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Amber

Ich lief nicht besonders schnell. Ich hatte den ganzen Tag für die Uni gelernt, bis ich zur Arbeit aufgebrochen war und mich fast zu Tode geschuftet hatte. Jetzt ging ich nach Hause und war unglaublich fertig. Sollte ich mir noch etwas kochen oder direkt ins Bett gehen?

Ein Prickeln in meinem Nacken stoppte meine Gedanken. Ich fühlte mich beobachtet. Ich drehte meinen Kopf, blieb aber nicht stehen. Niemand. Ich schaute wieder nach vorne und konzentrierte mich auf meinen Heimweg, aber das Gefühl verschwand nicht. Doch als ich erneut hinter mich schaute, war die Straße immer noch leer. Niemand. Aber mein Bauchgefühl sagte mir etwas Anderes und mein Vater hatte mir stets eingebläut, auf mein Bauchgefühl zu hören.
Sweetie, dein Kopf ist voller Vorurteile und Zweifel, die dich konstant beeinflussen. Aber dein Bauchgefühl ist immer im Hier und Jetzt!

Ich war mir sicher, dass mich jemand verfolgte oder zumindest beobachtete. Trotzdem lief ich erstmal weiter. Ein Fehler. Denn als ich im nächsten Moment an einer Seitengasse vorbeilief, wurde mein Verfolger zu einem Angreifer. Jemand packte mich grob und zog mich in die Gasse. Dann ging alles ganz schnell und Sekundenbruchteile später wurde ich mit dem Rücken voran an die Wand gedrückt. Mein Angreifer hatte sich dicht vor mir platziert. Mit einer Hand hielt er mir den Mund zu, mit der anderen hielt er etwas Kaltes an meine Kehle. Ich atmete schwer und zitterte leicht, aber ansonsten war ich relativ gefasst. Vielleicht lag es an meiner Vorahnung oder daran, dass ich ein Vampir und somit stärker war, als es auf den ersten Blick erkennbar war oder es lag daran, dass ich Scheiße, wie das hier, schon hunderte Male mitgemacht hatte.

In der Gasse war es dunkel und ich konnte kaum etwas erkennen, aber als ich nach unten schielte, wurde mir klar, dass das Kalte an meiner Kehle ein Messer war. Und das war echt beschissen. Ja, auch Vampiren konnte die Kehle aufgeschlitzt werden. Genauso, wie er mich erstechen, erdrosseln oder mir das Genick brechen könnte. Der einzige Unterschied zwischen Vampir und Mensch, in Bezug auf Sterblichkeit, war die Tatsache, dass wir nicht an natürlichen Ursachen sterben konnten. Also kein Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine ätzende Infektionskrankheit für mich.
Juhu!
Naja...
Ich hob meinen Blick ein wenig, um meinen Angreifer ins Auge zu fassen, aber es war zu dunkel. Na gut, ich brauchte ihn nicht zu sehen. Aber ich hätte gerne, gewusst, ob es sich bei meinem Angreifer ebenfalls um einen Vampir handelte. Doch das war jetzt nicht möglich.

Ich hob leicht mein Bein und trat dann so fest ich konnte auf seinen Fuß. Seine Reaktion war unglaublich mager. Lediglich daran, wie die Hand, die er auf meinen Mund presste, sich leicht lockerte, merkte ich, dass er meinen Angriff überhaupt gespürt hatte. Ich nutzte diese Gelegenheit, um den Arm, mit dem er das Messer hielt, am Ellenbogen in die Richtung, in die das Messer zeigte wegzustoßen. Ich wollte gerade mein Knie heben, um ihm in die Eier zu treten, als er näherkam und mit seiner freien Hand mein Knie wieder nach unten drückte. Er setzte so eine Kraft ein, dass mir nichts anderes übrigblieb als der Bewegung zu folgen.
Ein Vampir also.

Dann setzte er das Messer erneut an meiner Kehle an und legte die andere Hand über meinen Mund. Doch dieses Mal kam er mir näher. Sehr viel näher. Er drückte sich regelrecht gegen mich. Ich versuchte nach hinten auszuweichen, aber die Wand war mir im Weg. Sein harter Körper drückte sich an meine weichen Kurven. Er war mindestens eineinhalb Köpfe größer als ich. Er beugte sich noch ein Stück weiter zu mir und senkte dabei den Kopf zu meinem Ohr herab. Ich atmete heftig.

"Süß." flüsterte er.

Seine Stimme war tief und rauchig. Mir wurde eiskalt. Meine Gelassenheit schwand. Mir war bewusst, dass meine Situation schon vor meinem Befreiungsversuch schlecht aussah. Aber ich machte seit Jahren Kickboxen und wusste mich zu verteidigen. Dazu kam der Überraschungseffekt, da die meisten Angreifer damit rechneten, dass das Opfer in eine Art Schockstarre verfiel und nicht wie ich gelassen blieb. Außerdem hätte ich bei einem menschlichen Gegner einen Stärkevorteil gehabt. Aber mein Angreifer hier hatte mich einfach so überwältigt und nicht einmal den Anstand, angestrengt zu wirken.

My favorite Stalker by Carla BruinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt