Kapitel 1

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Hin und her rüttelte das Fahrzeug und meine Magensäure kämpfte sich etliche Male den Weg nach oben. Stark musste ich mich beherrschen, nicht gleich meinen gesamten Mageninhalt auf dem Rücksitz des Polizeiwagens zu entleeren.

Mein Kopf war zugedröhnt und meine Adern mit Alkohol vollgepumpt. Die beiden Cops vor mir lachten und schauten mich ständig über den Rückspiegel an. Vermutlich um sicherzustellen, dass ihre Sitze noch sauber waren. Normalerweise saß immer ein Polizist neben mir, aber den Beiden war wahrscheinlich bewusst, dass ich ohnehin viel zu drauf war.

Gerade noch machte ich mit irgendeinem Mädchen rum und schon saß ich wieder in einem Polizeiwagen. Vermutlich kannten die zwei Cops mich, denn die anderen hatten sie nicht mitgenommen.

Der Wagen hielt an und der Schwarzhaarige öffnet meine Tür, packte mich am Arm und führte mich ins Innere des Gebäudes. Das war aber nicht mein Zuhause, in welchem ich seit meiner Kindheit und seit einigen Jahren nur noch mit meiner Mutter wohnte. ,,Bringt ihr mich heute nicht nach Hause", richtete ich mich an die Beiden und war mir nicht sicher, ob sie mich auch das letzte Mal erwischt hatten. "Heute nicht, du kommst zuerst in eine Ausnüchterungs-Zelle. Morgen schauen wir weiter", seufzte er.

Es wurde ein Tür geöffnet und ich hinein geschoben. Außer mir war hier nur ein kleines Klapp-Bett und ein Eimer neben dem Bett. Falls ich auf die Toilette musste sollte ich mich melden meinte einer der Polizisten noch. Mir war dies allerdings so egal, sodass ich mich inzwischen schon auf das Bett gelegt und meine Augen geschlossen hatte.

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Als ich am nächsten Morgen meine Augen öffnete lag ich nicht mehr auf dem Bett sondern auf dem Boden mit beiden Armen um den Eimer geschlungen. In diesem erkannte ich mein Mittagessen von gestern. Etwas angewidert stellte ich ihn neben mir und blieb noch einen Moment auf den kalten Fußboden sitzen. Meine Gliedmaßen schmerzten und meine Haare klebten in meinem Gesicht. Ich zog meinen Haargummi aus diesen und versuchte sie einigermaßen in einem Dutt zu bändigen. Mein Kopf tat zwar weh, da hatte allerdings auch schon schlimmere Tage. Deshalb quälte ich mich auf die Beine und klopfte gegen die Tür. Ich atmete noch ein paar Mal tief durch und ließ mir von meinem Kater nichts anmerken.

Die große Tür vor mir wird geöffnet und dieses Mal steht eine unbekannte Frau vor mir. "Sydney, wie schön, du bist wach", sprach sie und lächelte mich an. Sie lief vor mir und signalisierte mir ihr zu folgen. Wir liefen in ein kleines Büro und ich nahm auf dem Stuhl gegenüber des Schreibtischs platz.

"Mein Name ist Klara Ludwig und ich bin vom Jugendamt", meldete sich die Frau zu Wort, nachdem sie die Tür geschlossen und sich auf dem Drehstuhl gegenüber setzte. Nun spitzte ich meine Ohren. Ich wurde mittlerweile schon einige Male bestimmt vier oder fünf Mal wegen Drogen- und Alkoholkonsum von der Polizei aufgesammelt und nach Hause gebracht. Meine Mutter interessierte das nicht wirklich. Sie hatte selbst mit Alkohol und Drogen zu kämpfen, was der Polizei natürlich nicht entging. Nach dem Tod meines Vaters hat sie sich ziemlich gehen lassen und mit meinem Coming-out letztes Jahr kam sie ebenfalls nicht wirklich gut klar.

"Ich wurde mit deinem Fall betraut. Es besteht die Annahme, dass es sich bei deiner Mutter um kein geeignetes Umfeld handelt." Sie schaute mich fragend an und wartete vermutlich auf meine Zustimmung. "Es ist nicht perfekt, aber ich komme schon klar. Noch ein Jahr bis ich 18 bin", entgegnete ich. Sie runzelte die Stirn.

"Wir haben uns natürlich schon im Vorfeld Gedanken über deine Situation gemacht. Wir denken, dass eine Pflegefamilie bei dir der falsche Ansatz ist", erklärte sie mir und wartete wieder meine Reaktion ab, allerdings würde sie von mir keine bekommen. "Großeltern hast du keine und sonst nur noch einen großen Bruder. Dieser lebt aber nicht mehr bei euch und hat mit seinem eigenen Leben vermutlich selbst alle Hände voll zu tun." Meinen Bruder hatte ich schon länger nicht mehr gesehen. Als er 18 wurde, vor gut zwei Jahren, ist er sofort ausgezogen. Seither stehen wir nur noch über das Telefon in Kontakt. Er will immer wissen wie es Mama und mir geht und was die Schule macht. Ich versichere ihm immer das alles passt, er sich keine Sorgen machen muss und ich schon auf mich selbst aufpasse. Doch wir wissen beide das es nicht stimmt. Das unsere Mutter noch immer jeden Abend betrunken ist und schon seit langem härtere Drogen als Gras konsumiert.

"Es gibt eine Schule, besser gesagt ein Internat etwa zwei Stunden von hier entfernt. Du würdest dort aus deinem Umfeld in ein besseres nahe deinem Bruder kommen. Sehe das bitte als eine Art Neuanfang, du sollst die Chance haben dich abseits von deiner familären Situation zu entwickeln", klärte sie mich über ihr Vorgehen auf. Ich schluckte zuerst.

Weg von Zuhause.
Weg von meiner Mutter.
Ich wusste nicht wirklich, was ich von der Idee halten sollte.

"Deine Mutter ist psychisch in keinem guten Zustand. Es wird sich um eine Pflegeeinrichtung gekümmert, in welcher ihre Sucht spezifisch behandelt werden kann", klärte sie mich auf.

"Das klingt nicht wirklich nach einer Wahl für mich", gab ich meine Vermutung preis. Sie hatten das alles gründlich geplant und durchdacht.

"Meine Aufgabe ist es im Wohl der Kinder zu entscheiden. Diese Entscheidung haben wir bei dir bereits gefällt. Morgen früh wirst du dorthin gebracht."

Unexpected || GirlxGirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt