05.05. - 09.05.

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Montag, 05.05.

Mir geht es den Umständen entsprechen gut. Die Nacht war ok und ich schaue dem Gespräch mit dem Kindearzt recht positiv entgegen.

Wusstet ihr eigentlich das Fruchtwasser ständig nachproduziert wird? Mit einem Blasensprung ist das echt nicht lustig. Ständig hat man das Gefühl in die Hose zu machen – und das ist echt nervig und unangenehm.

Bei der Visite teile ich dem Professor mit das ich mit dem Kinderarzt sprechen möchte. Er hält das für eine gute Idee und tut so als stamme sie von ihm. Eigentlich wäre es mir ganz lieb wenn Marco bei dem Gespräch mit dabei sein könnte aber leider kann mir niemand sagen wann der Kinderarzt Zeit hat.

Es dauert nicht lange und der Kinderarzt kommt zu mir ins Zimmer. Ich habe ihn schon bei meiner ersten Geburt kennengelernt und weiß, dass er sehr nett ist.

Dr. Fischer (Der Name ist ein Pseudonym) erklärt mir, dass wir uns in einer medizinischen und juristischen Grauzone befinden. Sollte es jetzt zu einer spontanen Geburt kommen, dürfen die Ärzte nichts unternehmen.

Kinder, die in der 22. oder der 23. Schwangerschaftswoche geboren werden, gelten als Frühgeburten an der Grenze der Lebensfähigkeit. Sie können, aber sie müssen nicht behandelt werden, so lauten die ärztlichen Leitlinien.

Für beide Haltungen gibt es gute Argumente: Etliche der extremen Frühchen holen ihren Entwicklungsrückstand gut auf und führen später ein normales oder fast normales Leben. Doch je unreifer ein Kind geboren wird, desto größer ist das Risiko, dass es blind oder taub wird oder ein Leben lang auf Hilfe angewiesen ist. Er befürwortet unsere Entscheidung gegen eine Cerclage. Rät mir aber trotzdem zur strikten Bettruhe. Nur zur Toilette darf ich noch aufstehen. Wir müssen der Natur ihren Lauf lassen. Sollen abwarten und wenn das Baby und ich bis Schwangerschaftswoche 21+0 durchhalten, dann wäre eine Cerclage sinnvoll.

Ich sage ihm, dass ich nicht möchte, dass mein Kind leiden muss, sollte es das Licht dieser Welt erblicken. Wenn es zur Welt kommen sollte, und es behandelt werden darf möchte ich dies nur wenn wirklich eine Chance besteht. Auf gar keinen Fall möchte ich, dass an unserem Kind herumgedoktert wird wenn es eigentlich aussichtslos ist.

Im Nachhinein glaube ich, dass Dr. Fischer sehr erstaunt war über meine Einstellung. Aber auch diesmal konnte er das alles nur Befürworten. Er verspricht mir von nun an immer mal wieder vorbei zu schauen. (Und er hat Wort gehalten. Wenn er nicht im Urlaub war, wurde ich mindestens 2x die Woche von ihm besucht.)

Heute, Montag der 05.05. befinde ich mich in SSW 19+5

Eventuelle Durchführung einer Cerclage in SSW 21+0. Das ist der 13.05..

Noch 8 Tage. 8 unendliche lange Tage

Meine To-do-Liste für die kommenden Tage:

- durchhalten

- liegen bleiben

- positiv denken

 

Das Gespräch tat mir echt gut. In weiter, weiter Ferne kann ich ein winzig kleines Licht sehen. Ich wünsche und hoffe es erlischt nicht!

 

Chatverlauf zwischen Freunden

05.05.14 11:41:39: Jutta: Also der Kinderarzt sagt das wir aus seiner Sicht die richtige Entscheidung bezüglich der Cerclage (sie im Moment nicht zu machen) getroffen haben. Aus Erfahrung hält diese meist nur 2-3 Wochen was in meinem Fall zu wenig wäre. Es wird jetzt weiter abgewartet. Wir müssen jederzeit mit einer Fehlgeburt rechnen. Sollte in 1-2 Woche weiter alles stabil bleiben und ich keine Infektion bekommen würde man nochmal über die Cerclage sprechen. Natürlich kann auch hierbei etwas schief gehen. Ab 23 1/2 kann dann auch eine Lungenreife stattfinden. Die Überlebenschance ab der 24. Woche liegt bei ca. 70% Prozent. Sollten wir es soweit schaffen kann aber niemand sagen wie krank das Kleine ist. Wir werden sehen was passiert. Liebe Grüße

... und plötzlich hält der Himmel den Atem an und ein Wunder geschieht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt