Kapitel 5

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Zwei Tage später lief ich mit einem komischen Gefühl durch das Tor der Grundschule und wollte zu Mrs Kruger.

Die Klassenlehrerin meiner zwei kleinen Zwillingsbrüder hatte meinen Vater um ein Gespräch gebeten, doch da er mal wieder keine Zeit hatte, musste ich das jetzt übernehmen.

Ich bog gerade um eine Ecke in Richtung des vereinbarten Raumes, als ich mit etwas großem, harten zusammenstieß.

"Wenn wir weiter so gegeneinander knallen, wird sich irgendwann mal noch jemand weh tun!", lächelte mich Finn an.

"Und du bist schuld, wenn du immer so um die Ecken rennst!", erwiderte ich gespielt ärgerlich.

"Wer stürmt denn durch sämtliche Schulen, als wäre ein Massenmörder hinter ihr her?"

Er knuffte mich freundschaftlich in die Seite und fragte, was ich hier in der Grundschule tat.

Mit einem Mal wurde meine gerade so gute Laune etwas schlechter.

Selbst das schien er zu bemerken und sah mich verunsichert an.

Schnell versuchte ich wieder zu lächeln und antwortete, dass ich ein Gespräch mit der Klassenlehrerin meiner kleinen Brüder hätte, da mein Vater ausgerechnet heute so viel zu tun hätte.

Ausgerechnet heute...haha der war gut...

"Das ist ja lustig, ich bin aus demselben Grund hier.", sagte Finn und schenkte mir noch ein warmes Lächeln, bevor wir uns verabschiedeten, da ich meinte, ich sei sowieso schon etwas spät dran und müsse jetzt los.

Ich beschleunigte meine Schritte. Finn war wirklich lieb. Er wusste nichts von meiner chaotischen Familie und doch hatte ich das Gefühl, er könne mich irgendwie verstehen. Das erste Mal hatte ich das Gefühl, dass ich mehr für ihn empfinden könnte. Er aber höchstwahrscheinlich sowieso nicht für mich. Was sollte so ein Junge wie Finn auch von so einem Mädchen wie mir wollen?

Immer noch in Gedanken stand ich plötzlich vor Mrs Kruger's Tür.

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Kurze Zeit später kam ich niedergeschlagen aus der Schule heraus.

Mrs Kruger hatte mir mal wieder erzählt, Nick und Noah hätten sich seit dem Tod unserer Mutter so sehr verändert und auch ihre schulischen Leitungen würden nachlassen, bla bla...

Nichts neues..

Ich wusste, sie meinte es nur gut und natürlich musste ich es ernst nehmen, aber ich hatte schon gefühlte Millionen dieser Gespräche hinter mir und das einzige, was ich merkte war, dass die Lehrer und Lehrerinnen einfach keine Ahnung hatten.

Schon so viele Lehrer hatten mich auf mein Verhalten und meine schulischen Leistungen angesprochen, doch was sollte ich tun?

Die Lehrer sagen einem immer nur, dass man etwas ändern muss. Aber wie man es ändern kann, darüber macht sich natürlich niemand Gedanken.

Was sollte ich tun? Mom zurückholen? Ich würde alles dafür tun.

Ich spürte, wie sich eine Träne aus meinem Augenwinkel löste und über meine Wange lief.

Diese verfluchten Gefühle immer, konnte die denn niemand mal abstellen?

Ich lief über den Pausenhof und sah Finn am Tor stehen. Er schien auf mich zu warten. Ich wischte mir schnell die einzelnen Tränen aus den Augen und zwang mich zu einem Lächeln.

Doch umso näher ich kam und umso genauer er mich sah, umso dunkler wurde sein Gesichtsausdruck.

Als ich bei ihm ankam, nahm er meine Hand und sah mich besorgt an.

Not A Bad LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt