Vier - Raphael -

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»Ist mir egal, was für Einwände du vorbringst, Marinello.« Der Alte vor mir wedelt mit der Hand Richtung Tür. »Du gehst, wohin ich dich schicke. Ich wiederhole, es ist deine letzte Chance. Und jetzt verschwende nicht meine Zeit, wenn du der Meinung bist, mit dir sei alles in Ordnung.«

Wenn ich nicht auf diesen Job angewiesen wäre, wäre jetzt der Zeitpunkt, in dem ich dem Alten tatsächlich meine ungefilterte Meinung vorbringen würde. Dann wäre ich meine Chance definitiv los und damit auch die Pläne für meine Zukunft. Deshalb atme ich tief ein und gehe durch besagte Tür.

Auf der Außentreppe sitzend, kaue ich auf dem nikotinhaltigen Kaugummi herum, in der Hoffnung das mich der darin befindliche Suchtstoff runterbringt.

Dass das Zeug helfen soll, kann auch nur ein Marketing-Gag zu sein. Ohne Witz, mit dem Kaugummi habe ich noch mehr Lust eine zu ziehen. Genervt friemele ich einen zweiten Kaugummi aus der Packung, obwohl ich, laut Packungsbeilage, mindestens eine Stunde Pause dazwischen einhalten sollte.

Scheiße! Als ich um einen anderen Standort gebeten hatte, wäre mir im Traum nicht eingefallen, dass mich der Alte genau dorthin verfrachten würde, wohin mich normalerweise keine zehn Pferde bringen würden.

Jeder andere wäre froh über die Versetzung gewesen. Mehr Geld, mehr Ruhe. Win-Win also – außer für mich.

"Ist nur für ein paar Wochen", sagte er. "Eine bessere Bezahlung winkt dir, also schieb kein Stress, wegen ein paar Empfindlichkeiten", meckerte er.

Am Arsch, alter Sack.

Empfindlichkeiten - Wie ich gelernt habe, das Wort zu hassen.

Genauso, wie mich die ganzen Chicks und Jocks ankotzen, die ich an den Wochenenden abweisen muss, weil das Sicherheitsprotokoll eben vorschreibt, nur eine gewisse Anzahl an Gästen in den Club hereinzulassen.

Die Chicks denken, ein paar heraushängende Titten und bisschen Wimpergeklimper würden sie kostenlos hereinbringen und die Jocks, weil sie sich für die geilsten Hengste im Stall hielten. Dabei zählt für jeden das Gleiche: Nein, heißt Nein. Schließlich war ich für die Sicherheit jedes einzelnen Gastes zuständig, wenn es zu einer Katastrophe kommen würde. Und ich riskiere garantiert nicht meinen Hals für ein paar Jugendliche, deren Erziehung irgendwo im Kindesalter abhandengekommen war.

Der Alter hatte doch garantiert nur auf so eine Situation gewartet, um mir eins reinzuwürgen. Nur weil ich einem Typen die Fresse poliert habe, nachdem er sich weigerte eines der weiblichen Gäste in Ruhe zu lassen und den Club zu verlassen. Dabei hatte ich mich wirklich zusammengerissen und ihn mehrmals höflich dazu aufgefordert.

Wobei höflich Auslegungssache war, zugegebenermaßen.

Als Security oder auch Türsteher muss Stress kein Problem darstellen. Wir müssen es abkönnen, angepöbelt, bespuckt oder geschlagen zu werden. Zum Glück sind die Meisten jedoch so besoffen, dass es mit dem Zielen nicht weit her ist und sie, zwar mit etwas Widerstand, leicht aus den Räumlichkeiten zu entfernen sind.

Frische Luft soll bekanntlich klärend auf den benebelten Geist wirken.

Irgendwas in mir ist jedoch in der Situation durchgeknallt und das Arschloch hatte schneller eine gebrochene Nase, als er nach seiner Mama hatte rufen können.

Vielleicht lag es auch an der zerbrochenen Flasche in seiner Hand, die in mir einen Hebel umlegte. Da verpasse ich lieber meinem Gegenüber einen Denkzettel, bevor ich einen bekomme. Blutverlust durch Aufschlitzen, lag nicht so in meinem Fetischbereich.

Außerdem ist es immer wieder witzig anzusehen, wenn Halbstarke, die sich für echte Männer halten, bei ein bisschen Prügelei zu einem jammernden Etwas mutieren. Der Kerl hatte doch tatsächlich heulend nach seiner Mama gerufen, als das Blut nur so aus der Nase spritze.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 10, 2021 ⏰

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