Kapitel 10

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Und so hatte ich die Wette verloren. 

Mist!, dachte ich frustriert und fuhr mir kurz durch die Haare. Dabei war ich mir so sicher gewesen, dass er sich nicht trauen würde. Doch wie so oft hatte ich ihn falsch eingeschätzt und nun waren alle Blicke auf uns gerichtet. 

Meine Lippen kribbelten immer noch von dem kurzen Kuss, den Iwa mir aufgedrückt hatte. Doch noch mehr kribbelten meine Wangen, die sich langsam rot verfärbten unter dem ungläubigen Blick unserer Teamkameraden. 

"Ihr seid was?", fragte Kindaichi fassungslos und ich sah Iwa auffordernd an. Wenn er diese Wette gewinnen wollte, musste er es ganz durchziehen. 

Dieser atmete genervt aus und wiederholte, was er vor ein paar Sekunden bereits gesagt hatte: "Shitty-kawa und ich sind ein Paar."

Ein Paar. Wie das klang... als gäbe es uns nur zusammen, als wären wir mehr als nur zwei Schachfiguren. Sondern zwei Spielemacher, die miteinander die ganze Welt Schachmatt stellen konnten. Die zusammen alles meistern konnten. 

Ein Lächeln bahnte sich seinen Weg zu meinen Lippen und ich sah stolz die Mitglieder der Volleyballmanschaft Aoba Johsai an. Mein Team. Ich wusste, dass sie stets hinter uns stehen würden. Und selbst wenn nicht, war es mir egal. 

"Und wehe du vergisst deinen Teil der Wette!", zischte mir Iwa ins Ohr und ich zuckte zusammen. Verdammt, das hatte ich ganz vergessen. 

Ich war voller Vorfreude diese Wette eingegangen und hatte geglaubt, dass Iwa sowieso nie den Mut haben würde unsere Beziehung den Team mitzuteilen. Doch falsch gedacht. Und nun musste ich das ausbaden. 

"Lasst uns Trainieren!", rief ich in die Runde und stiess Iwa leicht an beim Vorbeigehen. Mein Teil der Wette hatte noch Zeit. Erst kam das Team.

Mit dem Gefühl des Balles auf meinen wieder intakten Fingerkuppen leitete ich einen Angriff nach dem Anderen ein. Liess sowohl die Springer, als auch die Läufer zu ihren Punkten kommen. Beförderte den Ball mit einem vorfreudigen kribbeln an den Fingern in die Höhe, um dann mit ansehen zu können, wie ihn meine Mitspieler in eine Waffe verwandelten. Wie Einer nach dem Anderen sich aus der aufgestellten Reihe löste, um den Ball zu schlagen, den ich in die Luft befördert hatte. 

Erneut sah ich den Ball über mir und blickte mich nach dem nächsten Angreifer um. Da stand er. Die dunklen Haare hingen ihm ins Gesicht, Schweissperlen standen auf seiner Stirn und das Shirt klebte am Körper. Doch Iwas Blick war fixiert auf den Ball, den ich ohne Mühe in einem hohen Bogen in die Luft beförderte. 

Einen solchen Ball hatte ich schon oft gespielt. Schon so oft, dass es sich so natürlich anfühlte wie atmen. Als wäre ein solcher Pass der einzig richtige, den es gab. Fasziniert sah ich ihm zu, wie er anfing zu rennen. Sich immer schneller fortbewegte und dann mit einem lauten Klang auf dem Boden absprang, um meinen Ball hinter dem Netz zu versenken. 

Für genau solche Momente lohnte es sich zu leben. 


-


Unsanft wurde ich in die Umkleidekabinen geschoben. 

"Ach Iwa-chan", schmollte ich und beobachtete amüsiert die Zornesröte, die sich von seinem Hals her ausbreitete. 

"Ruf endlich an, oder ich schlag dich!", fauchte er und ich griff lächelnd nach dem Handy. Doch statt es ihm aus der Hand zu nehmen, beugte ich mich vor und gab ihn einen sanften Kuss auf die Wange. 

"Schon gut, ich mach's ja", seufzte ich, als ich mich wieder von ihm löste, um die Nummer die ich im Internet gefunden hatte einzutippen. Und so meine Wettschulten loszuwerden. 

Und hoffentlich auch noch etwas anderes, tiefer verborgenes das nur auf seine Gelegenheit wartete. 

Kurz bevor ich auf den grünen Hörer drückte, stockte ich. Was würde es mir bringen, wenn ich nun anrief? Würde es mir helfen?

Nein, wird es nicht, flüsterte Masauros Stimme in mir und ich schloss kurz die Augen. Wie hatte ich seine Stimme früher nur so geniessen können. Dabei würde ich alles geben, um ihn endlich los zu werden. Tu's nicht!

"Tu's nicht!", schrie ich mit meiner kindlichen Stimme meinem besten Freund hinterher, der sich immer mehr von mir entfernte. Während in meinen Augen Tränen standen, funkelten die Seinen vor Entschlossenheit, als er einen weiteren Schritt weg von mir machte. Sich einen weiteren Schritt mehr von mir entfernte. 

"Du bist Schuld!", warf er mir an den Kopf, während Masauro sich immer weiter von mir entfernte. Verzweifelt sank ich auf die Knie und vergrub den Kopf in den Händen. Innerlich verfluchte ich mich selber. Hätte ich mich doch nicht mit ihm gestritten, hätte ich doch bloss weiter trainiert. 

Ich hörte meine eigene Stimme, wie ich ihn angeschrien hatte, dass es mein Leben sei. Und er sich davon fern halten solle. Dabei meinte ich es doch gar nicht so. Ich brauchte ihn in meinem Leben, er war ein Teil davon. 

"Bitte bleib", krächzte ich mit gebrochener Stimme, doch er war schon weg. Auf zum Bahnhof, weg von mir und meinen egozentrischen Ideen. 

Kurzentschlossen klickte ich auf die grüne Fläche und hörte gleich darauf das Tuten. Es schien nicht lange zu klingeln, denn eine Frauenstimme nahm ab:

"Praxis Dr. Maro, Psychiatrische Dienste. Mit wem spreche ich?"

Du wirst mich nie wegbekommen, Tooru!, klang seine Stimme beschwörend. Doch es war mir egal. Ich hatte Ziele in meinem Leben. Ziele, die ohne Masauro erreichen wollte. 

"Tooru Oikawa", gab ich zur Antwort und räusperte mich. "Ich hätte gerne einen Termin"

Ich werde immer ein Teil von dir sein.

Stimme / IwaOi ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt