Stimme / IwaOi ff

Kapitel 1

Das wars! Jetzt war der Moment gekommen, an welchem ich an liebsten alles hinschmeissen wollte! 

Wir, die Aoba Johsai Oberschule, eine Eliteschule, hatten gegen die Karasuno, einen Niemand, verloren. Und wie wir verloren hatten! Und das alles nur, weil ich nicht im Stande dazu war, den Ball anständig zuzuspielen. 

Wüten trat ich mit dem Fuss auf den Boden und verfluchte mich innerlich. Im Augenwinkel nahm ich wahr, wie meine Teamkameraden zu den Zuschauerrängen gingen um sich bei unseren Fans zu bedanken. Wie könnte ich ihnen je wieder unter die Augen treten. 

Reiss dich Zusammen Oikawa! Lächle, auch wenn es dir das Herz zerreisst...

Mit erhobenem Kinn begab auch ich mich mit stolzen Schritten nach vorne. Schliesslich war ich ja ein Vorbild für meine Kameraden. So kam es mir nur gerade nicht vor. 

Iwaizumi ging vor  mir, mit gebückten Schultern. Er war noch nie gut darin gewesen, seine Gefühle im Zaum zu halten. Er trug das Herz auf der Zunge, war seinen Emotionen ausgeliefert. Und genau in solchen Momenten riss das das ganze Team mit runter. 

Tröstend gab ich ihm beim Vorbeigehen einen Klaps auf den Rücken. Es war nicht seine Schuld, dass er den Ball nicht versenkt hatte. Es war die Aufgabe des Setters, den Ball am richtigen Ort zu spielen. Es war die Aufgabe des Setters, den Ball an der gegnerischen Abwehr vorbei zu bringen. Und ich hatte versagt. 

Vor den Zuschauerrängen senkte ich meinen Oberkörper und schrie mit fester Stimme meinen Dank an unsere Fans hinaus. Mit lauter Stimme folgten mit meine Teamkameraden, doch ich wusste, dass wir uns alle am liebsten verkrochen hätten. Dass wir uns nach diesem verlorenen Match am liebsten nicht mehr gezeigt hätten. Und ich als Setter war der Schachspieler dieses traurigen Spiels gewesen...

Du bist nicht nur Zuspieler, sondern auch Kapitän. Halte dein Team zusammen!

Genau! Mit einem kurzen stoss an Adrenalin, der meinen Körper durchfuhr, hob ich meinen Kopf. Ich als Kapitän war der Dreh und Angelpunkt des Teams. Und es war auch meine Aufgabe diese traurigen Gesichter wieder aufzuheitern. 

"Kommt mal alle her!", rief ich und war erstaunt, wie stark meine Stimme klang. Trotzdem räusperte ich mich leise während sich mein Team mit fragendem Blick und hängenden Schultern um mich versammelte. 

"Wir haben zwar verloren", begann ich. "doch es war ein gutes Spiel und wir haben alle unser Bestes gegeben!" Ich zwang mich zu einem aufmunternden Lächeln, doch es misslang mir kläglich. 

Genau so, noch ein wenig mehr... Wie holst du dein Team normalerweise ab?

"Deshalb werde ich euch heute alle zum Essen einladen." Ich sah jeden der Reihe nach an und gab ihnen mit meinem Blick zu verstehen, dass ich kein Nein akzeptieren würde. Das war etwas, was wir als Team machen würden, und dabei durfte keiner Fehlen. "Wir sehen uns in genau 30 Minuten vor der Halle."

Mit diesen Worten drehte ich mich um und bemühte mich, möglichst bestimmt zur Kabine zu gehen. Wenn ich mich der Trauer hingab, war niemandem Gedient. Meine Aufgabe war es, meine Schachfiguren wieder in Reih und Glied aufzustellen. Sie zu polieren und am Ende diesen Jahres in tadellosem Zustand einem Neuen Spielemacher anzuvertrauen. 

Als ich als erster in der Kabine ankam und ich von der Stille umgeben wurde, spürte ich, wie sich mein Brustkorb zusammenzog. Wie die Luft aus meinen Lungen gepresst wurde, bis ich das Gefühl hatte zu ersticken. Mit dem verzweifelten Wunsch nach Sauerstoff legte ich meinen Kopf in den Nacken und saugte mit kurzen Atemzügen so viel Luft ein, wie ich konnte. Konnte es wirklich noch schlimmer kommen? Ich, Tooru Oikawa, der Spielemacher, hatte gegen den tyrannischen König verloren. Ich hatte mein Team direkt über den Abgrund ins Verderben gestürzt. 

Durch die Tür klangen die schlürfenden Schritte meines Teams. Verdammt, sie sollten mich nicht so sehen! Atme ein, Toruu!!, mahnte ich mich und bemerkte erleichtert, wie sich mein Brustkorb entspannte und ich einen tiefen Atemzug nehmen konnte. Keinen Moment zu früh, denn die Tür öffnete sich und schnell tat ich so, als wäre ich damit beschäftigt etwas in meiner Tasche zu suchen.