Kapitel 1

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Das Feuer knisterte.

Schweigsam beobachtete er den ewigen Tanz der Flammen. Das Feuer wärmte ihn für den Moment, doch sobald es erlischt, würde auch die Wärme vergehen. Das Züngeln der Flammen würde aufhören und der ewige Tanz wäre vorüber. Der Tanz war wohl doch nicht so ewig wie gedacht. Nichts bleibt für immer. Kein Feuer, kein Leben und auch keine Liebe.

Vor ihrem Tod hätte er wahrscheinlich noch anders gedacht. Er hätte darauf bestanden, dass wahre Liebe für immer währe. Er hätte gesagt, dass wahre Liebe selbst über den Tod hinaus bestehen bleibe. Doch jetzt, wo sie fort war, war er sich diesem nicht mehr so sicher. Er fühlte, wie die Liebe wie Farbe mit der Zeit schwindet. Nicht die Verbundenheit oder die Hingabe die er für sie empfand. Sondern eher die Liebe die zwischen ihnen war. Es war schwer zu erklären. Etwas fehlte. Sie fehlte. Letztendlich braucht es mindestens zwei Personen, um Liebe zu entfachen.

"Was schauen Sie wieder so düster drein?"

Der Klang der Stimme riss ihn wieder in die Realität. Er saß am Lagerfeuer seiner Truppe. Die Männer unterhielten sich, lachten und tranken. Sie hatten das Lager vor den Mauern der großen Burg aufgeschlagen. Es war ein ausgelassener Abend. Keine Spur von der bedrückenden Anspannung des Tages. Es war eine lange Anreise und ein beunruhigender Anlass. Dennoch lastete der Ernst der Lage seinen Männern nicht so schwer auf den Schultern wie ihm. Normalerweise bedeutete die Einberufung des Rates der Dynastien nichts schlimmes. Traditionell gesehen war es sogar ein Fest der den immerwährenden Frieden im Lande feierte. Doch sie wussten nicht, was er wusste.

"Es ist schon etwas länger her seitdem der hohe Prinzlor den Rat der Dynastien einberufen hatte." Antwortete er seinem jungen Knappen Pan.

Der hohe Prinzlor hatte ihm eine Schriftrolle zukommen lassen. Nicht per Rabe. Ein Bote hatte sie ihm persönlich gebracht. Dies unterstrich die Wichtigkeit der Botschaft. Der hohe Prinzlor Jovan Ilouyel hatte den Rat der Dynastien zu einem ungewöhnlchen Zeitpunkt einberufen lassen und dies konnte nichts Gutes bedeuten. Das Land hatte erst eine schwere Hungerskrise hinter sich und nun waren da auch noch diese beunruhigenden Gerüchte, die umher kursierten. Dies machte die Situation nicht besser. In den Gerüchten war die Rede von einer Aufrüstung seitens der Schattendynastie. Falls dies der Wahrheit entsprach, würde dem Land eine schwere Zeit bevorstehen. Die Einberufung des Rats der Dynastien bedeutete, dass jede Dynastie einen Abgesandten schicken würde und somit würde auch ein Abgesandter der Schattendynastie anreisen. Wenn man die Situation falsch angehen würde, könnte die Situation schnell eskalieren.

"Sie wissen ja noch gar nicht warum der hohe Prinzlor eine Ratsversammlung angeordnet hat. Sie dürfen nicht immer so pessimistisch sein."

Sein Knappe Pan setzte sich neben ihn auf den Holzstamm. Sein schmutziges blondes Haar fiel ihm auf die Stirn und das Feuer wurde in seinen Augen, die so grau wie Regenwolken waren, reflektiert. Pans verschmitztes Lächeln ließ ihn besonders jung wirken. Ein Kind des Friedens. Er hatte keine Ahnung von dem Terror des Krieges. Mit einem leichten Lächeln seufzte er.

" Und du darfst Optimismus nicht mit Naivität verwechseln."

Dies machte den jungen Knappen stutzig. Er blinzelte einige Male irritiert, bis er sich wieder gefasst hatte.

"Ist die Lage wirklich so schlimm? Ich meine, hier und da hört man die Leute munkeln, doch ich hielt es nur für unsinnige Gerüchte. Warum sollte Gladio aufrüsten? Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür." fragte Pan.

Illyrion schaute wieder ins Feuer. Das Feuer war bereits kleiner als zuvor. Man nannte die Schattendynastie umgangssprachlich Gladio. Gladio war für sein großes Heer bekannt, dementsprechend hatte die Schattendynastie die Ressourcen, um einen Krieg zu beginnen. Jedoch hatte die Schattendynastie keinen gerechtfertigten Grund, um aufzurüsten. Soweit er wusste, hatte Gladio keine schwerwiegenden Konflikte mit anderen Dynastien. Er hoffte, dass es sich bei den Gerüchten tatsächlich nur um Gerüchte handelte. Jedoch sagte ihm sein Bauchgefühl etwas anderes. Am morgigen Tag würde er die anderen Abgeordneten in der großen Burg treffen und hoffentlich so schnell wie möglich den Anlass für die Versammlung in Erfahrung bringen.

"Ich weiß es nicht." 

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