1.2

124 7 8
                                        

Was?!

Draco Malfoy?

DER Draco Malfoy?

Fassungslos starre ich ihn an. Er hat seine perfekt geschwungenen Augenbrauen leicht zusammengezogen, so als überlege er, was ich gleich tun werde. Als ob ich das selbst wüsste.

Mein Kopf ist zum ersten mal in dieser Nacht wie leer gefegt.
Das Gedankenkarussel wäre jetzt herzlich willkommen, doch es will nicht. Es ist, als ob jemand einen Schalter gedrückt hat, der mich sprachlos machen lässt.

Nur wegen einer Person.

Das unerträgliche Schweigen wird schliesslich von einem Seufzen unterbrochen. Draco streckt seinen Rücken durch, lässt mich dabei aber nicht aus den Augen.

Moment.

Habe ich gerade Draco gedacht?

Oh mein Gott. Hermine, wird endlich wach! Der Typ hat dich einmal Schlammblut genannt, dich verachtet, beleidigt und er wollte Harry umbringen! Na ja, nicht ganz, aber trotzdem. Er wollte dich, Harry, Ron und viele andere tot sehen!

Bewegung kommt in meinen Körper. Abrupt stehe ich auf, sodass der quietschende Holzstuhl fast umfällt.

,,Es tut mir leid, aber ich kann nicht bleiben. Ich müsste schon lange zu Hause sein. Es hat mich gefreut, dich wieder zu sehen."

Ich bin selbst verwundert, dass so ein Haufen an Lügen aus meinem Mund kommt, doch es geht nicht anders. Keine Sekunde länger will ich bleiben, die Luft kommt mir plötzlich stickig vor. Ich fühle mich eingeengt.

Malfoy ist aufgesprungen und will mir hinterher. Ich komme aber sowieso nicht weit; die Tür ist abgeschlossen und die Storen heruntergelassen.

Bleibt nur noch eines übrig.

Apparieren.

Der erstbeste Ort, der mir in den Sinn kommt, ist anfangs eine wage Frage, verformt sich dann zu einer Feststellung und verwandelt sich in pure Entschlossenheit.

Das bekannte Gefühl von Unruhe bricht über mich hinein. Alles scheint zu verschwimmen, nur meine Konzentration verliert sich nicht in dem Strudel aus Farben und Formen. Ich fliege, schwerelos und ohne Sorgen. Wenn auch nur für einen kurzen Moment, flüchtig. Ein Gewicht an meinem linken Arm zieht mich wieder in die Gegenwart, rüttelt mich sanft, aber bestimmt aus meiner Tagträumerei.

Ich liege am Boden.


Ein paar spitze Steine bohren sich in meine Jeans und hinterlassen einen scharfen Schmerz. Der Aufprall war wohl nicht so sanft wie sonst, der Grund ist etwas, besser gesagt: jemand.

Ich rapple mich auf und achte darauf, ob mir sonst noch etwas wehtut. Doch ausser dem versohlten Hinterteil scheint alles in Ordnung zu sein.

Ächzend richtet sich ein paar Meter neben mir jemand auf, der anscheinend die gleichen Schmerzen empfindet wie ich. Da immer noch dunkle Nacht herrscht, kann ich die Person nicht erkennen, doch ich habe eine gewisse böse Vorahnung. Ein, zwei Schritte stolpere ich von ihr weg, immer auf der Lauer nach einem unsichtbaren Hindernis.
Barsch frage ich: ,,Malfoy?"

Die Gestalt zuckt zusammen. Einen Moment lang ist es völlig ruhig, ich höre nur das bekannte Zirpen der Heuschrecken und den Wind in den Blättern der Bäumen. Gras raschelt, in der Ferne sind Kirchenglocken zu hören, vielleicht auch die Glocken von Kühen.

Dramione OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt