1 Kapitel - Spieltag

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Die stickige Luft und der Geruch von Schweiß erfüllte das Spielfeld. Ich hob meinen verschwitzten Kopf, sodass ich die Zeit an der Tafel erkennen konnte. Mir wurde schlecht, alles in meinen Körper verkrampfte sich und ich spürte wie die Panik, die in mir hochkroch mein Adrenalin noch mehr in Wallung brachte. Die Anzeigetafel signalisierte, dass das Spiel, unser letzter Kampf in dieser Saison, auf was wir so viele Monate drauf hingearbeitet haben in sechzig Sekunden vorbei sein sollte. Nicht nur das man klar an den Gesichtern der Spieler erkennen konnte das sämtliche Kraft dahin war und die Nerven eindeutig blank lagen, nein, es stand auch noch unentschieden. Verdammt. Wir brauchen diesen Sieg so sehr. Die anstrengende Zeit und das Training welches wir mehr als einmal überspannt hatten, musste sich an diesen Tag endlich für uns auszahlen. Unser Trainer Herr Haint hatte uns mehr als deutlich gemacht, er wolle uns an der Spitze der Landesliga sehen. Wie oft hat er uns dazu getrimmt mehr als unser bestes zugeben und wie oft konnte ich am nächsten Morgen kaum noch einen Muskel in meinen Gliedern spüren. Wir wussten alle, dass das nicht leicht sein würde, denn die Mannschaft gegen welche wir spielten, war seit je her die Nummer eins in unserer Liga. Natürlich waren sie klar im Vorteil, die SV Handballer hatten nie Probleme mit Nachwuchsspielern. Ständig konnten sie während eines Spieles auswechseln, doch wir, wir waren immer am Limit, es kam oft vor das wir nur einen Auswechselspieler auf der Bank sitzen hatten, sowie auch an diesem Tag.

Seit der ersten Minute also musste ich spielen und rannte was mein dreiundzwanzigjähriger Körper im Stande war, zu leisten. Wieder im Hier und Jetzt drehte ich mich zu Jessica, die gerade den Ball vom Torwart zugeworfen bekam. Abrupt hob sie ihren linken Arm und zeigte mit ihrem Finger in Richtung gegnerisches Tor. Das ist mein Zeichen. Ohne einen weiteren Blick zurück zu verlieren, rannte ich nach vorn. Meine Beine begannen zu brennen. Ich ignorierte es. Die Lunge schmerzte ins unermesslichste, ignoriere es. Meine Augen fingen an zu tränen. Verdammt noch mal ignoriere es Julia! Reiß dich zusammen. Genau in dieser Sekunde konnte ich den Ball vor meinen Augen erkennen, der sogleich auf den Boden aufschlagen wird. Mitten im Lauf fing ich den Pass von Jessica und sprintete. Das Geräusch von quietschenden Schuhen und der Nachhall vom Dribbeln des Balles erfüllte in diesem Moment das Spielfeld. Mein Blick ist stur auf das Tor der gegnerischen Mannschaft gerichtet. Den Konterangriff, welchen wir zügig und präzise umgesetzt hatten, erlaubte mir meine Beine an der sechs Meter Linie zum Sprungwurf anzusetzen. Ich führte den Ball mit aller Kraft und ausgestrecktem Arm über meine Schulter, damit ich diesen Wurf meine letzte Energie schenken konnte. In dieser Sekunde jedoch glitt mir der Ball aus den Fingern, als ich einen starken dumpfen Schmerz in meiner rechten Rippengegend fühlte und mein Gesicht kurz darauf auf den hellen Untergrund des Linoleumbodens hart aufprallte.

Ein Pfiff ging durch die Halle. Ich hörte meinen Trainer lautstark brüllen.

„Foul! Schmeißt Sie vom Spielfeld, dass ist sieben Meter!"

Alle Blicke sind wegen seiner aufbrausenden Stimme auf ihn gerichtet.
Es ist nicht das erste Mal das er seine Wut in Wort und Tat umsetzte. Der Schiedsrichter blickte zu mir auf den Boden und abermals auf den gegnerischen Spieler, der mich soeben gefoult hatte. Mitten im Sprung hat sich die Nummer vier welche ich an ihren Trikot ausmachen konnte nach oben gestreckt und mir ihren Ellbogen in die Seite gerammt, um mich davon abzuhalten meine Mannschaft zum Sieg zu führen, denn genau das wäre passiert.
Mit wackeligen Knien versuchte ich mich wieder auf die Füße zu stellen und das Stechen in der rechten Seite auszublenden. Mir gelang es außerordentlich gut, denn ich merkte wie es in mir kochte und der Schmerz den ich soeben noch fühlte in Hass umwandelte, als ich in die braunen Augen meiner Peinigerin sah und den Schalk in ihnen wieder fand. Jetzt reichts. Ich ging auf die Nummer vier zu und stieß sie mit beiden Händen an ihren Brustkorb, sodass sie ins Straucheln geriet. Meine rechte Hand krallte sich in ihr Trikot und zog sie so rabiat an mich heran, das ich ihren Atem auf meinen Gesicht spürte.

Sieben Meter zur VersuchungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt