Irgendein Club, irgendein Tag
Seufzend setze ich mich auf den roten Barhocker. Die letzten Tage ging es mir immer beschissener. Ich hab zum ersten Mal seit Drei Wochen wieder über 500$ Schulden, weil ich falsch gesetzt hab. Als Trost hab ich mir dann die erste Line seit 4 Wochen gelegt und gezogen. Ein harter Rückschlag, wenn man bedenkt, dass ich teilweise clean war. Das wars jetzt. Darauf kipp ich mir jetzt erstmal 3 Shots runter. Den Barkeeper interessiert mein Alter nicht, der kriegt so viele falsche Ausweise jeden Abend unter die Nase gelegt, dass er schon am Anfang seiner Schicht aufgegeben hat. Ashton wird mich umbringen wollen. Lyra wahrscheinlich auch. Und Dad... naja den interessiert es eh einen Scheißdreck, was ich tue. Drogen, Mädchen, Alkohol. Alles egal. Der hat vor 2 Jahren nicht nur Mum aufgegeben.
„Wenn ich dich ein drittes Mal in einem Club treffe, würd ich mir Sorgen darüber machen, ob du mich nicht stalkst." Müde schaue ich auf. Als ich das strahlende Lächeln bemerke, straff ich mich sofort. „Rico" Er strahlt eine unglaubliche Freude aus. Und weckt mich sofort ein wenig aus meinem Tief. „Was machst du hier so allein? Kein Mädchen, was du betanzen musst?" Er kichert über seinen eigenen schlechten Witz und ich schnaube auch leise belustigt. Meine Augen wandern über seinen schlanken Körper. Über sein heute blaues Hemd und die schwarze Jeans, die genauso gut dunkel Blau sein könnte. Das kann ich in dem Licht nicht genau sagen. Ob er stehen bleibt? Als würde mein Blick genug sagen und er meine Gedanken lesen können, setzt er sich auf den freien Hocker rechts neben mir. „Ich dachte mir heute lass ich die Mädels mal die Arbeit tun.", scherz ich locker zurück. Gefühle verstecken und verbergen kann ich perfekt. Also auf jeden Fall, wenn ich nüchtern bin, jetzt grade schaff ich es bestimmt aber auch ganz gut. Jetzt mustert mich Rico im Gegenzug. „Eine Fanta!", ruft er dem Barkeeper zu, der zur Bestätigung nickt. „Fanta? Warum nicht direkt eine Apfelschorle?" Er verdreht die braunen Augen. „Ich muss fahren.", erklärt er.
„Ich auch" Seine Augen weiten sich, der einzige Zeichen, das mir zeigt, dass er erschrocken ist über das, was ich grad gesagt hab. „Du fährst noch? Deine Pupillen haben die Größe von Frispiescheiben und du riechst aus deinem Mund, wie eine Vodka Flasche."
„Und mein Bauch ist so flach, wie ein Surfbrett." Er lacht dumpf und schüttelt dabei sanft den Kopf. Bei der Bewegung fliegen ihm ein paar seiner Locken ins Gesicht, die er wieder mit seiner Hand nach hinten schiebt. Der Barkeeper stellt Rico eine Fanta vor die Nase, Rico schiebt ihm 3 Dollar Scheine rüber. "Die verkaufen die Getränke hier viel zu teuer.", meint er murmelnd und trink einen großen Schluck. "Fürs Feiern kann man doch mal mehr ausgeben." Er guckt mich irgendwie so an, als wüsste ich nicht wovon er redet. "Wenn man jedes Wochenende feiern geht und jedes Mal 3 Dollar für eine Fanta ausgibt, die umgerechnet im Laden nur 1 Dollar kostet, dann macht das ganz schön was aus. Aber ich nehme nicht an, dass du weißt, was das bedeutet." Ich ziehe die Augenbrauen hoch. "Nicht?"
"Ich habe dein Haus gesehen, Schätzchen." Schätzchen. So nennt Lyra manchmal ihre Freunde, wenn sie etwas ironisches oder offensichtliches gesagt hat. Doch aus seinem Mund hört sich das Wort viel besser an, als aus ihrem. Ich zucke mit den Achseln. "Dann kauf dir keine Fanta.", schlag ich trocken vor. "Das wär wohl eine Möglichkeit." Er nimmt den kleinen Seitenhieb lächelnd an. Schweigen legt sich über uns. Aber für mich ist es kein unangenehmes Schweigen. Unser Gespräch war nicht erzwungen, genauso wenig wie die Stille, zwischen uns beiden. Naja Stille ist übertrieben, wenn man bedenkt, das um uns herum laut Party gemacht wird. "Willst du tanzen?" Ich schaue zu ihm auf. "Ich will was vögeln." Ich bin selbst etwas überrascht, als das mir einfach so unüberlegt raus rutscht, aber wieder. Rico nimmt es locker und mit zwei Grübchen auf den braunen Wangen auf. "Dann lass uns wen besorgen." Uns. Wir. Und ja, wir besorgen uns was. Es läuft beinahe genau wie beim letzten Mal ab, nur das ich und Rico heute nicht erst wetteifern, sondern von Anfang an ein mehr oder weniger passendes und harmonisch agierendes Team bilden, dass den Club mit einer kleinen, jungen Frau verlassen. Wir fahren mit meinem Wagen, aber Rico besteht darauf zu fahren, was ich zulasse. Ich denk nicht weiter darüber nach, dass mein Auto fast nh Millionen wert ist und ich es irgendeinem Jungen fahren lasse, den ich grade das zweite Mal sehe. Selbst die Session in meinen Zimmer ähnelt der von letzte Mal und obwohl ich erst einmal mit ihm im Bett war, kenn ich seinen Rhythmus schon teilweise. Nachdem wir fertig sind, leg ich mich auf den Bauch und umschling mein Kissen. Rico verschwindet mit ihr. Und dann fallen mir auch schon die Augen zu.
Mit schweren Augen und Kopfschmerzen erwach ich aus meinem Tiefschlaf. Es dauert eine ganze Weile bis ich mich wieder daran erinnern kann, was gestern passiert ist. Was gut ist, denn schon fot genug, wusste ich wirklich gar nichts mehr vom vorherigen Tag. Gestern war scheiße. Alles war scheiße. Bis Rico in der Bar aufgetaucht ist. Seine gute Laune ist wirklich ansteckend. Ob er gut nach Hause gekommen ist? Omg. Sein Auto! Das steht ja noch auf dem Parkplatz beim Club. Ist er gestern Abend wirklich gelaufen? Ich muss ihn unbedingt fragen. Ich greife schon nach meinem Handy, um ihm zu schreiben, da fällt es mir ein. Ich hab ja nicht mal seine Nummer. Was weiß ich überhaupt über ihm, außer dass er Rico heißt und wie er aussieht? Die einzige Möglichkeit, ihn wieder zu sehen, ist, wenn ich noch einmal in den Club gehe. Was ein Glück dass heute erst Samstag ist.
Doch am Abend ist er nicht da. Ich warte ganze 3 Stunden an der Bar, aber nichts. Nach einer weiteren halben Stunde, beschließe ich mich auf den Weg nach Hause zu begeben. Ich schlepp nicht mal mehr ein Mädchen ab. Meine Laune ist genauso mies wie gestern und nur noch etwas Weed bringt mich auf andere, einfache Gedanken. Die ganze Woche überleg ich, wann ich Rico wahrscheinlich wieder sehen könnte, Irgendwann muss er ja nochmal im Club sein, stimmts? Sein Auto stand da auf jeden Fall nicht mehr.
Nur das Kämpfen an den Docks und das etwas Gras was ich noch Zuhause hab, lenkt mich erfolgreich vom Schulstress ab und von den Gedanken an den Spanier. Wenn er das überhaupt ist. In Sprachen und Erdkunde war ich noch nie so richtig gut um ehrlich zu sein. Lyra steht während Ashton kämpft direkt neben mir und guckt mit verschränkten Armen gespannt zu, wie er einen nach dem anderen erledigt. Bis jetzt hat noch keiner seinen Highscore übertroffen. Weder im Football, noch im Schlagen. "Glaubst du ich könnt mich mal prügeln?" Sie guckt nicht mal zu mir, als sie mich das fragt. "Also nur mal so zum ausprobieren.", meint sie schnell hinterher. "Keine Ahnung, ob du das kannst."
"Wow, den Witz höre ich schon jeden Ta von meinen Lehrern, Ed, dann musst du den nicht auch noch bringen." Sie dreht ihren Kopf dann doch zu mir und guckt mich fragend mit grünen, kleinen Augen an. "Ehrlich gesagt, solang du mit dem zusammen bist dann nicht. Ich glaub sogar, selbst wenn du nicht mehr mit dem ins Bett gehst, dass der jeden verprügelt, der dir ein Haar krümmt." Sie verdreht die Augen. "Noch primitiver kann er sich wohl nicht verhalten.", stöhnt sie. "Glaub mir, so verrückt hab ich den selbst nicht erlebt. Ich würd's seinlassen mit dem Prügeln. Außer es ist notwendig.""Kannst du mir nicht ein paar Sachen beibringen?"
"Ich?"
"Ne, der andere Typ, mit dem ich grad zeitgleich rede.", sagts sie in ihrem typisch sarkastischen Ton. Die Menge klatscht und raunt. Der Kampf ist vorbei und Ashton hat gewonnen, na klar. "Egal, vergiss ist." Sie lässt das Thema genauso schnell fallen, wie sie es aufgegriffen hat und als Ashton da ist, um ihr nen fetten Zungenkuss zu geben, hat sie eh ganz andere Sachen zu tun und zu denken. Manchmal fühlt es sich schon ein bisschen so an, als würde mir das Universum das ganze unter die Nase reiben.Hier kleiner Edmond, guck mal. Dein großer, toller Bruder, hat jetzt schon wieder 100% seiner Kämpfe gewonnen. Guck mal hier, er hat schon wieder den entscheidenden Wurf in einem Spiel gemacht. Guck mal hier, die drei Colleges haben schon ihr Interesse an ihm gemeldet. Guck mal hier, seine tolle, sexy, schlaue Freundin, die ihm alles durchgehen lässt, küsst ihn nach seinem Sieg. Ja, sie kümmert sich bei der kleinsten Sache sofort um ihn. Und nicht nur sie, ja guck mal hier, da stehen noch mindestens zwei andere Mädchen in der Schlange, die ihm die Füße küssen würden, wenn er nur einen Tag mit ihnen verbringen würde. Und du? Naja, du siehst ganz gut aus, fast so gut wie dein Bruder. Du bist gut im Prügeln, fast so gut wie dein Bruder. Du bist gut im Football, fast so gut wie dein Bruder. Ach ja, außerdem bist du drogenabhängig, Alkoholiker, dumm wie Brot und nh Freundin kriegst du vielleicht auch irgendwann mal, aber denk dran, die Beziehung wird gut sein, aber nur fast so gut wie die von deinem Bruder.
"Ed, willst du nicht noch?" Ashtons Frage reißt mich aus meinem erbärmlichen Selbstmitleid raus. "Ja, klar.", murmle-knurre ich. Der Sieg fühlt sich nicht halb so gut an, wie er sollte.
DU LIEST GERADE
Nur ein Junge | ✔️
RomanceEdmond Archer, der kleine Bruder von Ashton Archer, war oft einfach der kleine, verzogene Sohn, dem alles egal zu sein scheint. Alkohol, Drogen, Geld, Mädchen und Sex, das sind die Sachen, die ihn interessieren und verfolgen. Aber es hat sich viel...