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Die U-Bahnen waren immer noch voll. Arbeiter, Angestellte, Schulkinder und ein paar Rentner saßen in den Waggons. Draußen war es noch dunkel und beim einsteigen blendeten die Lichter in der Bahn einen im ersten Augenblick. Bis auf einem Mann im Anzug, der leise auf einer anderen Sprache telefonierte, war es ruhig im Wagon. Eine blondhaarige Frau, die in einem Vierer saß, trug eine Brille, die nicht nur ihre Augen verschwinden ließen, sondern auch gleich ihr halbes Gesicht. Der Mann mit der dunkelbraunen Jacke neben ihr las ein Taschenbuch. Seine Mundwinkel zuckten immer wieder leicht. Es schien als ließe er etwas das ihn amüsierte. Der Mann, etwa 5 Sitze hinter ihm, sah wiederum gar nicht amüsiert aus. Träge starrte er aus dem Fenster nach draußen, immer wieder seine Hand hebend, in der ein Taschentuch lag. Der Schnupfen hatte dieses Jahr viele erwischt, mehr als in den letzten 2 Jahren, so hieß es zu mindestens in den Nachrichten.

Mittlerweile waren ihre Haare geöffnet. Sie trug einen hellgrauen Mantel, dazu eine karierte Stoffhose und ein paar schwarze Stiefeletten. Der hellrosa Becher in ihrer Hand schien ein heißes Getränk zu enthalten, den sie wärmte sich ihre Hände daran. Die Tasche auf ihrem Schoß war pechschwarz. Ein dünner, goldener Schriftzug zierte den oberen Rand der Tasche, vermutlich der Markenname. Sie saß still doch ihre Augen schienen den Wagen abzusuchen. Irgendwann drehte sie den Kopf und schaute sich die vorbeifliegenden grauen Wände an. "Hauptbahnhof", die Stimme aus dem Lautsprecher war zu hoch und hatte etwas quietschendes. Langsam erhoben sich die Menschen aus ihren Sitzen und trotteten zu den Türen die sich ruckartig öffneten. Zwei Jugendliche quetschten sich als erste aus den Türen, vermutlich mussten sie rennen um noch pünktlich zu der Schulstunde zu erscheinen. Auch das Mädchen mit dem hellrosa Becher verließ den Wagon. Sie nahm die Stufen und oben angekommen wich sie einer Gruppe Reisenden aus, die sich am Treppenansatz versammelt hatten.
Der Hauptbahnhof wimmelte von Menschen. Sie tümmelten sich um die Stände zur linken und rechten des großen Durchganges, die zu den Gleisen führten. An den Ständen wurde Kaffee ausgeschenkt, frische Hörnchen gingen über die Theken und Reisende blätterten in Zeitschriften. An einem Zeitungsladen am Eck blieb auch das Mädchen stehen. Der Laden war nicht ganz so brechend voll wie die anderen. Die Kundschaft bestand vor allem aus Damen in schicken Mänteln und Männern in Anzügen deren Hände Aktenkoffern festhielten. Wenn man für einen Moment die Augen schloss und sich auf den Geruch fokussierte riechet man es. Es roch nach Papier, Druckerfarbe, Kaffee und leichtem Zigarettenrauch. Das Mädchen hatte entdeckt was sie kaufen wollte und zog es aus dem Ständer heraus. An der Kasse vor ihr stand noch ein weiterer Kunde. Auf dem Tresen vor ihm lag das Tagesblatt, das die Kassiererin gerade berechnete. Das Modemagazin das das Mädchen nun auf den Tresen legte wurde hingegen nur einmal im Monat veröffentlicht. Als die Dame sie kassierte hatte ließ das Mädchen das Magazin in ihrer Tasche verschwinden und machte sich auf den Weg.

Ich bin EmmaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt