Kapitel 4

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Den restlichen Tag verbrachte ich damit, auf der Couch zu liegen und zu schauen, was auch immer im Fernsehen kam. Auch, wenn ein Film lief, war ich gedanklich damit beschäftigt, den Tag Revue passieren zu lassen. Jetzt hatte ich's richtig versaut. Ich seufzte und stand zum ersten Mal, seit dem ich Nami weg geschickt hatte, auf und machte mir einen neuen Tee. Während ich darauf wartete, dass sich das Wasser erhitze, holte ich die benutzten Tassen des Morgens aus dem Wohnzimmer und stellte sie in die Spüle. Nach dreckigem Geschirr war mir gerade wirklich nicht. Mit der Tasse voller heißem Tees ging ich zu Bett, der Kopf wieder einmal voller Gedanken. 

Am nächsten Morgen wachte ich früher sonst als gewohnt, doch blieb ich viel zu lange liegen und wühlte mich im Bett. Meine Lust, zur Arbeit zu gehen, war deutlich unter dem Nullpunkt. Trotz allem trottete ich aus der schützenden Wärme meiner Decke direkt zu meinem Kleiderschrank - zu faul für die morgendliche Dusche - und zog mir meine übliche Kleidung an. Weißes Hemd, schwarze Jeans, beides etwas zerknittert, aber als ob das irgendeinem auffallen würde. Als letztes füllte ich mir noch Kaffee in meine Thermoskanne. Ohne würde ich diesen Tag auf keinen Fall überleben. Dann setzte ich mich missmutig in mein Auto und fuhr los.

Namis P.O.V.:

Ich schloss die Tür hinter mir und raste hinunter. Ich musste hier raus. Zum Glück hatte ich mir gestern Abend gemerkt, wo die nächste Bushaltestelle war also joggte ich direkt los. Kein Wunder, das Sebastian ein Auto besaß. Heute war dasselbe passiert wie beim letzten Mal. Warum ließ er es nicht zu? Ich seufzte und stieg in den ersten Bus, der kam. Enttäuscht setzte ich mich auf den erstbesten freien Platz und starrte aus dem Fenster, vollkommen in meinen Gedanken versunken. War ich wirklich so naiv gewesen und hatte gedacht, ein erwachsener Mann - auch noch mein verdammter Physiklehrer - würde sich je für mich interessieren? Ich schloss meine Augen und lehnte meine Stirn gegen die kalte Fensterscheibe. Aber er hatte mich geküsst. Also... was? Wenn er es doch auch wollte, warum ließ er mich dann jedes Mal fallen? Ich war sauer. Auf uns beide. Auch mich wegen meiner Dummheit, auf ihn, weil ich wieder einmal nach Hause fuhr. Alleine. Unbefriedigt. In jedem Sinne. 

"Leaaaa? Offiziell war ich gestern Nacht bei dir und hab bei dir gepennt, ja?", flehte ich meine beste Freundin an, die nur fragend eine Augenbraue hochzog. "Komm schon...", fing ich an und suchte nach einem Grund, den sie nicht widerlegen konnte, "du schuldest mir noch etwas wegen... gestern. Wärst du gekommen wäre ich gar nicht in dieses Schlamassel geraten, also..." Die Blondine stöhnte auf, gab sich allerdings geschlagen. "In Ordnuuuuuuuung... aber erzählste mir wo du wirklich warst?" Sollte ich ihr von Sebastian erzählen? Ich liebte Lea zwar wirklich, aber sie war eine Plaudertasche. "Hmm, okay. Aber nur wenn du kein Drama draus' machst!", sagte ich und ließ mich auf ihr mit lilafarbenen Kissen überfülltes Bett. Ich hatte die Nacht kaum geschlafen - wer schlief schon gerne auf einer fremden Couch. Sie quiekte vergnügt und sprang neben mich aufs Bett. "Los los los"", drängelte sie mich und ich rollte mit den Augen. "Es gibt da jemanden, weißt du..."

Nachdem Lea mich den restlichen Tag über "Mr. Mysteriös", wie sie ihn nannte, ausgefragt hatte und ich versuchte, so ungenau wie möglich zu antworten, ließ sie mich endlich schlafen. Am nächsten Morgen kamen wir - nach einem wegen Lea viel zu langem Frühstück - zu spät an der Schule an und hatten uns gerade erst hingesetzt, als der Lehrer durch die Tür kam. "Und was hast du vor zu sagen? Wegen gestern?", flüsterte mir die Blondine neben mir zu, während unser Englischlehrer einige Arbeitsblätter austeilte. Ich sah sie verwirrt an. Gestern? Aber es wusste doch niemand, dass ich bei Sebastian gewesen war? "Weil du nicht in der Schule warst? Mensch, guck' mich nicht so an wie Auto!", klärte sie mich lachend auf, offensichtlich sah man mir meine Verwirrung an. Ich lachte auf, was mir einen warnenden Blick von Herr Lane bescherte. "Was steckt dem denn im Arsch?" Lea zuckte nur mit den Schultern und kritzelte weiter auf ihrem Blatt herum. "Was haben wir eigentlich nach Englisch?", fragte ich sie, während ich die Aufgaben löste. "Ähhh... keinen Schimmer. Neuer Stundenplan sitzt noch nich'. Ich schaue mal."

"IHHH! HILFE!", kreischte jemand am anderen Ende des Klassenraums. Lea und ich sahen beide gleichzeitig in die Richtung und sahen wohl eines der besten Dinge, die je in diesem dreckigen Klassenraum passiert waren. Cheyenne hatte eine Spinne in ihren langen, kaputt blondierten Haaren und fuchtelte wie verrückt mit ihren Händen herum. Sie griff nach Jason, der neben ihr saß, ihre künstlichen Nägel bohrten sich in seine Arme und sie schüttelte ihn. "CheyChey, komm runter!", brüllte er sie an und löste sich aus seinem Todesgriff. Sie sah ihn geschockt an und fing wieder an, ihn verzweifelt anzuschreien. Nun lagen alle Augen auf ihr. Ich stand seufzend auf und ging zu ihr. "Ist doch nur 'ne Spinne, Barbie.", meinte ich grinsend und befreite die Spinne aus ihren Haaren, "und dazu auch noch so eine kleine.". Jetzt sah sie mich entgeistert an während ich die Spinne durch das Fenster hinaus ließ. "NUR eine Spinne?!!", kreischte Cheyenne wieder los, doch dieses Mal kam Herr Lane dazwischen und unterbrach sie. "Da nun dieses... Drama geklärt ist, könnt ihr auch weiter arbeiten." Fast alle stöhnten genervt auf, da die Unterhaltung so früh unterbunden wurde, und setzten sich widerwillig hin. "Namiiii?", Lea tippte mir auf die Schulter. Ich brummte nur als Antwort, diesmal wirklich auf meine Aufgaben konzentriert. "Wir haben gleich Physik."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 18, 2015 ⏰

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