I will follow you into the dark – Death Cab for Cutie
«Ich liebe dich.» Meine Liebe. «Sie müssen den Raum jetzt kurz verlassen, der Bestatter richtet sie her.» Der Arzt. Schritte. Tür. Geschäftiges Treiben. Fahler Geschmack. Bangkok. Schiff. Dunkelheit. Piepen. Desinfektionsmittel. Tür. Schritte. «Ich werde dir in die Dunkelheit folgen.» Der eine. «Amen.» Gebet zu Ende. «Ich liebe dich.» Verzweifelter Schrei. Umklammerung. Unschärfe. Ihre Gedanken wurden unscharf. Die Stimmen wurden unscharf. Das Piepen wurde unscharf.
Schiff. Dunkles Gewässer. An Bord gehen. Segel flatterten in der Dunkelheit. Das einzige Geräusch. Kein geschäftiges Treiben. Nur das sprudelnde Wasser unten. Der Fischgeruch. Absolute Dunkelheit. Salzige Lippen. Am Schanzkleid das 'Besetzt-Schild'. Sie stellte sich an der Reling auf, spürte den beissenden Wind. Unter ihr das tintenblaue Wasser. Gemächliches Dahingleiten. Ziel unbekannt.
Den erfrischenden, fast schon kalten Wind im Gesicht. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Beklemmende Kälte. Intensiver Geruch. Undurchdringbare Dunkelheit. Penetranter Salzgeschmack. Absolute Stille. Der Kanal unter ihr strahlte etwas Bedrohliches aus. Sie fühlte sich unwohl, zum ersten Mal auf einer Reise. Auf ihrer letzten Reise. In einem Vakuum. Zeitlos. Raumlos. Schmerzlos. Körperlos. Endlos. Befreit, aber einsam. Eingeklemmt zwischen zwei Welten. Sie hoffte, diesem Schwebezustand entfliehen zu können. Wie sonst immer. Auf und davon. Weg. Alles hinter sich lassen. Freiheit.
Doch diese blieb ihr verwehrt. Sie war gefangen in diesem Zustand. So fühlte sie noch nie auf einem Schiff. Dem Inbegriff von Freiheit. Und die Liebe fehlte. Der Mensch brauchte Liebe. Vagabunden brauchten Liebe. Der Geruch verschwunden. Salz verstärkt. Zum ersten Mal krank. Seekrank. Anspannung statt Entspannung. Sturm. Finsternis. Kälte.
Und dann war da plötzlich diese Schleuse. Strahlend weiss. Vielversprechend.
Von hinter den Toren strömte Wärme her. Gierig nahm sie diese auf. Das Schiff glitt lautlos hinein. An der Kommandostelle brannte kein Licht. Langsam hob sich das Schiff. Schliesslich setzte es sich wieder in Bewegung. Sie tauchten erneut in Dunkelheit. Aber keineswegs beklemmend. Das Schiff hielt. Stopp. Stillstand. Von Bord gehen. 'Belegt-Schild' passieren.
Da war nichts als Dunkelheit. Ein dunkler Raum. Schwärzer als alles, was sie kannte. Kohlschwarz. Rabenschwarz. Kohlrabenschwarz.
Sie fühlte sich einsam. Ihrer Sinne beraubt. Ohne Schiff zum Fliehen. Ohne Liebe. Undurchdringbare Dunkelheit. Warme Dunkelheit. Einsame Dunkelheit.
Zeitgefühl verloren. Wie beim Reisen. Zu viele Zeitzonen durchsegelt.
Und dann ein Funken. Ein Funken Licht. Ein Funken Wärme. Ein Funken Musik, ein Funken Rosenduft, ein Funken Süsse. Ein Funken Hoffnung. Ein Funken Liebe.
Im dunkelsten Raum finden, festhalten, nicht mehr loslassen. Sicheren Hafen gefunden. Angekommen.
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Das Tor und der Tod
Short StoryIn dieser Kurzgeschichtensammlung geht es um das Thema Tod. Die Kurzgeschichten sind inspiriert worden von Songs. Der Übergang vom Leben in den Tod wird mit dem Symbol 'Tor' dargestellt. Diese Sammlung habe ich für meine Abschlussarbeit geschriebe...