Hilfe, ich bin berühmt

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Have Fun.
LoL
Lexy

Die Scheinwerfer blendeten mich und ich schreckte hoch. Wieder ein Alptraum. Nein, der Alptraum.
Seit einer Woche träumte ich ihn jede Nacht und schreckte immer hoch, sobald das Scheinwerferlicht auf mich gerichtet wurde.
Ich drehte mich in dem schmalen Einzelbett auf die andere Seite und starrte auf die Grünen Leuchtziffern des Weckers, den meine Mutter auf den Nachttisch gestellt hatte. 3:42 Uhr. Meine Blase meldete sich und ich schlug die Bettdecke zur Seite. Blind tapste ich den Flur entlang zum Bad.
Nachdem ich die Spülung betätigt hatte, wusch ich mir die Hände. Dann schippte ich mir etwas von dem kalten Wasser in mein Gesicht. Als ich vor dem Spiegel wieder auftauchte, blickte ich in mein zerstrubbeltes, bleiches und tropfendes Gesicht. Meine Augenringe wurden von Nacht zu Nacht dunkler.
Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich in das Schlafzimmer meiner Mutter nebenan gehen sollte, um sie zu bitten, dass sie mir noch welche von den Schlaftabletten gibt. Doch ich verwarf den Gedanken gleich wieder. Meine Mutter brauchte diesen Schlaf. Die letzten Tage hatte sie versucht das Haus abzuschotten und bei der Polizei einen Personenschutz angefordert. Und obwohl es draußen ruhig schien, wusste ich, dass sie noch da waren. Die Paparazzi, Journalisten und Reporter. Die Aasgeier, wie Jace sie nannte.
Seit einer Woche lungerten sie vor unserem Haus herum. Sie waren fast zeitgleich mit mir angekommen. Nachdem die Jungs mich von der Bühne geholt hatten, hatte Paul nicht lang gefackelt und mich sofort in einem Van zusammen mit Connor zum Flughafen gebracht. Dann hatte er mich und Connor in einen Flieger nach England gesetzt und meiner Mum Bescheid gegeben, damit sie uns vom Flughafen abholte. Paul war dann wieder zurück zu den anderen gefahren, weil die Jungs schließlich das Konzert beenden mussten. Später hatte Harry Paul geholfen meine Sachen zusammen zu packen, damit er sie mir hinterher schicken konnte. Harry wäre am liebsten gleich mitgeflogen, aber Paul hatte es ihm verboten. In weniger als vier Stunden hatten die Fans und somit auch die Presse herausgefunden, wie ich hieß oder wo meine Familie wohnte. Das einzige, von dem sie jetzt noch nicht wussten, war die Beziehung zwischen Harry und mir. Connor hatten wir im Gästezimmer einquartiert. Er begleitete Jace jedes Mal zum Einkaufen, damit er nicht von den Journalisten überrannt wurde. Glücklicherweise war mein Cousin etwa so stur wie ein Esel und ignorierte jede Frage, die ihm an den Kopf geworfen wurde.
Paul hatte in meinem Namen den Bühnenarbeiter angezeigt und war kurz davor ihn zu verprügeln als dieser ihm nicht sagen wollte, warum er die Leinwand zur Seite gezogen hatte.

Ein Klirren riss mich aus meinen Gedanken. Ich warf einen Blick in die Diele. Der Lichtschein, der unter der Schiebetür hervorlugte, verriet mir, dass jemand in der Küche war. Meine nackten Füße machten ein tapsendes Geräusch auf den kalten Fliesen als ich mich der Tür näherte. Langsam schob ich sie beiseite und mein erster Blick viel auf einen strubbeligen brünetten Hinterkopf. Grinsend sah ich meinem Cousin dabei zu wie er in seinen knielangen Sport Shorts vor der Arbeitsfläche stand und zwei Tassen Tee eingoss.
„Hey Krümel.", flüsterte er mit einer leicht schläfrig heiseren Stimme. Er drehte sich zu mir um und streckte mir die Zunge raus. Sofort musste ich lachen und hielt mir daraufhin schnell die Hand vor den Mund, um meine Mutter nicht zu wecken.
Dann nahm ich eine der Tassen von Jace entgegen und wir schlichen rüber zum Wohnzimmer, wo er die runde Stehleuchte einschaltete. Ich setzte mich neben ihn aufs Sofa und zog die Beine an meinen Körper heran. Jace breitete die große Bordeaux farbene Fleecedecke über uns aus und wie üblich lehnte ich mich an seine Schulter, die Teetasse mit den Ärmeln meines Cardigans fest umklammert.
„Wie fühlst du dich?", wisperte Jace und ich spürte seinen Blick auf mir.
„Besser.", antwortete ich.
Jace gluckste. „Das hast du die letzten Nächte auch immer gesagt. Ein paar mehr Details wären schön."
Ein Lächeln huschte über mein Gesicht und ich nippte an meinem Tee. Die heiße Flüssigkeit rann meine Kehle hinab und breitete nach einer übermäßigen Hitze wohlige Wärme in meiner Magengegend aus. Ich war dankbar um dieses Gefühl. Jedes Gefühl, das ich in den letzten Tagen spürte, war ein Beweis dafür, dass ich hier war, dass ich immer noch ich war und die Menschen, die ich liebte, bei mir waren. Diese eisige, alles verschlingende Leere und die Taubheit kurz nachdem ich von der Bühne geholt worden war, hatten mich in einen Trance artigen Zustand versetzt.
„Es geht mir in sofern besser, dass ich morgen mit Modest! reden werde und ein Statement auf Instagram abgeben werde. Allerdings nur in schriftlicher Form."
Ich konnte spüren wie Jace nickte.
„Modest! wird dich unter Vertrag nehmen wollen. Die ganze Welt interessiert sich für dich und das wollen sie ausnutzen." Seufzend nippte ich wieder an meinem Tee. Mein Blick fiel auf die Uhr, die schräg gegenüber an der Wand hin. Es war viertel nach vier. In meinem Kopf rechnete ich wie spät es gerade in San Diego war. Viertel nach acht am Abend.
„Sollen wir die Jungs anrufen?" Jace kannte mich so gut, dass er wusste, was ich dachte ohne dass ich es aussprechen musste. Und ohne eine Antwort abzuwarten, hatte er sein Handy vom Wohnzimmertisch geschnappt und einen Videoanruf gestartet.
Mein Herz schlug schneller. Die vergangen Tage hatte ich nur ab und zu mit ihnen gechattet. Jedes Mal, wenn ich daran gedacht hatte sie anzurufen, hatte sich meine Kehle zugeschnürt und ich wusste nicht, was ich ihnen sagen sollte. Schreiben war da einfacher.

Directioner #1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt