Meine Finger schnellen zu der Einstichstelle an meinem Hals. Sie ist wieder ganz heiß. Wie auf Kommando habe ich das Gefühl sie wieder pochen zu spüren als Mark sie erwähnt.
„Du...Du hast es auch?", frage ich.
Langsam nickt er. „I-Ich... b-...b-...in k-krank ge-...gewor-....den u-...und Kra-...m-...pf...anfäll-...e." Krank? „Waren da auch schwarze Linien auf deiner Haut?"
„U-Und... N-...Nase...n-...bluten."Er hat wirklich das Gleiche wie ich. Etwas anderes als Hyunjin und Jungkook, aber das Gleiche wie ich. Was es auch sein mag.
„D-Das... Kapitol... sie kon-...tr-...trollieren u-..." Mit einem Mal verkrampft sich sein gesamter Körper. Der Brustkorb streckt sich ungesund aus, seine Augen drehen sich nach oben, sodass man in den Liedern nur noch weiß sieht. Aus seiner Nase läuft plötzlich eine Unmenge an Blut. Angsterfüllt lege ich meine Hand auf sein Herz. Es schlägt nichtmehr. Die Kanone ist jedoch noch immer nicht ertönt, er lebt also noch. Da sehe ich es auch. An seinem Hals malen sich schwarze Linien über seine Haut, die an seinem Hals dick anschwellen und unter seiner Jacke verschwinden.
So plötzlich es angefangen hat, hört es auch wieder auf, abrupt und schnell. Mark scheint es nicht schlechter zu gehen, ich bezweifle jedoch, dass man sich elender fühlen kann als er es tut.
Er sieht mich wieder an.
„E-...Es i-...ist wie ei-...n V-Virus... E-...Es brei-...tet sich imm-...er wei-...ter in dir a-...aus."
Erst redet er von einer Krankheit, jetzt ist es ein Virus. Was hat das alles zu bedeuten?
„Woher weißt du das?"
„W-Weil e-...es bei m-mir sch-...sch-...schlimmer i-ist a-als bei d-di...dir..." Er hustet. Etwas Blut spritzt auf mein Gesicht. „Wü...-ürden sie n-...icht... w...-ollen, d-dass d-...u m-mich u-...um-...bringst, h-hätt...hätten sie m-...mich sch...-schon läng-...st st-...sterben l-lassen." Erschöpft von dem vielen Sprechen, atmet er beschwerlich aus.Was er sagt stimmt. Er hätte schon längst sterben müssen. Aus seiner Schulter läuft immer noch das Blut, seine Stimme wird immer schwächer, dass ich ihn kaum noch verstehe. Irgendwas hält ihn am Leben und will nicht, dass er von allein stirbt. Laut Mark wollen sie, dass ich ihn umbringe. Ich.
„Nein- Nein, das kann ich nicht."
„B-Bit...Bitt-...e... I-Ich w-...ill s-so n-...nicht me-...mehr l-leben... B-...itte... t-tue e-es...f-für m-...mich, j-ja?" Tränen füllen seine Augen, seine Lippen zeichnen sich zu einem schwachen Lächeln.Ich ziehe das Messer hervor. Während ich meine Arme aushole, versuche ich nicht darüber nachzudenken, über gar nichts von all dem nachzudenken, was er mir gerade gesagt hat, einfach los, er will es doch schließlich so. Ich verharre für einen Moment in dieser Position, die Augen fest zusammengekniffen, die Finger zitternd um das kalte Metall gelegt.
Vor lauter Anspannung breche ich nach vorn zusammen und beginne zu schluchzen. Das Messer rutscht aus meiner Hand und fällt in den Schnee. Ich kann das einfach nicht. Die Gedanken in meinem Kopf kreisen wirr umher, wie lauter kleine Menschen die immer wieder auf mich einschreien.Auf einmal spüre ich Marks Hand im Schnee rumtasten. Mein Blick schnellt nach oben. Er greift das Messer, als wäre es tonnenschwer. „Nein!" Panisch stolpere ich zur Seite und rutsche aus. Den Griff umschließt er mit beiden Händen. Sie sind so zittrig, dass ihm die Klinge fast aus den Fingern gleitet. Ein dumpfes, fleischiges Geräusch und er drückt sich das scharfe Metall langsam in die Brust. Ein ersticktes Ächzen verlässt seinen Mund, während seine Augen vor Schrecken aufgerissen sind. Mit letzter Kraft schiebt er sie weiter hinein, bis sie vollkommen in ihm steckt. Seine Hände sacken herab. Aus seiner Brust quellt Blut und sickert seine Kleidung um die Einstichstelle voll. Es gehen noch ein paar kleine Zuckungen von seinem Körper aus, dann regt er sich gar nicht mehr. Die Kanone.
Es braucht mich einen Moment bevor ich mich wieder rühre. Entsetzte Schreie verlassen meinen Mund. Die Hände stütze ich vor mir in den Schnee und atme heftig.
Das kann nicht wahr sein. Alles hier. Es kann nicht echt sein. Vielleicht ist das alles nur ein schrecklicher Albtraum und morgen wache ich wieder in meinem Bett auf. Der peinigende Hunger, die eisige Kälte, die vier Tribute, die ich schon sterben sehen habe - ich muss kotzen. Weil nichts in meinem Magen ist, tut es scheußlich weh. Vor mir landet nichts als Spuke und Magensaft. Vor Anstrengung werde ich fast ohnmächtig.
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Ghost | Vkook
Fanfiction„Jedes Jahr müssen alle 15 Distrikte einen Jungen zwischen 14 und 18 Jahren zu den Hungerspielen schicken. Die ausgelosten Tribute bekämpfen sich in einer Freiluftarena bis nur noch einer übrig ist. Alle anderen Tribute müssen sterben." Es ist das...