Kapitel 3

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Zuhause angekommen öffnete ich die Tür und lief hinein. Schon beim Öffnen der Tür hörte ich das Geschrei meiner Eltern und meines Bruders und ich hatte bereits jetzt keine Lust mehr auch nur einen Schritt weiter zu gehen. „Du wolltest doch unbedingt zu diesem Rudel gehören!? Und was hat es uns gebracht? Deine nichtsnutzige Tochter bekommt ihr Leben nicht in den Griff, dein Sohn geht auf ein teures Internat in England, weil er nicht mehr mit uns unter einem Dach leben will und du bist den ganzen Tag dabei dem Alpha die Füße zu küssen! Ich bin deine Frau, deine Gefährtin. Deine erste Priorität sollte es sein mich glücklich zu machen und an meiner Seite zu sein! Und nicht irgendeinem Wolf alles hinterher zu tragen! Soweit ich weiß gibt es dafür einen Beta oder einen Omega!"

Ein Alpha führt das Rudel, ein Beta ist seine rechte Hand, ein Omega ist ein Wolf dessen Wert viel niedriger ist, als bei den Anderen. Oft werden sie für niedere Arbeiten benutzt oder sie gehören dem Rudel nicht einmal an. Sie leben mit dem Rudel zusammen und arbeiten für sie, aber sie sind allein. Niemand wird sich darum kümmern, wenn sie krank sind oder wenn sie verschwinden. Davon gibt es nicht viele. Und ganz selten sind die schwarzen Omegas, die ausgestoßenen Wölfe. Man erzählt sich, dass in der Vergangenheit ein Alpha aus seinem Rudel ausgestoßen wurde, als er seine Gefährtin erlegt hatte. Er hatte die Kontrolle über seine Macht verloren und so streift der Legende nach ein schwarzer Alpha, ein ausgestoßener Alpha, durch die Wälder dieser Welt und tötet Wölfe aus Frust, weil er seine Gefährtin verloren hat. Die Natur hat ihn bestraft und ihm seine menschliche Gestalt genommen.

Ich erinnerte mich nur zu gerne an die Geschichten, die mir meine Eltern immer erzählt hatten. Ich hatte viel lernen müssen, als man das Wolf-Gen bei mir festgestellt hatte und mein Vater hatte immer eine gruselige oder wunderschöne Geschichte zu erzählen, zu jedem Moment passend. Ich vermisste diese Zeit sehr, denn damals war die Welt noch in Ordnung gewesen und wir hatten noch wie eine richtige Familie gelebt. Aber seit dem Umzug war das nun wirklich vorbei. Außer Streitereien kam in diesem Haus nicht mehr viel bei mir an, weshalb ich dankbar war, wenn ich bei Carolin war oder lernen musste.

Leise öffnete ich die Tür in den Essbereich, sodass ich zur Treppe gelangen konnte, als meine Mutter mich erblickte. „Na endlich! Schön, dass du hier auch mal auftauchst!", meckerte sie los, kaum dass ihr Blick auf mich fiel. „Ich muss noch Hausaufgaben machen", murmelte ich wollte mich abwenden, doch so leicht sollte ich leider nicht davon kommen. „Du wirst nachher das Abendessen machen und im Anschluss noch die Wäsche waschen. Und saugen solltest du auch mal wieder." Ich senkte den Blick und meine gute Laune war wie weggeblasen. Sollte das jetzt Zuhause genau so weitergehen, wie in der Schule? Dass man mir zeigt, wie inkompetent und überflüssig ich war? Dass ich mich unterordnen musste, um existieren zu können?

Eine einzelne Träne lief mir übers Gesicht und ich wischte sie schnell weg, bevor sie jemand sehen konnte. Ich durfte das nicht an mich heranlassen, sonst würden meine Gefühle die Oberhand gewinnen und ich würde mich wieder unkontrolliert verwandeln. Das durfte mir nicht nochmal passieren.

Ich nickte meiner Mutter zu und lief nicht nach oben, sondern in die Küche. Es war bereits spät und wenn ich nicht noch mehr Stress haben wollte, dann musste ich mich beeilen. Schließlich wollte meine Mutter nicht nachts Abendessen auf dem Tisch sehen.

Der Kühlschrank gab nicht viel her und so entschied ich, dass es heute Abend einfach nur einen Salat mit Putenstreifen geben würde. Schnell schnitt ich die Putenbrust in Streifen und legte sie in die selbstgemachte Kräutermarinade ein, bevor ich anfing den Salat zu waschen und anzurühren.

Als ich fertig war, deckte ich den Tisch und rief nach meinen Eltern und meinem Bruder. Er war heute Abend zum letzten Mal hier, bevor er auf das Internat gehen würde. Er hatte das Werwolf-Gen nicht geerbt und fühlte sich noch nie wohl in der Nähe der Wölfe. Er fühlte sich ausgeschlossen und nach dem Umzug hatte er darauf bestanden, die Schule zu verlassen und auf ein Internat in England zu gehen, um dem Alltag zu entfliehen. Er hasste es, wenn meine Eltern wegen der Rudelangelegenheiten am Streiten waren und das taten sie leider viel zu oft. Schon im früheren Rudel hatte es mehrmals Stress gegeben und Jay hatte immer darunter gelitten, weil er das ganze Drama nicht nachvollziehen konnte. Für ihn ergab das alles keinen Sinn und ich konnte verstehen, dass er aus diesem Leben fliehen wollte. Aber ohne ihn war es einfach nicht dasselbe. Er würde mir so unendlich fehlen, wenn ich nicht mehr jeden Tag seine Sprüche hören würde und er mich nicht mehr mit Kissen abwerfen würde, wenn ich nach Hause käme.

Während dem Essen war es unangenehm still und Jay bot an, sich um den Abwasch zu kümmern, damit ich in Ruhe lernen konnte. Also ging ich nach dem Essen in mein Zimmer und noch bevor ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, hörte ich meine Eltern bereits wieder streiten.

Etwa eine halbe Stunde später, ich versuchte gerade Vokabeln zu lernen, klopfte es leise und Jay kam herein. „Darf ich dich stören?", fragte er leise und blieb unentschlossen im Türrahmen stehen. Wir hatten immer ein gutes Verhältnis zueinander gehabt, aber seit ich das Wolf-Gen hatte, hatten wir uns sehr entfremdet. Ich liebte ihn nach wie vor, aber er sah in mir auch einen Grund für den Streit unserer Eltern. „Du störst nie. Du weißt, dass du jeder Zeit zu mir kommen kannst." Ich versuchte ihn aufmunternd anzulächeln, aber als mir bewusst wurde, dass wir uns jetzt womöglich das letzte Mal sahen, für wer weiß wie lange, verrutschte das Lächeln. Jay schloss die Tür hinter sich und setzte sich neben mich aufs Bett. „Du wirst mir fehlen", sagte ich, noch bevor er auch nur den Mund aufmachen konnte. „Du mir doch auch, Nervensäge", antwortete er und ich zog die Augenbrauen hoch. „Nervensäge? Du bist ja wohl deutlich anstrengender als ich." Wir diskutierten ein paar Minuten und es artete in eine Kissenschlacht aus, nach der wir ziemlich außer Atem im Bett lagen und uns die Bäuche hielten vor Lachen. „Meldest du dich?", fragte ich irgendwann leise und er drehte sich zu mir. „Nur, wenn du auch antwortest", lachte er und ich nickte ihm lächelnd zu. „Darf ich dich auch anrufen?", fragte ich vorsichtig nach. Ich hatte mich immer auf ihn verlassen können, weil wir beide immer füreinander dagewesen waren. „Natürlich. Ich werde immer für dich da sein, auch wenn ich vielleicht nicht hier bin. Du kannst mir schreiben oder mich anrufen, wann immer du mich brauchst." Um seine Worte zu verdeutlichen breitete er die Arme aus und ich kuschelte mich an ihn. „Danke", flüsterte ich und wir lagen den Rest des abends zusammen im Bett und redeten über alte Zeiten, Erinnerungen und wir mieden das Thema, was in Zukunft kommen würde. Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, denn als ich das nächste mal wach wurde, war Jay weg, die Sonne gerade am aufgehen und neben meinem Bett lag ein Zettel mit einer Nachricht von ihm. „Vergiss niemals, dass du glücklich werden sollst. Nur das zählt. Ich glaube an dich, Nervensäge. Hab dich lieb."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 13, 2021 ⏰

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