01 prologue

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Hallo an alle und willkommen zurück!

Ihr befindet euch hier am Beginn der Fortsetzung zu "What about you, Liam?" Danke für's Lesen und danke für's Wiederkommen.

Wenn ihr neu hier seid, lest bitte zuerst "What about you, Liam?". Das Buch bildet die Vorgeschichte zu diesem Teil.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen :) 

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I cannot see in this darkness

I cannot see the moon or the stars or the sun

I cannot see the things surrounding me

But I can see who we've become.

And I can see that from now on

You will be my moon, my starts and my sun.

                                      - visualsoul

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Evelyn's POV;

"Nein, nein! Lauf Liam! Komm schon!" Mein Atem schnitt durch die kalte Luft, prallte gegen die kühlen Steinwände der Klippen und hallte zu mir zurück. Meine Ohren fühlten sich taub und zu laut gleichzeitig an. Ein hoher Ton machte sich wie ein Tinitus in ihnen breit seit der letzte Schuss gefallen war. Eilig stolperte ich in seine Richtung. Ich konnte ihn doch nicht zurücklassen.  "Steh auf!" Meine Füße kamen sich in die Quere und ich fiel zu Boden, direkt vor Liam und der Schusswunde an seinem Bein. "Bitte Liam. Steh auf. Ich flehe dich an." Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Und dann kam er.

Ein großer Schatten bahnte sich seinen Weg auf uns zu, seine Umrisse nur schwach beleuchtet vom Mondlicht hinter ihm. Schwere Schritte im Sand. Zuerst das linke Bein. Dann das rechte. Sein rechtes Hosenbein zerfetzt. Blut strömte von seinem Bauch herab, durchtränkte sein Hemd, durchzog den Stoff seiner Hose und tropfte schließlich auf seine nackten Füße. "Du wirst ihn verlieren, Evelyn." Seine kühlen Augen durchbohrten mich. "Du wirst sie alle verlieren." 

Ein weiterer Schuss fällt.

Und was dann folgt ist reine Dunkelheit.

Keine Sterne, kein Mond, keine Spiegelung des Lichtes auf der Meeresoberfläche oder in Liams Augen. Nicht einmal in seinen Augen. "Nein! Liam!"

Ein Druck an meinem Arm ließ mich aufschrecken. Pure Dunkelheit umhüllte mich. Meine Augen brauchten einen Moment, um sich daran zu gewöhnen und dann sah ich Liams Gesicht vor mir. Heil und unversehrt. Mein Herz schlug unsanft gegen meinen Brustkorb. Ich war schweißgebadet. Er war hier. Und er war gesund. Seine sanften Augen starrten besorgt in meine weit aufgerissenen, tränendurchtränkten Augen. "Es ist alles in Ordnung. Ich bin bei dir." 

Seine Stimme war ein Flüstern, kaum hörbar unter meinem verängstigten Keuchen. Ich hatte das Gefühl jemand würde mir die Kehle zuhalten. Die Luft vermochte sich einfach nicht in und aus meiner Lunge zu bewegen. Ich war wie erstarrt. "Eve, hey. Schau mich an." Meine Augen fokussierten sich wieder ängstlich auf sein schönes Gesicht. "Du hast schlecht geträumt. Schon wieder."  Er zog mich sanft in seine Arme und der Knoten in mir begann sich ruckartig zu lösen.

Noch mehr Tränen strömten über meine geröteten und brennenden Wangen. Einzelne Haarsträhnen hatten sich in den Tränen verfangen und klebten nun an meinem Gesicht. Meine Schockstarre wich lauten Schluchzern und Liam drückte mich noch enger an sich. "Er ist nicht hier, Evelyn. Logan ist tot." Jeden Abend musste er mich daran erinnern. Jeden Abend wachte ich schweißgebadet auf. Meine Träume liefen nicht immer ident ab, aber sie hatten einen Hauptcharakter. Logan. 

"I-ich weiß", schluchzte ich leise und klammerte mich an sein Shirt. "Aber es fühlt sich so real an." Meine Stimme versagte bei den letzten Worten, doch ich wusste, dass Liam mich gehört hatte. Statt zu antworten strich er einfach sanfte kleine Kreise über meinen Rücken und summte leise eine beruhigende Melodie. So wie jede Nacht. So wie die letzten Wochen und Monate schon. 

Vorsichtig hob er mein Gesicht am Kinn etwas an und blickte zu mir herab. Er betrachtete mich stumm und wischte für einen Moment die Tränen von meinen Wangen, strich mir ein paar meiner neuen blonden Strähnen aus dem Gesicht und drückte mir dann einen Kuss auf die Stirn, eher sein Kinn auf meinem Kopf abstützte.

Ich wusste nicht wie lange wir so verharrten, doch als ich das nächste Mal die Augen öffnete, war es hell draußen. Wann ich eingeschlafen war, wusste ich aber nicht mehr.

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Liams POV;

Müde betrachtete ich sie. Beobachtete ihren Atem, versuchte zu erkennen, ob sie schon wieder eingeschlafen war, ehe ich sie schließlich wieder vorsichtig hinlegte und sie zudeckte. Erneut strich ich ihr ein paar Strähnen aus dem Gesicht, die beim Hinlegen ihr Gesicht verdeckt hatten. Das Blond ihrer Haare ließ sie so viel älter wirken. Aber nicht nur das, auch die tiefen Augenringe und die Sorgenfalten, die sie nun schon so lange begleiteten. Ich hatte sie nicht sehr oft lächeln gesehen, seit wir hier waren. 

Sie vermisste ihre Familie. Zwei Mal war sie kurz davor ihren Eltern einen Brief zu schreiben. Sie wissen zu lassen, dass es ihr gut ging. Doch sie hatte zu viel Angst. Sie wollte keine Spuren entstehen lassen. Und da hatte sie auch recht. Es war noch viel zu kritisch. Wir wussten nicht, ob Logans Jungs auf der Suche nach uns waren. Ich hatte in den letzten Wochen auch nichts von Chuck diesbezüglich gehört. Oder überhaupt. Wir versuchten den Kontakt zu meiden, wenn es nicht unbedingt notwendig war. Und das war es bis jetzt nicht. Ich hatte ihn nicht einmal wissen lassen, dass wir hier angekommen sind. Doch ich war mir sicher, dass er die Info von jemandem in der Gegend bekommen hatte. Ich kannte Chuck.

"Mum." Evelyn murmelte leise. Sie war bereits wieder eingeschlafen. Aufmerksam studierte ich ihr Gesicht. Sie sah so unglücklich aus. So einsam. Auch wenn sie es nicht zugeben wollte. Auch wenn sie jeden Tag so tat, als würde es ihr gut gehen. Als wäre das alles kein Problem. Ich wusste, dass sie daran zerbrach. "Ich werde dich wieder Nachhause bringen", flüsterte ich leise, wissend, dass sie mich nicht hören konnte. "Versprochen." 

Vorsichtig legte ich meinen Arm um sie und sie kuschelte sich mit einem leisen Seufzen näher an mich heran, noch immer im Halbschlaf. Ich platzierte noch einen sanften Kuss auf ihrem Hinterkopf und vergrub mein Gesicht dann an ihrem Nacken. "Gute Nacht."

"Gute Nacht, Liam", ihre Worte ein müdes, unbewusstes Nuscheln.

Und damit versuchte ich wenigstens noch drei Stunden Schlaf zu bekommen.

Take Me Home (Sequel of "What about you, Liam?")Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt