Amandas Vater

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Dass Amanda zu ihm kommen sollte, wunderte ihn nur zuerst, weshalb sie ausgerechnet zu ihm ins entlegenste Schottland sollte für ihr Praktikum und dann noch ausgerechnet nach all der Zeit. Sein Herz kannte die Antwort auf diese Fragen jedoch schon in dem Moment, als er den ersten Satz der E-Mail gelesen hatte. Jasper hatte es immer schon gewusst, schon als er das erste Mal Annikas Bauch gesehen hatte, in welchem ein kleines Kind heranwuchs, schon da hatte er gewusst, dass Amanda sein Kind sein musste.

Zwar hatte Annika damals beteuert, dass es nicht seine Tochter wäre, jedoch war es beiden klar, dass dies nicht wahr sein konnte. Ihre Augen, wie sie es betonte, das Zittern ihrer Hände und Lippen alles schrie zu laut Lüge. Und dann hat sie noch irgendwann diesen Kretin Wasington mit nach Hause gebracht. Seine Gestalt war so lächerlich wie sein Name. Wasington so heißt doch keiner! Im Nachhinein war er vielleicht eifersüchtig auf ihn gewesen und dennoch konnte kein Zweifel daran bestehen, wer wirklich der Vater von Amanda war. Er hatte sie nur einmal mit eigenen Augen sehen können, das war vor vielleicht 12 Jahren gewesen und er hatte rein gar nichts von dieser Unperson in ihr gesehen. Den Rest von dem, was er über sie wusste, war aus Sicherheitsgründen über E-Mails erfolgt. Was er in diesen gelesen hatte, bestätigte ihn nur noch. Ihr Bruder Linus war aufgedreht, immer zu unkonzentriert und wild wie ein Sack voller schottischer Wildkatzen. Amanda schien zwar manchmal etwas aufbrausend zu sein, hatte aber ansonsten nichts mit dem unberechenbaren Verhalten ihres kleinen Bruders gemein.

Regungslos saß der Onkel von Amanda, der eigentlich ihr Vater war, in seinem hölzernen Stuhl und dachte an die Vergangenheit. Je länger er jedoch an sie schönen Momente dachte, je mehr drängten sich auch die tiefen, düsteren Schmerzen auf, die er durchleiden musste. Eine Abwärtsspirale, die ihn immer weiter hinab zog, bis ihm plötzlich etwas einfiel:

 "Endermann sind nicht böse. Sie mögen nur nicht, wenn sie beim In-die-Augen-starren Wettbewerb verlieren."

"Ach dieser theJ0130 ist schon ein Schelm von einem wattpad-Autor. Zwar infantil, aber dennoch unterhaltend, genauso wie dieses Minecraft-Spiel, über welches er schrieb", wisperte Jasper leise zu sich selbst, ohne, dass es jemand hätte hören können. Nichtsdestotrotz war Minecraft ein guter Ausweg aus dem nebligen und tristen Weiten Schottlands. Dort war er kein Gefangener. Dort war er frei, alles zu tun und zu erschaffen, was sein Herz sich wünschte. Zumindest fast alles.

Die Onkel Jasper ChronikenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt