicht genug um die Dauerschleife zu unterbrechen... Wenn dann auch nur für einen kleinen Zeitraum. Dafür war ich ihr dankbar. Es war nicht ihre Schuld. Nichts von all dem. Sie konnte schließlich nichts dafür. Für meine Boshaftigkeit, meine Wut, meine Dreistigkeit, meine Respektlosigkeit.

hezeyanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt