Die Sonne erschien am Horizont und erleuchtete das Lager mit ihren Sonnenstrahlen. Illyrion war am gestrigen Abend früh schlafen gegangen. Er hatte sich noch eine Weile mit seinem Knappen Pan unterhalten und war mit ihm nochmal die Ereignisse des heutigen Tages durchgegangen. Heute würde er auf den hohen Prinzlor und einige Abgesandten der Dynastien treffen. Eventuell, wenn sie Glück hätten, würde er schon heute mit ihnen in die Ratsversammlung gehen. Allerdings konnte er sich gut vorstellen, dass noch nicht alle Abgesandten eingetroffen waren und der hohe Prinzlor sowieso als Zeichen seiner Gastfreundschaft ein kleines Fest veranstalten würde und die wichtigen Angelegenheiten erst später besprochen werden würden. Er hoffte jedoch auf die erstere Option, welche jedoch sehr unwahrscheinlich war.
Nicht sehr weit von seinem Lager hatte die Perlendynastie ihr Lager aufgerichtet. Die Perlendynastie, auch Lapis genannt, war für ihren Wohlstand bekannt. Allerdings kommt mit Wohlstand Korruption und Betrug. Illyrion könnte nichts derartiges beweisen, allerdings hatte er seine Vermutungen. Jeder wusste, dass Lapis die größte Handelsstadt im Lande war. Die Perlendynastie war die Heimat für Geschäftsleute und Händler. Dementsprechend kam es auf den lapiesischen Märkten mal öfter vor, dass man übers Ohr gezogen wurde. Jedenfalls öfter als auf ländlichen Märkten.
Er war sich nicht sicher, ob er auf dem aktuellsten Stand war, doch insofern er sich erinnern konnte war der Abgesandte von Lapis ein älterer Mann namens Eckbart Griesberg. Eckbart war ein erfolgreicher Geschäftsmann in Lapis. Wenn nicht sogar der erfolgreichste. Offiziell hieß es, dass Lapis von einer Kaufmannsgilde geführt wurde. Doch bei so einem einflussreichen Mann wie Eckbart Griesberg konnte er sich gut vorstellen, dass er allein das Sagen in dieser Kaufsmanngilde hatte. Zumindest wäre dies nicht einmal so abwegig. Eckbart Griesberg solle anscheinend neuen Bewerbern die Aufnahme in die Gilde verweigern, da er eine Reduktion seiner Gewinne fürchtete. Dementsprechend kontrollierte die Kaufmannsgilde den lukrativen interdynastischen Handel. Schon seit Jahren kontrollierte und regulierte er nicht nur den Handel, sondern auch die Geschehnisse in Lapis. Man musste kein Gelehrter sein, um zu verstehen, dass das ganze lapiesische System oder zumindest ein Großteil davon, korrupt war. Allerdings war Illyrion noch nie in der Perlendynastie gewesen, dementsprechend waren es für ihn nur Spekulationen. Was er jedoch sicher wusste war, dass der lapiesische Abgeordneter seinen Ruhm und seine Macht dank seines ausgeprägten strategischen Denkvermögens etablieren konnte und egal wie man seine Methoden nun bewertete, konnte er ihm dies anerkennen.
Pan gürtete Illyrion seine Gewandung. Für diesen Anlass musste er angemessen gekleidet sein. Er hatte seinen besten Umhang mitgebracht. Sein Umhang war aus langem braunem Stoff gemacht und ein Geschenk seiner verstorbenen Frau. Obwohl es nur ein Kleidungsstück war, verband er mit dem Umhang schöne Erinnerungen. Er erinnerte sich an das Strahlen ihrer Augen als sie ihm den Umhang überreichte. Dieser Umhang schenkte ihm ein wenig Geborgenheit, aber letztendlich war es nur was es letztendlich war: Ein Umhang.
"Sie sind nun bereit Sir Darll."
Pan strich ihn noch ein letztes Mal über die Schultern, um sicherzustellen, dass alles zurecht saß. Er atmete noch einmal tief ein und aus, bevor er auf sein Pferd stieg um die letzten Meter zwischen ihm und der großen Burg hinter sich zulegen. Obwohl ihm die Sorge über die Zukunft des Landes zu schaffen machte, freute er sich auch ein kleines bisschen darauf seine Schwester wieder zu sehen.
Freya lebte in der großen Burg und war die Gemahlin des hohen Prinzlor Jovan Ilouyel. Es grenzte beinahe an ein Wunder, dass sie von allen Frauen im Lande auserwählt, wurde. Damals war es ein Skandal. Es war sehr untypisch für den hohen Prinzlor sich mit einer Frau aus den äußeren Dynastien zu vermählen. Illyrion und Freya kamen ursprünglich nämlich aus Triticum. Die Getreidedynastie. Triticum war nicht sehr einflussreich und war viel eher für seine Bauernhöfe und Viehzucht bekannt. Dennoch war ihr Vater ein sehr einflussreicher Geschäftsmann gewesen. Dies erklärte auch, warum Freya in die engere Auswahl kam. Ihr Vater verhandelte mit dem hohen Prinzlor über den Getreidehandel und die Versorgung der Hauptdynastie, denn im Jahre der Vermählung hatte das Land eine schlechte Ernte und das Land fiel in eine Hungerskrise. Dies war wahrscheinlich auch der Grund weshalb der hohe Prinzlor der Vermählung zustimmte, denn er konnte seine Untertanen nicht über Winter hungern lassen. Es war ein sehr kalter Winter und viele Untertanen hätten ohne Nahrung nicht überleben können. Freya hatte bei dieser Entscheidung kein Mitspracherecht gehabt und war ihrer Pflicht vorbildlich nachgegangen. Sie brachte dem Hause Darll Ehre. Dies war auch der Grund, weshalb Illyrion der Abgesandte von Triticum war. Obwohl er sich nie wirklich für Politik interessiert hatte, war es letztendlich auch seine Pflicht dem Hause Darll Ehre zu bringen.
Während er auf seinem Pferd ritt, kam er den großen Toren der großen Burg immer näher. Mit ihm waren Pan und seine weiteren Männer geritten. Es ertönten laute Rufe von der Mauer und das große Tor öffnete sich langsam. Vor ihm erschien das Bild einer prachtvollen Burg. Das Herz der großen Dynastie. Ein massives Bauwerk aus Kalkstein. Es soll Jahre gedauert haben, bis die ersten Bulaaria die Burg errichtet hatten. Sie hatten den Kalkstein aus dem Berg gegraben und dabei gleichzeitig auch ein riesiges Tunnelsystem erbaut. Die Burg war schon hunderte von Jahren alt und trotzdem strahlte sie noch Macht und Stärke aus. Kein Wunder, dass der hohe Prinzlor in der großen Burg residierte. Obwohl Illyrion schon mehrere Male hier gewesen war, war er jedes Mal wieder aufs Neue beeindruckt.
"Herzlich Willkommen, Abgesandter, Illyrion Darll von Triticum. Es ist uns eine große Ehre Sie bei uns zu haben. Ihre Pferde werden in die Ställe gebracht und es wird sich gut um sie gekümmert. Bitte folgen Sie mir in die große Burg."
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Equilibrium
FantasyEin Herrscher, mehrere Dynastien. Ganz langsam aber sicher stürzt das Land in Chaos. Der langjährige Frieden ist gefährdet. Und eine dunkle Bedrohung erwacht. Die Abenddämmerung läutet ganz langsam aber sicher den Beginn einer tief dunklen Nacht ein.