Lied zum Anhören:
Somebody that I used to know by Gotye ft. Kimbra
Nate
Ich wartete schon seit einer halben Ewigkeit darauf, dass endlich der Uhrzeiger meiner alten Armbanduhr auf halb 8 zeigte. Langsam wunderte ich mich, warum Jet noch nichts dazu gesagt hatte. Normalerweise war er immer der erste, der mich deswegen anmotzte. Mir sollte es recht sein, ich hatte sowieso schon genügend Stress. „Guten Morgen junger Mann", begrüßte mich eine etwas ältere Dame, während sie ihre Einkäufe auf das Band legte. „Morgen Ma'am", grüßte ich halbherzig zurück. Ich war schon seit 4:30 Uhr wach, da konnte man von mir keine freudestrahlende Antwort erwarten. „Sie sind ja sehr fleißig, in so jungen Jahren schon so früh arbeiten. Als ich in Ihrem Alter war, musste ich im Bett meinen Karter ausschlafen", lachte sie und drückte mir das Geld in die Hand. Ich lachte nicht. Ich lächelte nicht einmal. Das hohe Piepsen der verschiedenen Kassen konnte ich nicht mehr hören. Es war zwar noch ziemlich früh, aber all die Leute, die im Büro arbeiteten, kamen schon hier her. Mein Kopf dröhnte und ich wäre jetzt auch viel lieber in meinem Bett. Konnte ich nur nicht. Ich musste arbeiten, daran würde sich auch nichts ändern, egal wie sehr ich es wollen würde.
„Schönen Tag noch", verabschiedete sich die Dame. Ich nickte ihr nur zu und erhaschte wieder einmal einen Blick auf meine Uhr. 7:29 Uhr. Ich sprang von dem unglaublich harten Stuhl auf und zog schon auf dem Weg zum Mitarbeiterraum meinen Kittel, den hier komischerweise jeder tragen musste, aus. Ich hatte keine Zeit zu verlieren.
Phelia:
7:20 Uhr. Ich hätte aufstehen müssen, das war mir klar. Ich war aber einfach noch viel zu müde wegen meines Trainings gestern Abend. Wir bereiteten uns schon seit Monaten auf das kommende Wochenende vor und nun wurde es Ernst. Die Qualifikationsrunde der Springvalley Meisterschaft, einer der größten Ereignisse diesen Jahres. Meine Muskeln zogen und brannten noch immer und ich fand einfach keine Kraft um mich aus meinem Bett zu hieven und zur Schule zu schleppen.
Aber ich musste, also rollte ich mich langsam zur Bettkante um ja nicht zu lange aus der schützenden Wärme meiner Bettdecke zu müssen. Ich frierte morgens immer unglaublich. So schnell wie möglich schlüpfte ich also in meinen fliederfarbenen Morgenmantel und band ihn zu. Dann schlürfte ich in meinen Pantoffeln in die Küche, wo auch schon Mia, unser Hausmädchen, mit meinem Iced Coffee stand. Sie bereitete ihn mir morgens immer frisch zu. Ich schnappte ihn mir, bedankte mich lächelnd bei Mia und verließ dann die Küche.
Nach ein paar Schlücken Kaffee schaute ich auf meine Smartphoneuhr. Mist! Schon 7:30 Uhr! Ich musste mich noch anziehen und fertig machen! So schnell wie es mir mit meinen übergroßen Hausschuhen möglich war hastete ich die Treppe hoch in mein Zimmer. Den Kaffee stellte ich neben meinen Schminktisch und warf meinen Morgenmantel auf den Stuhl, welcher hinter dem Tisch stand. Dann rannte ich in mein Ankleidezimmer und wühlte in den Regalen nach einer Jeans und einem einfachen Shirt. Heraus kam jedoch ein Jeansrock, welchen ich aus versehen zu den normalen Jeans gelegt hatte und ein purpurrotes Top. Für ein paar Sekunden starte ich die freizügige Kombination an, entschied mich aber dennoch diese anzuziehen. Es war mitten im Sommer, weshalb es nicht zu kalt werden sollte. Morgens war mir zwar immer kalt, doch sonst war ich nie eine Frostbeule. Schnell schlüpfte in in den Rock und zog mir das Top über. Danach schaute ich mir kurz im Spiegel an. Ich musste jetzt auf die Strumpfhose, die ich normalerweise immer unter Röcken trug, verzichten. Ich hatte schlichtweg zu wenig Zeit.
Ich kam um 7:50 Uhr an und stieg gelassen aus meinem Auto, welches mir mein Vater zu meinem 17. Geburtstag vor einem Monate geschenkt hatte. Um ehrlich zu sein fand ich es ein wenig übertrieben, jedoch hätte ich dies schlichtweg aus zwei Gründen weder meinem Vater noch meiner Mutter sagen können. Erstens hätten sie es schlecht aufgenommen und wären gleich beleidigt gewesen, zweitens waren sie gar nicht da. Sie hatten mir zwei Tage vor meinem Geburtstag noch versprochen anwesend zu sein, doch man konnte ihnen einfach nicht vertrauen. Sie waren in der Nacht vor meinem Geburtstag ohne sich zu verabschieden zu einem wichtigen Termin im Ausland geflogen.
So war dies immer. Es kam jedes verdammte Mal etwas dazwischen, was anscheinend wichtiger war als ihre eigene Tochter. Langsam war ich es Leid und ich verbot mir Hoffnung zu machen, dass es dieses eine Mal anders sein könnte. Ich scheiterte jedes Mal. Ein Teil in mir hoffte und wünschte es sich einfach, dass sie dort sein würden. Früher hatte ich geweint, was würde man auch von einem 5 Jährigen Kind anderes erwarten? Heutzutage versuchte ich es einfach so hinzunehmen. Ob das so gut gelang, war noch einmal ein anderes Thema.
„Phelia! Wir müssen schon rein gehen! Die Kurslisten werden schon vergeben und ich habe keine Lust von den kleinen Fünftklässlern umgerannt zu werden" „Vielen Dank für die herzliche Begrüßung", lachte ich. So war Eda meistens. Sie hasste es zu spät zu kommen oder große Menschenmassen. Menschenmassen war ich leider gewöhnt. Ich musste immer zu Veranstaltungen meiner Eltern gehen, bei denen oft bis zu 200 Leute in riesigen Hallen untergebracht waren. Ich hasste diese Veranstaltungen unglaublich.
Früher waren sie erträglicher, weil wir alle zusammen hin durften. Ivy, Brys, Jason, ich und Nate. Wir hatten damals alles zusammen gemacht. Ob auf Spielplätzen gespielt, Eisessen oder sogar Übernachtungen. Doch dann war alles vorbei und ich wusste nicht einmal warum. Mein Vater erlaubte keine Verabredungen mehr mit Nate und die Jungs hingen auch nicht mehr mit Ivy und mir ab. Zwar sahen wir Brys und Jason noch bei den Veranstaltungen, doch wir redeten nicht mehr miteinander.
Ja, wir schauten nicht einmal mehr in einanders Augen. Es war als stände irgendetwas zwischen uns und ich konnte mir nicht erklären warum oder was. All das ist jetzt fast 10 Jahre her und die Situation war immer noch die gleiche.
Mit der Zeit wurde Eda, das Mädchen mit unglaublich gutem Modegeschmack, langen schwarzen Haaren und indischen Wurzeln, eine nahe Freundin von mir und Ivy und auch bei den Jungs schien es als hätte sich ihre Freundesgruppe verändert. Hauptsächlich Nate hing jetzt mit Noah ab, aber auch Brys und Jason waren oft mit ihm zusehen.
Noah Davis.
Er war mir noch nie geheuer gewesen und was man von ihm hörte, ließ mich immer wieder schauern. Mir war klar, dass dies meist Gerüchte waren, aber Noah strahlte eine negative und aggressive Energie aus. Schon einige Male hatte ich gesehen, wie er Achtklässler gegen Spinde gedrückt hatte oder sogar schlimmeres mit ihnen machte. Zwar versuchte ich so oft wie möglich dazwischen zu gehen, aber meistens war der „Schaden" schon angerichtet. Schüler allen Alters hatten Angst vor ihm oder versuchten wenigstens ihm aus dem Weg zu gehen. Warum gerade Nate mit so jemanden zu tun hatte konnte ich mir nicht erklären. Von dem was man hörte, waren seine Noten seitdem drastisch schlechter geworden und er kam auch etliche Male zu spät. Nur das war jetzt nicht mein Problem. Klar machte ich mir Sorgen, aber es war 10 Jahre her. 10 verdammte Jahre und ich sollte endlich so wie alle anderen abschließen. Es verband uns nichts mehr. Wir waren keine Freunde mehr.
„Ich bin im Basketball- Team!!", kreischte Ivy. Ich riss meinen Kopf zu ihr und ein Grinsen breitete sich auf unseren Gesichtern aus. „Omg! Du hast es ihnen gezeigt!", rief Eda. „Das müssen wir feiern!", meinte ich lächelnd. Ivy nickte hektisch mit einem extrem breitem Lächeln. Anscheinend war sie so geschockt, dass sie kein Wort mehr herausbekam. Ich lachte und schaute auf meine Kursliste.
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Beyond it
Chick-Lit" "Was denkst du denn, was W & A bedeutet?", wurde ich gereizt gefragt. "Wayne Armstrong", antwortete ich langsam, doch irgendetwas sagte mir, dass ich falsch lag. Das Gefühl, dass mein Vater irgendeine Scheiße abgezogen hatte, breitete sich immer...