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Erschöpft ließ sich Dora auf den Boden in ihrer Zelle fallen. Jake lehnte noch in der Tür und beobachtete sie mit einem belustigten Grinsen, die Arme vor der Brust verschränkt. Seine hellbraunen Augen funkelten warm und der Drei-Tage-Bart, von dem Dora sich ziemlich sicher war, dass er länger als drei Tage zum wachsen gebraucht hatte, ließen ihn sympathisch und attraktiv wirken.

"Musst du mich so anstarren?", murrte Dora, während sie verzweifelt versuchte, ihre Augen offen zu halten. "Ich weiß, dass ich beschissen aussehe."

Das brachte ihr ein lautes Lachen ein, dunkel, aber es löste kein unangenehmes Gefühl in ihr aus. Jake war nett. Da nicht immer nur Smitty und Kit auf sie aufpassen konnten - offiziell sollten sie ihr nur beibringen, was man auf einem Schiff alles tun musste, allerdings fiel sie auf diese Ausrede nicht herein -, verbrachte sie ihre Zeit auch mit anderen Crewmitgliedern. Ein paar waren mittlerweile offener zu ihr, möglicherweise weil sie innerhalb der gesamten acht Tage, die sie schon auf dem Schiff war, keinen Unsinn angestellt hatte, aber bis auf Jake kam ihr keiner wirklich sympathisch vor. Misstrauisch waren sie eben immer noch und obwohl Jake ganz offen zugab, ihr nicht komplett zu trauen, scherzte er mit ihr und war nicht feindselig.

"Da haste Recht." Jakes Grinsen war ansteckend und wenngleich er sie gerade unbestreitbar beleidigt hatte (na gut, es war teilweise ihre eigene Schuld), hob sich ihr Mundwinkel belustigt. Jake hatte diese positive Wirkung auf sie und manchmal musste sie sich echt zusammen reißen und in Erinnerung rufen, dass er immer noch Pirat war und sie mit wenigen Handgriffen umbringen konnte. Wortwörtlich. Er brauchte dafür wahrscheinlich nicht mal sein Messer, das kaum wahrnehmbar, aber irgendwie doch als merkliche Drohung an seinem Gürtel hing. "Ne, im Ernst mal, Theo. Du schlägs' dich nich' schlecht für deine erste Woche auf See."

Dora verdrehte die Augen. Mittlerweile hatte sie sich etwas an das Leben auf einem Schiff gewöhnt. Obwohl, gewöhnt ist ein zu großes Wort. Sie kam damit ein kleines bisschen besser klar als am Anfang. Ihre Seekrankheit hielt sich in Grenzen, nur bei stürmischem Wetter, was bis jetzt zum Glück nur ein weiteres Mal aufgekommen war, wurde ihr noch schlecht. Die schwere Arbeit war anstrengend und nicht ganz für ihren Körper gemacht, was ihr schon am ersten Tag aufgefallen war, allerdings beschwerte sie sich nicht und konnte die Aufgaben mit der Zeit ohne tausend Mal nachzufragen oder zehn Verbesserungen erledigen. Dennoch, wirklich gut war sie nicht. Und mit ihren nächtlichen Überlegungen, wie sie es denn nach nach Hause - oder erstmal überhaupt vom Schiff - schaffen sollte, war sie auch nicht weiter gekommen.

"Allein dass man merkt, dass es meine erste Woche auf See ist, sagt alles aus."

Wieder entlockte sie Jake ein Lachen. Dann schloss er die Tür zu ihrer Zelle, drehte den schweren Schlüssel um und damit war das kurze Gespräch auch beendet. Es kam häufig vor bei ihm, dass er eine Unterhaltung abrupt beendete, ohne jeglichen für sie ersichtbaren Grund, aber mittlerweile hatte Dora sich dran gewöhnt und es überraschte sie nicht mehr. Und sie hatte sich auch abgewöhnt, es persönlich zu nehmen.

Laute Geräusche von Deck ließen beide plötzlich für einen kurzen Moment innehalten, bevor Jake sich ohne jegliche Abschiedsworte umdrehte und die Treppen hinauf stürmte. Missmutig schloss Dora die Augen, wissend, dass sie nichts anderes tun konnte, als auf dem Boden ihrer Zelle herunzuliegen und zu hoffen, dass der Grund für die Aufruhr keine schlimmen Nachrichten beherbergte.

Eine ruckartige Richtungsänderung des Schiffes ließ ein leises Klirren ertönen. Dora schreckte auf.

Ein Blick zur Zellentür bestätigte ihre Vermutung. Jake hatte die Schlüssel stecken lassen und als eine besonders hohe Welle das Schiff erfasste, klirrten die Schlüssel ein weiteres Mal.

Mit einem Lächeln rappelte sich Dora auf und führte ihre Hand durch die Gitterstäbe, um den Schlüssel herumzudrehen. Dann hielt sie plötzlich inne. Was auch immer dort oben vor sich ging, wollte sie es überhaupt wissen? Würden die Piraten sich vielleicht umbringen, weil sie ohne Erlaubnis und Aufsicht die Zelle verlassen hatte?

Theodora ~ Eine Kreuzfahrt mit PiratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt