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Gelangweilt starrte Dora an die Decke. Vielleicht sollte sie die Ritzen zählen? Erneut? Aber nach siebenunddreißig wurde ihr das doch zu blöd.

Sechs Tage befand sie sich schon in ihrer kleinen, ungemütlichen Zelle. Nach einer kurzen Diskussion mit Knox war es eine gefühlte Ewigkeit still zwischen ihnen geblieben. Ihre zwei Minuten längst überschritten, aber das war nicht ihre Schuld, Knox war derjenige, der so viel Zeit zum Nachdenken brauchte.

Am Ende war es Smitty, der das Ganze beendet hatte.

Knox befahl ihm lediglich, Dora in die Zelle zu führen und das war's. Nur durch das kleine Loch an der Außenwand des Schiffes fand sie heraus, dass die Dark Treasure ihren Kurs änderte.

Voller Erleichterung ließ sie ihre Augen endlich zufallen.

Am nächsten Morgen bekam sie Frühstück von Jake gebracht, der sich murrend bei ihr beschwerte, dass der Captain ohne jegliche Begründung den Angriff abgesagt hatte. Anscheinend hatte er sich darauf gefreut.

Es erschien Dora immer noch schleierhaft, warum sich jemand auf einen Kampf freuen sollte.

Aber sie war froh, dass offenbar keiner wusste, wer wirklich dafür gesorgt hatte, den Angriff abzublasen. Und sie würde lieber Monate in dieser verdammten Zelle verbringen, als es jemandem zu erzählen.

Kit besuchte sie ab und zu. Laut ihm war es bedauerlich, dass Knox sie ohne jeglichen Grund wieder eingesperrt hatte.

Dora fand es auch unfair. Allerdings beschwerte sie sich nicht, immerhin war ihr das lieber als von Gears umgebracht zu werden. Außerdem wollte Knox offensichtlich kein Risiko eingehen, indem er sie frei herumlaufen ließ, denn Beweise für diese Falle gab es nicht und sie benahm sich wirklich seltsam. Zumindest in seinen Augen.

Aimee würde wahrscheinlich nur den Kopf schütteln und es als "Typisch Theodora" abstempeln.

Seufzend drehte sich Dora auf die Seite.

An Aimee zu denken tat weh. Sie vermisste sie sehr und manchmal träumte sie von ihr. Danach war das Aufwachen immer die pure Hölle.

Nachdem sie sich sieben weitere Male von einer Seite auf die andere gewälzt hatte, reichte es ihr.

Da sie in der Zelle nicht viel tun konnte, musste sie sich selbst beschäftigen. Manchmal reichten dafür Mathematikaufgaben in ihrem Kopf (die sie echt nicht leiden konnte), Geschichten, die sie gelesen hatte und an die sie sich zu erinnern versuchte, oder das Trainieren ihrer Augen, indem sie gefühlte Stunden einfach nur aus dem kleinen Loch in Richtung Horizont starrte.

Und manchmal, manchmal machte sie Sport.

Nie hätte Dora gedacht, dass sie tatsächlich freiwillig Liegestütze und Sit-Ups machen würde, aber offenbar änderten sich die Zeiten.

Sie versuchte sich auch an Klimmzügen an einer oberen Querstangen der Zelle. An ihrem ersten Tag schaffte sie mit etwas Schwung genau einen. Fast einen. Na gut, einen halben.

Am nächsten Tag bereute sie es. Ihre Arme schmerzen - ihr ganzer Körper schmerzte, aber ihre Arme besonders - und sie würde sich am liebsten in ein bequemes Bett legen und schlafen.

Stattdessen rappelte sie sich auf und versuchte einen weiteren Klimmzug.

Doras Ziel war, zumindest einen ganzen ohne Probleme zu schaffen. Wie lange sie dafür allerdings brauchen würde, wusste sie nicht.

Mehr als sechs Tage offensichtlich.

Wenn sie sich nicht irrte, war sie heute exakt zwei Wochen auf dem Piratenschiff. Ihre Klamotten waren verdreckt und sie wünschte sich, einfach nur fünf Minuten unter einer Dusche stehen zu können. Da das jedoch nicht möglich war, tappte sie zur Schiffswand. Sehnsüchtig schaute sie aus dem Loch und hoffte, endlich etwas anderes zu sehen als nur Wasser und Himmel.

Theodora ~ Eine Kreuzfahrt mit PiratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt