Prolog

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Silbernes Mondlicht tanzte durch die Äste der Bäume. Eine seichte Brise ließ die Blätter rascheln, sie war angenehm warm. Es war eine perfekte Sommernacht mit tausenden Sternen am tiefblauen Himmel. Eine Katze saß aufrecht auf einem moosbewachsenen Baumstupf, ihr langes, dunkelbraunes Fell hätte sich der Umgebung gut angepasst, wäre da nicht der mondgleiche Schimmer, der sie wie eine sanfte Aura umgab. In ihren gelben Augen schienen Sterne zu funkeln, was nicht nur daran lag, dass sie den geschwungenen Kopf dem Himmel zugewandt hatte.

„Bernsteinblüte!"
Ein klares Miauen ließ die Kätzin zusammenfahren, sie wirbelte herum und verengte die Augen, als sie einen grauen Kater auf sich zu schleichen sah. Ihm folgten zwei weitere Katzen, ein weiterer Kater mit schwarzem Pelz und eine ungewöhnlich hübsche Kätzin mit cremefarbend getigerten Fell. Alle drei waren von demselben Leuchten umgeben, auch wenn der graue Tigerkater und die cremefarbene Kätzin deutlich heller zu scheinen schienen.

„Ihr wollt diesen Plan also tatsächlich durchziehen?", miaute die Kätzin namens Bernsteinblüte mit einem Nasenrümpfen und sprang elegant zu den anderen hinab, „Tigerflügel, von dir habe ich nichts anderes erwartet. Du bist so jung. Aber Silberpelz? Du musst doch wissen, wie gefährlich das ist?"

Die Cremefarbene, Tigerfell, verdrehte die Augen, während der graue Silberpelz hin und her gerissen zu Boden sah. An seiner statt antwortete schließlich schwarze Kater.
„Es ist der einzige Weg, Bernsteinlicht. Die Krieger des Walds der Finsternis sind mächtig- und vorbereitet. Wir wissen nicht, wer ihre Anhänger bei den Clans sind. Also müssen wir handeln!"
„Denk dran, sie gehören nicht freiwillig dazu. Rauchstern...", Tigerflügels vorher so entschlossenes Miauen brach. Sie wandte den Blick ab, Schmerz in ihren hellblauen Augen.

„Du hast diese herzlose Kreatur also wirklich geliebt"
Bernsteinblütes Miauen war hämisch noch spöttisch, lediglich feststellend. Dennoch riss Tigerflügel den Kopf herum und zeigte fauchend ihre spitzen Zähne.
„Sprich nicht von Dingen, von denen du nichts weißt, Bernsteinblüte!"
Die beiden Kätzinnen standen sich mit blitzenden Augen gegenüber, die Krallen kampfbereit ausgefahren.

„Hey!", fauchte der dunkle Kater laut, „Hört auf! Wir müssen zusammenhalten! Und wir müssen das jetzt durchziehen! Es ist unsere einzige Hoffnung und ihr wisst es!"

Tigerflügel wich mit peitschendem Schweif zurück und würdigte Bernsteinblüte keines Blickes.
„Du hast Recht, Schattenschwinge. Wir sollten beginnen- wenn gewisse Beteiligten sich endlich einmal zusammenreißen und erkennen würden, dass das der einzige Weg ist!"

Rasch sprang Silberpelz zwischen die Kätzinnen und warf einen Blick in die Runde.
„Also ist es beschlossen? Wir geben... geben unsere gaben an Clan-Katzen weiter?"
Tigerflügel und Schattenschwinge nickten, Bernsteinblüte stieß einen gereizten Laut aus und stimmte schließlich ebenfalls zu.

Dann trat Schattenschwinge vor und miaute laut und deutlich: „Ich, Schattenschwinge, ehemaliger zweiter Anführer des MondClans bitte unsere Ahnen, uns das Portal zu offenbaren. Wir schwören feierlich, es lediglich und ausschließlich für gute Zwecke zu verwenden!"

Einen Moment lang geschah nichts. Doch dann stieg ein dichter, heller Nebel nur wenige Fuchslängen vor der Katzengruppe auf. Nach einigen Augenblicken lichtete er sich etwas, verschwand aber nicht völlig. Er lag nun über einem dunkelblauen See, der unheimlich ruhig in der Nacht lag. Es wirkte so, als wäre er schon immer dort gewesen. Dabei spiegelte er keinen einziger Stern am Himmel wieder und auch nicht Silberpelz' Silhouette, als der graue Kater näher trat und seinen Kopf zum Wasser hinstreckte.

„Die Legenden sind also wahr", miaute er rau und zuckte unruhig mit der Schwanzspitze, „Ich werde beginnen"
Kurz stand er unschlüssig da, dann wisperte er einen Namen. So leise, dass ihn keiner seiner Gefährten verstehen konnte. Ein Kräuseln ging über das Wasser, obwohl die Nacht gerade jetzt vollkommen windstill war. Dann erschien das Bild von einer jungen, weißen Kätzin. Dunkle Tupfen zeichneten ihren Pelz, der sich ruhig hob und senkte. Offensichtlich träumte sie, den ihre Augen waren fest geschlossen und ihre kleinen Pfoten zuckten etwas.              
„Wirklich? Ein Junges?", fragte Bernsteinblüte trocken.

Silberpelz warf ihr einen kurzen Blick zu.
„Ich habe meine Gründe"
Dann streckte er eine Pfote aus, berührte das Wasser und etwas eigenartiges geschah. Ein Teil seines silbernen Lichts wurde zu der kleinen Kätzin gesogen. Sie reagierte nicht, doch ihr Pelz schimmerte einen winzigen Moment lang wie die der anderen Katzen.
Silberpelz wankte, hielt sich jedoch auf den Pfoten. Seine ganze Gestalt schien deutlich blasser.
Tigerflügel sprang besorgt vor, aber Bernsteinblüte hielt sie zurück.

„Er wird schon wieder, lass ihn. Du bist jetzt dran"

Die Tigerkätzin nahm mit einem unruhigen Blick in den Augen Silberpelz' Platz ein. Dann beugte sie sich vor und wisperte ebenfalls einen Namen. Es erschien ein etwas älterer, schwarzer Kater. Er saß an einem großen See, dessen Reflexion den vollen Mond am Himmel zeigte. Seine hellblauen Augen waren in die Ferne gerichtete, neben ihm lag ein lag ein Büschel Kräuter.

„Der ist nicht einmal in deinem Clan", bemerkte Bernsteinblüte verdutzt. Tigerflügel reagierte nicht. Auch sie berührte das Abbild mit ihrer Pfote und es geschah dasselbe wie mit Silberpelz. Jedoch schien der Kater dieses Mal etwas gespürt zu haben. Verdutzt wirbelte er herum, erkannte jedoch Niemanden um ihn herum. Tigerflügel wankte stärker, ihre Flanken bebten und ihre Augen glänzten wie im Fieberwahn. Bernsteinblüte machte dieses Mal selbst einen Satz nach vorne und stützte die Kätzin.

„Ich dachte, du sollst mich lassen", keuchte Tigerflügel und schnappte nach Luft.
„Ach sei still", brummte Bernsteinblüte und half ihr zu einem Platz neben dem Baumstumpf, auf dem sie gerade noch gesessen hatte.

Dann nickte sie Schattenschwinge zu. Er wirkte auf den ersten Blick wie die Ruhe selbst, beim näheren Hinsehen verriet ihn jedoch seine zuckernde Schwanzspitze. Als er wie die anderen beiden vor ihm einen Namen flüsterte, reckten die anderen neugierig den Kopf. Dieses Mal zeigte der See wieder eine kleine Kätzin. Auch sie träumte, doch dabei wirkte sie deutlich unruhiger, ihre kleine Brust hob und senkte sich hektisch und sie miaute unregelmäßig im Schlaf.

„Was habt ihr nur mit euren winzigen Kätzchen?", fragte Bernsteinblüte und schüttelte ungläubig den Kopf, „Die ist doch kaum drei Monde alt!"

Als Schattenschwinge das Ritual wiederholte, beruhigte sich die kleine Kätzin etwas. Ihre Pfoten kamen zur Ruhe, ihr Atem wurde sanfter und ihre Gesichtszüge schienen sich zu entspannen. Schattenschwinge seufzte und stolperte zu Tigerflügel und Silberpelz.

Bernsteinblüte wirkte keineswegs begeistert, als sie zum Uferrand trat. Jedoch wirkte sie entschlossen, als auch sie einen Namen hauchte. Wieder kräuselte sich der See und die Reflexion veränderte sich zum letzten Mal. Zu sehen war ein brauner Kater mit blauen Augen, der unruhig in einem großen Bau hin und her tigerte. Bernsteinblüte warf noch einen kurzen Blick auf die anderen Katzen, dann tauchte auch sie die Pfote ins Wasser. Der Kater zuckte zurück, als könnte er ihre Berührung spüren.

„Oh SternenClan!", miaute er mit leicht gedämpfter Stimme, „Was habt ihr nur getan?"

Ahornbrises Gabe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt