Das Frühstück seiner kleinen Tochter war genauso ekelig, wie Samu es in Erinnerung hatte. Aber mal wirklich, wer kam auch auf die glorreiche Idee Haferflocken, Chiasamen, Banane, Apfel und Gurke zu mischen? Das ganze dann noch verfeinert mit ein paar Kokosraspeln und Schokoflocken und fertig war das Kunstwerk. Wobei das Gericht nach Samus Auffrischung wohl eher einem Schokomüsli mit Obstbeilage glich, aber so war es nun mal, wenn man seine Tochter einfach rumexperimentieren lassen wollte, schließlich könnte ja irgendwann auch mal etwas Gutes dabei rauskommen.
„Schmeckt es euch?", fragte Juna wenig später auch schon hoffnungsvoll und schaute dabei noch mit dem Löffel in der Hand über ihren eigenen Tellerrand. Ihre Augen leuchteten verheißungsvoll auf, weshalb weder Yvonne, noch Samu es über das Herz brachten ihr die Wahrheit zu sagen. Nicht, wenn sie sich so über ihre eigene Kreation freute, egal wie scheußlich sie wirklich schmeckte.
„Sure, it is delicious Munchkin!"
„Klar, meine Süße!", kam es dann prompt von ihren Eltern zur Antwort, wobei sich das Paar wissend anschaute, dass sie alle beide gerade gelogen hatten. War es falsch zu lügen? Wobei...eine richtige Lüge war es ja nicht, Juna selbst schien es ja zumindest tatsächlich zu schmecken, was man daran erkannte, dass die 5-jährige zufrieden ihr Müsli auslöffelte, bis der kleine Elefant am Grund der Schüssel zu erkennen war. Ihr Lächeln strotze vor stolz und das anerkennende Kichern verriet eindeutig ihre Freude. Manchmal war eine Notlüge vielleicht gar nicht so schlimm, solange niemand zu Schaden kam, sondern stattdessen das Herz eines Kindes aufleuchtete. Das Herz ihres Kindes.„Möchtest du noch etwas mein Schatz, oder bist du satt?", fragte Yvonne, als sie bemerkte, dass Junas Schüssel mittlerweile leer war, doch anders als erwartet, bei den Mengen, die ihre kleine Tochter sonst verdrückte, schüttelte diese nur den Kopf und lehnte dankend ab. Sie wollte ihre Zeit heute nicht mit Essen verschwenden, denn dafür empfand sie die Zeit mit ihrem Vater als viel zu kostbar. „Nein, Ich bin satt!", entkräftigte sie. „Aber ich würde gerne wissen, was du für heute geplant hast Daddy! Gehen wir ins Jazz-Wohnzimmer? In den Freizeitpark? Ins Kino? In den Zoo...."
Die Euphorie der 5-jährigen war kaum noch zu überhören, so wild, wie sie die Vorschläge, die ihr in den Kopf kamen aneinander reihte. Nicht, dass sie mit allem anderen nicht zufrieden gewesen wäre, aber seitdem Samu seinen großen Plan erwähnt hatte, ohne zu verraten, was es nun konkret war, gingen dem kleinen Mädchen unzählige Gedanken durch den Kopf, bei denen sie einer mehr begeisterte als der andere. „Oder bringst du mir das Schwimmen bei?"„Ganz ruhig Munchkin.", konnte Samu nicht anders als herzhaft aufzulachen, als er die Vorfreude seiner Tochter vernahm. „I am not saying anything! I told you it will be a surprise! But I promise you you will like it!"
Mit einem spielerischen Unterton, konnte Samu es nicht lassen die Aufregung seiner Tochter noch ein wenig anzuzetteln, während er Yvonne ebenso vorfreudig ein Zwinkern zuwarf. Auch ihr hatte er noch nicht erzählt, was er für heute geplant hatte, auch wenn er seine eigene Geduld damit an seine Grenzen trieb. Doch Yvonne schenkte Samu nur ein zögerliches Lächeln, hing der letzte Satz ihrer Tochter ihr doch noch ein bisschen nach, weshalb sie schonmal aufstand, um langsam den Tisch abzuräumen.Dass ihre Tochter bisher noch nicht schwimmen konnte, schrieb sie sich selber zu, denn jedes Mal, wenn Samu es vorgeschlagen hatte, war Yvonne fast das Herz stehen geblieben. Alleine die Vorstellung, dass ihre Tochter blind durchs Wasser schwamm, vielleicht das Ende der Bahn falsch einschätzte, oder gegen die Bande knallte, jagte eine Welle der Panik durch ihren Körper, obwohl sie wusste, dass es falsch war. Ihre Tochter war blind, aber alles andere als unfähig. Doch die Tatsache, dass Samu darauf beharrte seiner Tochter selbst das Schwimmen beizubringen, obwohl er sich ihren Bedürfnissen nicht ausreichend anpassen konnte, war ein Punkt an dem sie immer wieder stehen blieben, weshalb Juna es bis heute nicht konnte.
Samu nahm das Zögern seiner Freundin jedoch kaum wahr, so schnell, wie es verschwunden war und in ein Lachen überging, dass durch die kindliche Sturheit von Juna ausgelöst wurde.
„But I want to know, Daddy!", mehr sagte sie nicht, als sie hibbelig auf dem Stuhl herumwankte und ihre blonden, feinen Locken mit ihr auf und ab wippten. Aufgeregt und wissbegierig, mit einem Anteil der Ungeduld, so wie sie ihre Tochter kannten.
„Well...you have to be patient then, Junes. I am not telling you!", grinste Samu und macht sich dann auch daran Yvonne zu helfen die Schüsseln und Reste des Müslis aufzuräumen.
„Please tell me!", flehte die 5-jährige mit großen Augen, doch Samu lehnte sich beim Vorbeigehen nur zu ihr vor und grinste ein „You will find out soon enough, Munchkin!" in ihr Ohr, bevor er sie mit seiner freien Hand kitzelte und das hell gluchsende Lachen seiner Tochter den Raum erfüllte.
„lipeta isä!", lachte Juna und versuchte sich aus dem Griff ihres Vaters zu winden, doch dieser machte noch eine Zeit lang gnadenlos damit weiter seine Tochter zu ärgern, bis ihr Knie vor lauter Zappelei gegen die Tischkante knallte und die 5-jährige kurz schmerzerfüllt die Luft ausstieß. Ein Alarmton in Yvonnes Ohren, die nebenan gerade noch eine Schüssel in die Spülmaschine räumte.
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Slowly Fading Light
FanfictionFortsetzung zu "Here with you on broken glass" (muss nicht vorher gelesen sein, kann aber an einigen Stellen sehr hilfreich sein) Ihre Tochter war blind. Seit ihrer Geburt. Es war ein Schock gewesen, unerwartet, doch die Lebensfreude, die Samu mit j...