9 ~ Was jetzt?

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Ich kam zu dem Schluss, dass meine Gebete nicht einfach nur ignoriert, sondern gründlich mit Füßen getreten wurden. Wieso? Dazu müssen wir bis knappe fünf Minuten vor Abfahrt des Shinkansen nach Sendai in die Vergangenheit reisen. Dort hieß es nämlich plötzlich aus dem Nichts:

„Entschuldigung, sind diese Plätze noch frei?" Ein älteres Ehepaar stand vor dem Viersitzer, den ich mir mit Satoru Gojo teilte und sah fragend zwischen uns hin und her.

„Aber natürlich", antwortete mein Gegenüber und stand auf. Bevor ich protestieren konnte, ließ er sich neben mich fallen und die zwei Alten setzten sich uns gegenüber. Da es jetzt sowieso keinen Sinn mehr machte Widerspruch einzulegen presste ich stumm die Lippen zusammen und starrte mürrisch aus dem Fenster auf das rege Treiben des Bahnhofes. Ohne das hektische Gewusel der anderen Reisenden richtig war zunehmen grübelte ich nach wie vor über einen Ausweg aus meiner Lage nach. Hier im Shinkansen hatte ich keine Möglichkeit ein weiteres Mal abzuhauen, das war klar. Aber vielleicht bot sich mir in Sendai ja eine Chance? Ich konnte doch wirklich schlecht mit diesem weißhaarigen Jujuzisten irgendwo Mochi essen gehen. Aber ich hatte langsam echt Hunger und vielleicht würde mir mit vollem Magen ja etwas einfallen? Andererseits ...

Gojos Finger, die sich vollkommen unerwartet um mein Kinn schlossen, rissen mich aus meinen Gedanken, als er mein Gesicht zu sich herumdrehte. „Hey guck doch nicht immer so grimmig Kaida-chan", sagte er und grinse mich breit an. Selbst im Sitzen überragte er mich um einen guten Kopf und dass er sich zu mir herüber beugte, hatte eher den Gegenteiligen Effekt. „Davon kriegt man nur frühzeitig Falten und das wäre doch schade bei deinem hübschen Gesicht, oder?"

„Idiot!" Ich sog ärgerlich zischend die Luft zwischen die Zähne. Seine Unverschämtheit war echt einsame Spitze in Japan. Und dieser Typ sollte echt Lehrer sein? Die armen Schüler ... wobei halt Stopp! Wenn ich bald keinen Ausweg fand, blieb mir keine andere Wahl als ebenso zu enden. Argh die Götter müssen mich echt hassen! Was hatte ich bitte ...

„Ihr seid echt ein hübsches Paar!", meldete sich die ältere Frau mir gegenüber auf einmal zu Wort und lächelte mich warm mit rosigen Wangen an, was ihre Falten verdreifachte.

Entsetz riss ich die Augen auf und meine Kinnlade klappte herab. „Was?! Nein! Wir sind nicht ... ich bin nicht seine ...", stammelte ich völlig überfordert mit der Situation. Was glaubte die eigentlich? Dass ich mich wirklich mit ihm einlassen würde? Diesem durchgeknallten Jujuzisten? Ich kannte ihn bis gestern Abend ja noch gar nicht! Aber woher sollte sie das auch wissen?

„Danke, aber unsere Beziehung ist etwas kompliziert", unterbrach mich Gojo und legte mir wie selbstverständlich einen Arm um die Schultern. Ich hatte übelst Lust ihm meinen Ellenbogen in die Rippen zu rammen, beherrschte mich allerdings um möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Das würde die Situation nur unnötig verkomplizieren. Aber trotzdem ...

„Die jungen Leute immer", murrte der Ehemann nun. „Können einfach keine feste Beziehung mehr führen."

Ich rutschte tiefer in meinen Sitzt und hing dem innigen Wunsch nach einfach in den Polstern zu versinken. Satoru neben mir richtete sich auf und schlug lässig Bein über das andere. „Das ist ziemlich unverschämt Großväterchen", sagte er.

„Das sagt ja der richtige", knurrte ich so leise, dass es niemand hörte, doch mein Mundwinkel zuckte leicht.

„Außerdem", meinte er, hob einen Finger und für einen Moment schien es als wollte er seinem Gegenüber damit gegen die Stirn schnippen. „geht es Sie auch nichts an."

Die ältere Frau schnappte empört nach vor und gab ihrem Mann mit einem scharfen Seitenblick zu verstehen, dass er ja kein Wort mehr mit uns wechseln sollte. Danach starrten beide demonstrativ aus dem Fenster. Ich spürte wie sich meine Schultern entspannten und ich seufzte erleichtert. Dann drehte ich den Kopf und sah zu dem weißhaarigen Jujuzisten auf.

𝐂𝐮𝐫𝐬𝐞𝐡𝐮𝐧𝐭𝐞𝐫 ~ 𝐒𝐚𝐭𝐨𝐫𝐮 𝐆𝐨𝐣𝐨 𝐗 𝐎𝐂Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt