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Das ganze Wochenende über, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, welche Entscheidung ich treffen werde.
Gut, vielleicht war es nicht wirklich das Ganze gewesen. Denn den gesamten Samstag, habe ich mit pochenden Kopfschmerzen im Bett verbracht. Nachdem ich aus Rafaels Hotelzimmer geflüchtet und in den frühen Morgenstunden zurück zu meinem Apartment gelaufen bin. Ohne Schuhe wohlgemerkt, weil ich dermaßen Angst davor hatte, das ich dabei einen oder gleich beide Absätze abbrechen könnte. Es waren wohl ein oder zwei Martinis zu viel gewesen und die Erdbeerlime Shots, die der Barkeeper uns irgendwann ausgegeben hat, hätten wohl auch nicht unbedingt mehr sein müssen.

Trotzdem bin ich mir immer noch nicht ganz sicher, was ich tun möchte. Ob ich meiner Schwester jetzt zusage oder das ganze doch abblase und einfach behaupte, ich würde nicht frei bekommen. Was tatsächlich auch immer noch eine ziemlich wahrscheinliche Möglichkeit ist. Die Chance, dass ich einfach mal so ein paar Wochen Urlaub machen kann, liegt irgendwo nahe der Null. Denn ich müsste mir als Trauzeugin wahrscheinlich weit mehr als nur ein paar Tage freinehmen. Könnte nicht eben mal am Tag der Hochzeit rüberfliegen, nur um am gleichen wieder abzureisen.

Doch auf irgendeine Art und Weise, hat mich die Nacht mit Rafael, wachgerüttelt. Sie hat mir gezeigt, dass ich langsam wieder anfangen muss zu leben. Für mich. Nicht für Madame Dupont. In dieser einen Nacht hatte ich so viel Spaß wie schon lange nicht mehr gehabt. Hatte getanzt, Alkohol getrunken und einen verdammten One-Night-Stand gehabt. Etwas, was schon seit Monaten nicht mehr vorgekommen war.

Vielleicht, würde mir eine Auszeit wirklich guttun. Denn ist es nicht so, das man die Dinge am klarsten sieht, wenn man Abstand zu ihnen bekommt? Wenn man sich eine Zeit lang von ihnen entfernt?

Als ich dieses Jobangebot angenommen habe, hatte ich nur so vor Energie gesprüht. War motivierter denn je und bereit gewesen, alles dafür aufzugeben. Hatte an meinem Traum festgehalten, mich an ihn dran geklammert und war der festen Überzeugung gewesen, dass ich es schaffen könnte.

Jetzt, bin ich schlichtweg ausgelaugt. Sitze Tag ein und Tag aus in diesem Büro und warte darauf, dass ich endlich das tun kann, was ich wirklich möchte. Designen. Anstelle von nervigem Papierkram und das Regeln von Organisatorischem. Dass ich nicht länger das Mädchen für alles bin und täglich von A nach B gescheucht werde, für ein Gehalt, das beinahe unterirdisch ist und mir gerade so dabei hilft, über die Runden zu kommen.

Abgelenkt von meinen Gedanken, lasse ich meinen Blick weg von dem Computer vor mir schweifen. Vernachlässige für den Moment das, was ich eigentlich gerade zu tun habe und schaue rüber zu dem Schreibtisch auf der anderen Seite des Raumes, an welchem Rebecca gerade sitzt und irgendwelche Buchungen macht. Beobachte sie einen kurzen Moment dabei, wie sie konzentriert die Augen zusammengekniffen hat, sich dann einen kleinen Zettel zur Hilfe nimmt und irgendetwas vom Bildschirm abschreibt. Für sie mag das hier wohl reichen. Sie würde vielleicht gerne ihr Leben lang hier sitzen und Madame Duponts Drecksarbeit erledigen. Aber will ich das auch?

Gestresst atme ich tief aus, massiere wie immer beruhigend meine Schläfen und versuche darauf eine Antwort zu finden. Obwohl ich tief in mir drinnen, diese schon ganz genau weiß. Ich hatte sie die ganze Zeit nur verdrängt, weil ich der Überzeugung gewesen war, dass ich das hier will. Dass ich das hier durchstehen muss, um an mein Ziel zu kommen. Doch muss ich das wirklich? Gibt es keinen anderen Weg? Ich war mir die letzten Jahre so sicher gewesen, doch jetzt auf einmal, bin ich es plötzlich nicht mehr. Vielleicht sind es die Kopfschmerzen, die mich seit Wochen begleiten, wenn ich aufstehe und daran denke, dass ich gleich zur Arbeit muss. Oder der Fakt, dass ich tatsächlich kaum mehr Freizeit habe und sie wenn, alleine in meinem Apartment verbringe. Aber irgendwas, liegt mir gerade wie ein Stein im Magen. Bereitet mir schreckliche Bauchschmerzen.

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