Kapitel 2

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>> Manchmal sieht man Dinge, die nicht da sind, wohingegen manche Dinge, die offensichtlich sein sollten, für einen unerkennbar bleiben. <<

Die letzte Nacht war eine der Schlimmsten bislang gewesen. Sobald Jimin seine Augen geschlossen hatte, begann es in seinem Kopf wieder zu rattern. Stunden hatte er wohl wachgelegen und seine Ängste und Gedanken versucht zu unterdrücken. Es war daher nicht verwunderlich, dass er morgens von wahnsinnigen Kopfschmerzen geplagt wurde und nicht unbedingt bester Laune war. Er hatte auch viel zu wenig geschlafen und war hundemüde. Die Frage, was wirklich hinter Jungkooks seltsamen Verhalten steckte, ließ ihn einfach nicht in Ruhe. Er hatte sämtliche Möglichkeiten immer wieder durchgespielt, doch keine davon klang in seinem Ohren wirklich plausibel. Überall fand er auch Argumente gegen die aufgestellte Theorie.

Da war zum Beispiel die Überlegung das es doch nicht an Tae lag. Aber woran dann? Daran das Jungkook einfach nicht gerne Shoppen ging? Wieso hatte er aber auf Taehyung so reagiert? Jimins Überlegungen führten zu der Idee sein fester Freund könnte Taehyungs neuer Lover sein. Diese macht ihm besonders Angst. Doch auch hier fand er Gegenargumente. Wenn dem wirklich so war, weshalb sollte Jungkook ihm dann immer wieder seine Liebe bekunden? Was hatte er davon? Oder war das der verzweifelte Versuch, jemanden in der Rückhand zu haben? Jemanden trotzdem zu haben, wenn die neue Beziehung nicht funktionierte? Jimin hatte mal davon gehört, dass manche Menschen sowas taten, um am Ende nicht allein dazustehen.

Aber eigentlich passte es nicht zu seinem Jungkook. Er war immer liebevoll, zugewandt und fürsorglich gewesen. Er war wohl die treuste Seele die Jimin sich vorstellen konnte. Seit ihrer Beziehung hatte Jungkook nicht einen einzigen Versuch gestartet andere überhaupt anzuschauen. Wieso sollte er sich in so kurzer Zeit so stark verändert haben?

Jimin seufzte laut, als er sich im Bett nochmal rumdrehte und sich weiter in seine Decke kuschelte. Heute war ihm einfach nicht nach aufstehen, auch wenn Jungkook ihn schon mehrmals gefragt hatte, ob alles in Ordnung war. Er solle doch langsam mal aus dem Bett kriechen, da immerhin schon mittags war. Aber Jimin wollte nicht. Hatte Jungkook eigentlich schon mal die Kombo zwischen Kopfschmerzen und Müdigkeit erlebt? Doch das war nur Ausrede. Jimin wusste, wenn er aufstehen würde, könnte sein Kreislauf in Schwung kommen. Dann könnte es ihm durchaus besser gehen. Jedoch hatte Jimin Angst. Angst, dass es sich zu sehr zwischen Jungkook und ihm veränderte. Und diese Angst breitete sich in Jimin aus wie ein Lauffeuer. Paralysiert und machtlos betrachtete er die Flammen, die gerade drohten, sein Leben zu zerstören. Wie lange hatte er versucht es zu Unterdrücken?

Um nicht ganz tatenlos dabei zuzusehen, überwand er sich schließlich doch. Er sprach die Frage aus, die ihm auf dem Herzen lag. „Kookie...? Kannst du... also würdest du dich vielleicht noch ein bisschen zu mir legen? Ich... ich fühl mich heute nicht so gut und...-" Bevor er Jungkook genauer erklären musste, was los war, legte dieser ein sanftes Lächeln auf. Fast augenblicklich kuschelte er sich zu ihm unter die Decke. Jimin spürte, wie der Druck in seinem Kopf wenigstens für einen Moment nachließ. Mit geschlossenen Augen schmiegte Jimin sich noch mehr an seinen Freund. Sog den beruhigenden Duft ein.

Im selben Moment wurde er von einem schlechten Gewissen überrollt. Er hatte Jungkook Dinge unterstellt, für die Jimin sich jetzt im Nachhinein schämte. Jungkook hatte ihm niemals einen Grund gegeben, an seiner Liebe zu zweifeln und doch hatte er dies gerade getan. Hatte seinen Freund die ganze Nacht hinterfragt und ihm misstraut. Niemals hatte Jimin an Jungkook zweifeln wollen. Sicher gab es einen triftigen Grund, weshalb er sich in letzter Zeit anders verhielt. Der Ältere musste nur noch rauskriegen, was es war.

Aber nicht jetzt. Nicht in diesem Moment, der endlich mal wieder nur den beiden gehörte. Denn jetzt konnte er all diese Gedanken beiseiteschieben. Konnte einfach Jungkooks Nähe genießen. Jimin hatte sich so sehr danach gesehnt, Jungkook nah zu sein. Nicht nur körperlich. Die Nähe, die er gerade spürte, war vielbedeutender. Sie ging viel tiefer, als ein körperlicher Kontakt jemals sein konnte. Das hier war der Inbegriff von Liebe und Jimin wollte jede Sekunde ganz bewusst genießen. Er brauchte es. Brauchtee Jungkooks Ruhepol. Brauchte es, dass dieser ihn sanft streichelte.

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