Max

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"Max! Komm! Ab ins Bett mit dir!"
"Ach Papa, noch nicht!"
"Nun komm. Wir haben darüber gesprochen. Wenn mein bester Freund, der Brite da ist, wolltest du ins Bett gehen. Max, du weißt wie wichtig mir der Abend mit ihm ist."
"Och Menno, Papa b-i-t-t-e!"
"Versprochen ist versprochen. Komm, ich trag dich zu deinem Bett."

Papa, breitet seine Arme auseinander und Max springt auf ihn zu.

Papa hält ihn fest in seinen Armen.
Voller Freude und gut gelaunt gehen beide ins Kinderzimmer. Nach einem Gute-Nacht-Kuss auf die Stirn fragt Max: "Du Papa, erzähl mir mal wie du Mama kennengelernt hast."
"Morgen, Max! Versprochen!"

Papa lächelt Max an und geht aus dem Kinderzimmer raus, den Flur entlang. Kurzer Abstecher in die Küche, ein eiskaltes Bier für den Briten und ihn.

Im Wohnzimmer angekommen, wartet auch schon der Brite auf ihn. Er lässt sich aufs Sofa fallen, öffnet die beiden Flaschen und schon wird angestoßen.

"Das zischt!" – der Brite fragt lächelnd mit einem Hauch von Quengelei: "Du Papa, jetzt erzähl doch mal wie du Mama kennengelernt hast!"
Grinsend fragt er zurück: "Wirklich?"

"Ja, vieles habe ich damals nicht mitbekommen!"
"Na gut!"

Er lehnt sich auf dem Sofa zurück, atmet tief ein.

„Die Trennung von meiner damaligen Ex war für mich schlimm, ich hatte den Glauben an die Frauen komplett verloren – ohne dich und dafür möchte ich dir nochmal danken – hätte ich es nicht geschafft.

Zumal ich damals nicht gewusst hatte, wo ich nach dem Streit hätte hingehen sollen, zu meinen Eltern – auf gar keinen Fall! Du kennst sie und außerdem mochten sie sie auch nicht und ich wollte mir keine Predigt anhören und war zu diesem Zeitpunkt eh nicht kritikfähig – obwohl ich es gedacht habe. Aber nein!

Ich saß vor meinem PC und fragte mich immer wieder:
'Was stimmt nur nicht mit mir?', diese Frage stellte ich mir jeden Tag, jeden Abend, immerzu. Sind meine Wünsche so schwierig zu erfüllen? Ich möchte eine Frau, die weiß wie sie mich zu nehmen hat, meine Wünsche, meine Sehnsüchte, mich! Vor allem mich! Ich möchte mich nicht mehr verstellen um irgendjemanden -der mich eh nicht versteht- zu gefallen.
Nie wieder.
Ich mochte an diesem Abend auch nicht mehr zocken.
Es war Freitagabend, ich zog mich um. Schwarze Jeans, mein Lieblingstshirt. Tat mir ein wenig Gel in meine Haare und setzte mich in meinen Wagen.

Ich wollte einfach nur weg, aus meinem selbst erschaffenen Gefängnis.
Schwups, war ich auf der Autobahn. Meine Gedanken reisten umher, meist in meine Vergangenheit. Ja, es gab schöne Momente, leider auch viele Schlechte.

Die schlechten Erfahrungen haben mich sehr geprägt, ich bin auf der Suche nach mir selbst, mit jemandem an meiner Seite, die mir dabei hilft. Ich will kein Püppchen mehr, das hatte ich schon. Eine Frau die im Leben steht, die keinen Versorger sucht, sondern Leidenschaft. Pure Leidenschaft. Ich habe soviel zu geben.

Ich wollte mich schon auf einer Singleseite anmelden, das Geld dafür zu bezahlen ist nicht das Problem. Das Problem war meine Profilbeschreibung. Fussfetischist, mit einem Hang zu warmen weichen Brüsten. Möchte gezüchtigt werden, da ich ein ausgesprochener böser unerzogener Mann bin.

Ein schwarzer Mann bin! Ich musste laut lachen.

Ich drehte die Musik noch ein wenig lauter und nahm die nächste Ausfahrt.
Irgendwo stellte ich mein Auto ab und ging zu Fuß weiter.

Da entdeckte ich eine Disco, da standen nur Püppchen davor.

Nix wie weg hier, ein paar Schritte weiter standen dunkle Gestalten vor der Disco und ich hörte Musik von 'Rammstein'. Oh yeah, baby! Ich hab Lust zu tanzen. Good vibrations!

Ich tanzte und tanzte... meine ganze überflüssige Energie tanzte ich mir von der Seele.
Dann bekam ich unbändigen Bierdurst. Ab zur Theke. Ich lehnte mich dagegen und studierte die Karte. Ein Bier darf ich! Natürlich war alles voll. Nur eine Bedienung war hinter der Theke. Das dauerte. Ich beobachte in der Zeit die Menschen um mich herum. Es waren alle in schwarz gekleidet, offenherzig, in Latex, in Ketten. Ich fühlte mich sauwohl, die Musik war spitze. Ich bewegte mich im stehen zum Rhythmus der Musik.

Da sehe ich wie eine Menschentraube platz für eine Frau macht. Die Männer gingen wie selbstverständlich auseinander um ihr platz zu machen. Ich war erstaunt. Sie kam direkt auf mich zu und zwang mich mit einem Blick platz zu machen. Sie blickte mir direkt in die Augen (oder in die Seele?) und ich gingwie selbstverständlich noch mehr zur Seite.

Klein, blond, dick.

Sie wäre mir nie aufgefallen.

Der Barkeeper sah sie und sie bekam automatisch einen Drink hingestellt. Ich versuchte diese Gelegenheit zu nutzen um den Barkeeper auf mich aufmerksam zu machen, doch bevor ich den Mund aufmachen konnte, war er schon wieder weg.

Erstaunt schaute ich sie an, sie lächelte einfach zurück. Wir kamen ins Gespräch und es war unglaublich, sie war das Gegenstück zu all meinen Gedanken, Gefühlen und Werten.

Die Nacht mit ihr war gigantisch."

„Du willst mir doch jetzt nicht erzählen, dass du in der ersten Nacht bei ihr übernachtet hast? Papa, ich bin entsetzt!", prostet der Brite mit einem lachen.

„Öhm nee, es war ganz anders!", und verschränkt dabei seine Arme.

Seufzt und gibt zu: „Doch, es war genauso. Wir waren seitdem unzertrennlich."

Es war ein tiefes Gefühl der Verbundenheit, ich kann es nicht erklären. Jede Berührung ging mir durch. Sie wusste genau, wie sie mich nehmen musste. Tiefe Gespräche, zu lieben ohne Reue, Halt ohne Veränderungen, Fallenlassen mit Hingabe ohne Ängste vor einer Enttäuschung zu haben. Ich war ich. Sie schrieb mir Briefe, um mir die Ängste zu nehmen die ich immer noch in mir hatte. Einen Brief habe ich mir tausend Mal durchgelesen, es war nicht viel Text – aber die Worte hatten es in sich und rührten mich zu Tränen:

Ich sehe was, was Du nicht siehst!

Du fragst mich was ich sehe.

Ich sehe Dich.

Wenn ich mir was wünschen könnte würde ich mir wünschen,

dass Du dich durch meine Augen siehst und feststellst

wie Besonders Du für mich bist."

„Wow, jetzt bin ich richtig neidisch!", sagt der Brite. „Aber es gab doch einen Knall zwischen euch?"

„Ja, ich hatte es mal wieder mit dem zocken völlig übertrieben ich wollte niemanden sehen oder hören. Die Arbeit hat mich so an genervt, es gab nur mich zu diesem Zeitpunkt. Ich habe mich als Individuum gesehen was auch mal Zeit für sich brauchte, auch mal ohne Ansage. Dafür musste sie Verständnis haben, schließlich hatte ich es damals doppelt so schwer wie jeder andere. Ich hatte viel Verantwortung und Druck. Es gab zwar Telefonate mit ihr zwischendurch. Aber ohne das ich wirklich zugehört hatte und nebenbei habe ich einfach weitergezockt. Das hinterließ bei ihr spuren. Ich kam aus dieser Phase nicht raus. Bis es knallte! An diesem Abend besuchte sie mich, ohne Ankündigung.

Meine ganze Bude war voller Zigarettenrauch, ich hatte seit Tagen nicht aufgeräumt und Homeoffice tat mir nicht gut. Wir standen im Flur vor der Eingangstür und ein Wort gab das andere. Sie sagte was von „nicht nur dein Leben hat Priorität in unserer Beziehung, meins auch. Siehst du denn nicht was du verlieren wirst?" Sie legte beide Hände auf meine Schultern und schüttelte mich durch. „Wach endlich auf, ich weiß nicht was ich noch tun soll!"

„Komm, lass uns mal auf den Balkon gehen, ich möchte eine rauchen.", unterbrauch er seine Geschichte. „Ich hätte damals nie gedacht dass sie mich verlassen würde."

Dann machte sie meinen Schlüssel von ihrem Schlüsselbund ab und drückte mir den in die Hand.

„Ich bin schwanger.", schrie sie.

Sie riss die Tür auf.

„Und was passierte dann?", fragt der Brite.

Er drückt seine Zigarette im Aschenbecher aus und sagt:

„Dann wurde es still."

MaxWo Geschichten leben. Entdecke jetzt