Forlorn- Die Ferne

Kapitel 6

Auf dem Weg zu Amys Haus schwiegen sie, alle waren mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Der Weg war nicht allzu lang, es war ein kleines Dorf, in dem sie lebten.

Es hatte geregnet, weshalb auch das Feuer der anderen Häuser erloschen war. Manche von ihnen waren bis auf die Grundrisse niedergebrannt, bei anderen hatte es nicht sonderlich viel erwischt.

Livia erlebte auf dem Weg die Emotionen der anderen Bewohner, manche waren am Boden zerstört, da sie nichts mehr besaßen außer ein paar Grundsteine ihres ehemaligen Eigentums, andere, die wenigsten, vergossen Freudentränen, weil der Schaden nicht allzu groß war.

Es würde wohl einige Zeit beanspruchen, das alles wieder aufzubauen, aber Elenore hatte recht, es würde die Gemeinschaft wieder stärken.

Livia erblickte Amys Haus und war froh, dass Amy recht gehabt hatte. Lediglich das Dach war beschädigt, alles andere stand dort wie eh und je.

Gemeinsam traten sie in das Haus, es roch nach Qualm, aber es war auszuhalten. Der Qualmgeruch hatte sich bereits über das gesamte Gelände ausgebreitet, weshalb es keinen großen Unterschied machte. Auch wenn es sicher nicht gesund war, so viel Rauch einzuatmen.

Gemeinsam betraten sie Amys Zimmer und Amy ließ sich direkt auf ihr Bett fallen. Livia konnte sie verstehen, sie hätte es an ihrer Stelle nicht anders gemacht.

Livia und ihr Bruder blickten sich grinsed an, und kamen dann auf Amy zugestürmt, um sie zu kitzeln. Diese quieckte und versuchte sich vor den Händen zu schützen, jedoch ohne Erfolg, weshalb sie sich schlussendlich aus dem Bett warf, woraufhin alle lachten.

Livia schaute ihren Bruder an als er lachte, und eine Welle von Glückshormonen übermannte sie. Es freute sie, ihn fröhlich zu sehen, sie hätte nicht gedacht, dass es so bald wieder passieren würde.

Amy sprang, noch immer lachend, vom Fußboden auf und ging zu ihrem Kleiderschrank. Sie riss ihn voller Elan auf und durchforstete ihre Klamotten. Livia gesellte sich zu ihr und suchte Klamotten für sie und ihren Bruder.

Amy hatte viele Klamotten, weshalb dies keine Schwierigkeit darstellte. Nur Milos Klamotten passten ihm nicht ganz, sie waren ihm zu groß, auch wenn er die kleinsten bekommen hatte, die Amy finden konnte. Und sie waren sicherlich auch nicht ganz seinem Geschmack entsprechend.

Auf dem Weg zu Amy hatte Livia ihr altes Haus gesehen. Es war eines von denen, die sehr viel abbekommen hatten. Sie hatte bei Elenore noch einmal mit ihrem Bruder gesprochen und es stellte sich heraus, dass er erst einmal eine Zeit lang durch das Dorf gewandert war, bis er Livia gefunden hatte. Er kam aus dem Haus, als dies noch stand und fand Livia, als es zusammengestürzt war. Weswegen sie jetzt nichts mehr besaßen. Tolle Voraussicht für die Zukunft.

Livia seufzte, was sie an den Morgen erinnerte. Da wo noch alles gut war. Ihr fiel ein, was sie sich gewünscht hatte. Scheinbar war es nun wahr. Sie schämte sich für sich selber, wie konnte sie sich nur so etwas wünschen? Wünsche waren gefährlich. Man wusste nie, ob sie wahr werden würden.

Wie konnte sie nur jemals so naiv und leichsinnig gewesen sein ? Wie sehr wünschte sie sich nun, wieder in diesem Moment zu sein. Wie gerne würde sie ihre Eltern einfach nur in die Arme nehmen. Und ihnen sagen, dass sie sie liebte. Vor ihrem inneren Auge spielte sich in dem Moment diese Szene ab. Eine glückliche Familie, die sich umarmten und einfach nur froh waren, sich einander zu haben. Sie spürte, wie bei diesem Gedanken Tränen in ihre Augen schossen, und drehte sich peinlich berührt schnell weg von ihrem Bruder und Amy. Ihr Bruder war gerade so fröhlich und lachte, da wollte sie ihm nicht die Laune verderben.

Sie tat so, als würde sie etwas auf dem Boden suchen, und wischte sich schnell ihre Augen. Daraufhin drehte sie sich breit grinsend wieder um:

„So, wie es aussieht, haben wir jetzt so gut wie alle Klamotten zusammen. Ich würde sagen, wir packen es gleich noch alles in Rucksäcke und morgen stehen wir früh auf, um noch zu duschen und die restlichen Sachen einzupacken. Aber wisst ihr, was wir jetzt machen?"