Raufasertapeten-Tierchen

7 1 0
                                    

Raufasertapeten-Tierchen

Seit wann war ich eigentlich so (über?)vorsichtig? Bisher war es für mich „normal", dass ich neuen Abschnitten in meinem Leben eine Chance gab, aber mittlerweile... Da war so viel Angst in mir: Angst vor den Erwartungen anderer. Angst davor, meine eigenen Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche deshalb zurück zu stellen oder sogar ganz aus den Augen zu verlieren. Rückblickend betrachtet hatte ich genau DAS nämlich meist getan: mich selbst zensiert, weil ich mir so sehr wünschte, dass andere mich mögen. Dass andere mich einerseits für „normal" hielten und trotzdem das Besondere in mir sahen. Das Besondere in mir- an das ich selbst meistens nicht ernsthaft glaubte.

Stop! Jetzt nicht im Selbstmitleid ersaufen!

Ich ersoff doch gerade nicht im Selbstmitleid!- oder doch??

Aufarbeitung einer nicht ganz idealen Ansicht im Rückspiegel!

Das klang schon viel besser. Nur das Konstruktive dabei fehlte mir noch.

Ich schnaubte gleichermaßen genervt wie resigniert, während ich auf dem Sofa in meiner Wohnung lag und die Zimmerdecke anstarrte. Vor meinen Augen tauchten Bilder aus vergangenen Beziehungen auf: ich verliebte mich, kurz darauf war ich unglücklich, ich beendete die Beziehung, ich verliebte mich wenig später wieder, ich wurde wieder unglücklich und überraschenderweise (Ironie off) beendete ich die Beziehung wieder usw. Fast schien es so, als wäre ich in einem Hamsterrad aus Bedürftigkeit und Selbstzweifeln gefangen- das Finale war immer eine herbe Enttäuschung und das Gefühl, dass es das Schicksal beim Thema „Beziehung" nicht gut mit mir meinte. Was genau war eigentlich mein Problem? Dass ich schnell Feuer und Flamme für Jemanden war und dann zu viel dafür tat, dass dieser Jemand mich nicht verließ? Dass ich nicht gern allein war und mich dann mit weniger zufrieden gab, als ich brauchte (ohne es zu merken)? Dass ich eine Träumerin war, die „das Außen" nicht mit „ihrem Innen" in Einklang bringen konnte...?

Plötzlich schmeckte ich Blut. Ich hatte beim Grübeln wieder mal so doll auf meiner Unterlippe herumgekaut, dass diese nun gegen die grobe Behandlung protestierte, indem sie einen metallischen Geschmack in meinen Mund spülte. Ich verdrehte die Augen als ich, ohne hin zu sehen, in die Taschentuchbox auf meinem Tisch griff und mir eines wie einen Tupfer zwischen die Lippen stopfte.

Wie sähe eine Beziehung aus, in der ich dauerhaft glücklich sein würde?

Noch während ich über diese Frage nachdachte merkte ich, wie falsch sie eigentlich war.

Wie kannst DU dich dauerhaft glücklich machen?

DAS war wohl die alles entscheidende Frage. Meine Gedanken und Gefühle waren wie Treibholz, das von den Wellen eines Meeres herumgeworfen wird, während das Wetter über diesem Meer sich im Minutentakt zu ändern schien. Manchmal tauchte eine Erkenntnis zwischen den Wellen auf und der Himmel zeigte sich freundlich und sonnig. Dann wechselte sich plötzlich Sonne mit Nebel ab und Zweifel schwappten auf den Wellen umher. Gefolgt von Sturm und Regen, die der Zorn entfacht hatte. Dann türmten die Wellen sich höher und höher, während sie dabei wild aufeinander schlugen und es über ihnen blitzte und donnerte.

Ich starrte noch immer hinauf zur Zimmerdecke. „Ha! Ein Elefant und ein Lama" murmelte ich erschöpft in die Stille meines Wohnzimmers, rollte mich unter der Wolldecke zusammen, schloss die Augen und schlief wenig später ein.

GedankenkarusselWo Geschichten leben. Entdecke jetzt