3. 𝔇𝔞𝔰 𝔗𝔞𝔱𝔱𝔬𝔬

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Mein Kopf bollert. Lennox liegt neben mir. Ich fühle mich wie in einer Schockstarre. 

Ich falle neben ihm auf die Knie, fange an seinen Namen zu schreien, zu weinen. Mein Blick ist so verschwommen von den Tränen, dass ich nicht mehr klar sehen kann. Irgendwie schaffe ich es, seinen Puls zu fühlen. Nichts. Ich werde panisch. Fühle nochmal. 

Babumm. 

Babumm.

 Ich bin so erleichtert, dass ich während ich seinen Namen schreie, auflachen musst. Es ist eines dieser Lachen, die man nur macht, wenn einem die Verzweiflung in die Seele gebrannt ist. Alles ist wie in Trance. Er ist ohnmächtig geworden, vielleicht weil er zu viel Blut verliert. Hinter uns zieht sich eine Spur Blut hinterher.  Ich fange an ihn an den Schultern zu rütteln, aber vergeblich. Ich versuche ihn hochzuheben. Nur mit Mühe und Not bekomme ich es hin.
Er ist einen Kopf größer als ich. Ich schleppe ihn eine gefühlte Ewigkeit. Dann bin ich endlich da. Die Arztpraxis in meinem Ort. Ich bin so erschöpft, dass ich mich mitten auf den Boden setze. Ich kann nicht mehr laufen und atme schwer. 

Es ist immer noch alles wie in einem schlimmen Albtraum und ich bete einfach nur, dass ich gleich aufwache. Kein Blut an den Händen habe. Alles normal ist. Aber es ändert sich nicht.

Als ich hier ankam, kam sofort ein Arzthelfer. Jetzt behandeln sie Lennox. Mehr weiß  ich nicht. Ich bin so erschöpft und unter Schock und Angst, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Ich habe aufgehört zu weinen und zu schreien, aber wahrscheinlich auch nur, weil mein Körper keine Flüssigkeit mehr hat, die er rausweinen kann und meine Stimme weg ist. 
Ich kann einfach nicht mehr. 

Ich weiß nicht was los ist. Was ist mit Yasmen? Meinen Eltern? Und wie geht es Lennox? Es ist alles einfach nur schrecklich. Gestern war noch alles normal und seit heute morgen werde ich von einem kranken Killer gejagt, meine beste Freundin wurde entführt und von meiner Familie ist keine Spur.

Ich denke nach, soweit das überhaupt möglich ist. Erst jetzt fällt mir auf, dass jemand vor mir auf einen Stuhl sitzt und mir unmittelbar in die Augen guckt. Es ist ein Junge, ungefähr genauso alt wie ich, höchstens 20 Jahre alt. Sein Blick ist durchdringlich. Sein Gesichtsausdruck ruhig und nicht ein Fünkchen überrascht. Obwohl ich überall voll von Lennox getrocknetem Blut bin.

Er sieht mir ähnlich: Seine dunkelblonden Haare sind leicht verwuschelt, er hat ein markantes Gesicht, grau-blaue Augen. Er sieht aus wie aus einem Magazin. Die hübschere Version von mir.  Irgendwie verunsichert mich das. Nicht sein makelloses Aussehen, sondern eher das er mir so ähnlich aussieht. Die gleiche Nase, die selbe Augenfarbe, selbst das Kinn und die Kopfform. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Langsam glaube ich anzufangen zu halluzinieren. 
Mein Gehirn spielt verrückt. Es ist viel zu viel Horror an einem Tag passiert. Ich lache auf.
Pure Verzweiflung.

"Was ist so lustig", sagt er.

Er ist keine Halluzination. Meine Mundwinkel fallen herunter. 

"Wer bist du?"

"Anniel".

Anniel. Ich kenne den Namen irgendwo her.

"Das Tattoo.", höre ich ihn sagen.

Ich weiß genau welches Tattoo er meint. Daddy hat diesen Namen auf seinem Rücken geschrieben seit ich denken kann. Er steht oben in der Mitte zwischen seinen Schulterblättern.
Darunter ist ein Zeichen. Es sieht so aus wie spitzer Stern. Klar, ich habe ihn gefragt was das sei, aber er meinte nur, dass es bestimmte Dinge eines Menschen gibt, die nicht immer Sinn machen. Mehr habe ich nie aus ihm herausbekommen.
Aber jetzt fange ich an, zu glauben das der Typ vor mir damit gemeint ist...Ich muss schlucken.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 02, 2021 ⏰

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Shadows of our reality - Als wir noch wussten wer wir sindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt