two

50 5 1
                                    

Gefühlte Stunden stand ich nun schon vor der Schule und plauderte doch tatsächlich mit dem neuen Jungen.

"Ich habe hier her gewechselt, da ich auf meiner alten Schule von allen ausgeschlossen wurde und nicht einmal wusste, warum. Ich brauchte einfach einen Neuanfang, und naja, hier bin ich.", antwortete mir Liam auf meine Frage, wieso er auf unsere Schule kam und zog seine Mundwinkel malwieder leicht nach oben. Ich musste schmunzeln. Vielleicht redete er deshalb mit mir, da es ihm so ähnlich, wie mir, erging. Doch ehrlich gesagt konnte ich mir  beim besten Willen nicht vorstellen, dass er keine Freunde hatte. Dafür wirkte er mir gegenüber viel zu aufgeschlossen.

Unsicher schenkte ich ihm ein Lächeln zurück und pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Hey, hast du vielleicht Lust mit mir einen Kaffee trinken zu gehen, oder wollten wir jetzt für immer hier vor der Schule herumstehen?", fragte er mich schließlich und wackelte mit seinen Augenbrauen.

Hatte ich schon einmal mal erwähnt, dass mich diese Situation überforderte?

Unsicher biss ich mir auf meiner Unterlippe herum. "Ich weiß nicht so recht.. Ich.." "Ach jetzt komm schon! Es spricht absolut nichts dagegen.", unterbrach mich Liam, und ohne, dass ich auch nur ein klitzekleines Wort Einspruch heben konnte, packte er mich an der Hand und zog mich in Richtung Innenstadt.

Ich ließ es einfach so geschehen, doch eigentlich wollte ich mich wehren. Gegen seine Berührung und gegen seine Worte. Ich wollte auf ihn einschlagen, mich von ihm losreißen. Jedoch hinderte mich irgendetwas daran und ich wusste einfach nicht, was es war.

Mit meinem Starbucksbecher in der Hand ließ ich mich auf den unbequemen Holzstuhl neben Liam fallen und drückte meine Hände an das heiße Getränk, sodass diese angenehme Wärme mein Blut zum Kochen brachte.

"Wo wohnst du hier in London?",fragte ich Liam, nachdem der erste Schluck meines Koffeingetränks mir die Kehle herunter lief. "Ist ein sehr unbekannter Stadtteil. Ich habe dort eine kleine Wohnung, die aber schon kurz vorm Zusammenfallen droht." Er lachte kurz auf. "Aber leider kann ich mir nichts besseres leisten." "Warum?", fragte ich nach und nuckelte immer wieder in kleinen Schlückchen an meinem Latte macchiato herum.

"Ich bin so gut wie pleite. Meine Eltern sind vor einem halben Jahr verstorben und musste mich deswegen alleine um eine Wohnung kümmern.", schluchzte Liam und spielte mit seinen Fingern an der Tischdeko herum. "Oh... Das tut mir echt leid.", stammelte ich unsicher . Ich wusste nie, wie man sich in solchen Situationen verhalten sollte und hörte mich deshalb wahrscheinlich wie ein Papagei, der gerade das Sprechen lernte, an.

"Schon okay." Er lächelte leicht. "Und wie sieht es mit deiner Familie aus?" Nach diesen Worten fühlte es sich so an, als ob mir ein Holzpfahl ins Herz gerammt wurde. Er hatte einen wunden Punkt bei mir getroffen und nach seinem Blick zumute wusste der das anscheinend ganz genau.

"Naja.. also.." Der Sprechen lernende Papagei kam wieder zum Vorschein und ich senkte meinen Blick zitternd zu Boden. Liam schaute mich erwartungsvoll an und zog die Augenbrauen nach oben. "Sie haben uns alleine gelassen.", rutschte es mir schnell von den Lippen. "Mich und meinen Bruder Conner. Sie interessieren sich nicht für uns, sind nach Irland abgehauen und haben uns einfach so in ihrer doch so tollen Villa zurück gelassen." Sein strenger Blick löste sich und er schaute mich bemitleidenswert an. "Dann sitzen wir ja sozusagen im selben Boot." Damit musste ich ihm Recht geben und nickte vorsichtig. Aber immerhin hatte er eine Mom und einen Dad gehabt, die ihn liebten. Nicht so, wie meine es taten.

"Dafür hattest du Eltern, die sich um dich gekümmert hatten und dich niemals einfach so im Stich gelassen hätten.", nuschelte ich vor mich hin und nippte an meinen Kaffee. "Naja, immerhin wohnst du jetzt in einem schönen und gemütlichen Haus mit bequemem Bett, Flachbildfernseher, funktionsfähiger Küche und ganzen Fensterscheiben. Sei froh, dass du nicht auf so einer Müllhalte wie ich lebst, an der mitten in der Nacht haufenweise stinkende Alkoholiker, die sich gerade in ihrer Stammkneipe hatten volllaufen lassen, vorbei kommen und ihren wahnsinnigen Gestank durch meine offenen Fenster in meiner ganzen Wohnung verteilen."

Mit großen Augen blickte ich von meinem Latte macchiato auf und schaute Liam ganz genau an. "Also bist du selbst keiner von diesen Nachtmenschen?", fragte ich ihn und nahm zur Abwechslung einen recht großen Schluck meines Getränks.

Liam schüttelte den Kopf. " Nein, ich nicht..", begann er zu reden und atmete einmal tief durch, bevor er seinen Satz beendete. "...aber du!" Erschrocken weiteten sich meine Augen und ich spuckte vor Schock den gesamten flüssigen Inhalt meines Mundes auf den braunen Holztisch und Liam's weißes Hemd. Super gemacht, Haley! Jetzt bin ich nicht nur ein Sprechen lernender Papagei, sondern auch noch ein Lama mit dem Bedürfnis, alles, was ihm in den Weg kommt, anzuspucken. Wenn ich das nächste  mal vor meinem Spiegel stehen sollte ich mich wohl genauer betrachten, denn vielleicht wachsen mir ja kleine Höcker auf dem Rücken.

Liam verzog angeekelt das Gesicht und starrte auf sein braun gepunktetes Shirt. "W-woher weißt du das?", fragte ich ihn mit zitternder Stimme. "Ich habe da so meine Quellen. Aber Haley, du solltest das nicht machen, es ist nicht gut für dich!" Empört sprang ich auf meine Beine und stemmte die Hände auf den immernoch nassen Tisch. "Ach ja? Und das sagst ausgerechnet DU mir? Ich kenn nicht einmal, Liam! Und außerdem bist du nicht meine Mutter!", brüllte ich ihn voll, schnappte mir meine Tasche und wollte schnell in Richtung Ausgang eilen. Jedoch kam es nicht so weit, denn plötzlich packte mich Liam an der Hand.

"Haley, bitte warte! Das war doch garnicht so gemeint!", jammerte er mit verzogenem Gesicht. Sofort entriss ich ihm meine Hand. "Lass mich einfach in Ruhe", rief ich ihm noch hinterher und eilte aus dem Café.

Genervt tappte ich durch die Haustür in unsere Vila und sofort kam mein kleiner Bruder Connor zu mir in den Flur geeilt. "Haley, da bist du ja endlich! Wo warst du denn den ganzen Tag", fragte er mich besorgt. "Keine Sorge, Großer. Ich musste nur noch einige Sachen erledigen. Ich bin aber total müde und gehe dann schon mal hoch in mein Zimmer" Ich wuschelte ihm noch schnell durch die kurzen braunen Haare und verschwand dann auf der Treppe. "Gute Nacht, Haley", rief er mir hinterher und ich musste leicht lächeln.

Connor war immer so lieb zu mir und sorgte sich im mich, obwohl es eigentlich gerade umgekehrt sein sollte. Ich war die Ältere von uns beiden und sollte mich um ihn kümmern. Doch stattdessen war ich viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt.

In Gedanken versunken schüttete ich immer mehr Fischfutter in das Goldfischglas von Sascha. Dieser Tag war einfach zu viel für mich. Erst tauchte wieder diese gruselige Stimme auf und dann die Sache mit Liam. Was wollte er nur von mir und wieso wusste er über so viel Bescheid? Dieser Junge war merkwürdig und ich glaube es wäre das Beste, wenn ich mich einfach von ihm fern halten würde. 

_____________________________________________________________________

Hallöchen ihr Gurken! ;)

Endlich ist der 2. Teil von Shade da und ich hoffe er gefällt euch.

Vergesst nicht aufs Sternchen zu drücken und über Kommis würde ich mich total freuen!

See ya soon

Anna xx

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 22, 2015 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Shade || l.p.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt