30.04.2014

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Wer von Euch hat in seinem Leben schon einmal eine schwierige Zeit durchgemacht? Höchst wahrscheinlich wird sich jeder denken „Ich"!

Aber habt ihr euch schon einmal wirklich Gedanken darüber gemacht was es heißt „eine schwierige Zeit durchmachen"? Und wenn Ihr jetzt darüber nachgedacht habt frage ich Euch noch einmal:

Hab ihr in eurem Leben schon einmal eine schwierige Zeit durchgemacht?

Ich kann diese Frage mit einem lauten und klaren JA beantworten!

Das Jahr 2014 wurde zuerst zu dem schlimmsten und dann zu dem wunderschönsten in meinem bisherigen Leben.

Zuerst einmal zu meiner Person: Meine Name ist Jutta, am heutigen Tage (als ich angefangen habe meine Erinnerungen aufzuschreiben war übrigens der 24.11.2014) bin ich 29 Jahre alt, verheiratet und Mutter von 2 Kindern (5 und 24 Monate).

Mittwoch, 30.04.2014 - Schwangerschaftswoche 19+0

Normalerweise arbeite ich montags und freitags. Da auf der Arbeit aber einige krank sind arbeite ich auch an diesem Mittwoch. Mir geht es gut. Der starke Ausfluss den ich Anfang April hatte, und laut meiner Gynäkologin harmlos war, ist zum Glück verschwunden. Heute ist es ziemlich stressig auf der Arbeit und irgendwann merkt das wohl auch das kleine Wesen das zurzeit in meinem Bauch wohnt. Im Laufe des Vormittags fühle ich mich nicht mehr so gut und bei meinem nächsten Gang zur Toilette merke ich dass ich eine winzige Spur Blut in der Unterhose habe. Da ich nicht zum Hypochonder mutieren will rufe ich nicht bei meiner Frauenärztin an und warte erst einmal ab. Meine erste Schwangerschaft ist nicht ganz komplikationslos verlaufen, und ich habe Angst meine Frauenärztin könnte mich in die Klinik schicken, weshalb ich beschließe meine Hebamme zu fragen ob sie mich heute Nachmittag zu Hause untersuchen kann. Nachmittags kommt meine Hebamme vorbei und untersucht mich. Der Muttermund ist geschlossen und sonst kann sie auch keine Auffälligkeiten feststellen. Sie bitte mich aber mich etwas mehr zu schonen. Ich verspreche ihr mir Mühe zu geben - allerdings ist das mit einem Kind von 17 Monaten nicht ganz so einfach. Mein Mann arbeitet Schicht und die Tage an denen er Spätschicht hat sind sehr anstrengend für mich, da unser Sohn noch so seine Probleme beim Einschlafen hat. Heute hat Marco (mein Mann) wieder Spätschicht.

Es ist ca. 20:15 Uhr, Jonas (unser Sohn) ist im Bett und im Haushalt ist auch alles erledigt - Feierabend. Ich sitze auf der Couch mit einem Nutella Brot in der Hand und schaue fern als ich plötzlich feststelle, dass meine Hose komplett nass ist. Wirklich mein allererster Gedanke ist „Oh Gott meine Fruchtblase ist geplatzt". Auf dem Weg zum Badezimmer überlege ich ob das wirklich Fruchtwasser ist. Vorsorglich rieche ich an meiner Hose ob sie nach Urin riecht, dem ist aber nicht so. Als nächstes rufe ich meine Hebamme an und frage sie wie wahrscheinlich es sein kann, dass mir gerade die Fruchtblase geplatzt ist. Sie beruhigt mich und sagt mir es sei unwahrscheinlich und das es bestimmt Urin sein. Ich schildere ihr wie alles von statten ging, dass es sich um eine sehr große Menge Flüssigkeit handelt und das meine Hose auch nicht nach Urin riecht. Daraufhin rät sie mir ins Krankenhaus zu fahren. -Schock-

Checkliste:

Marco anrufen

Mama und Papa anrufen die sich um Jonas kümmern

Tasche packen

Um kurz nach 21:00 Uhr sind wir in der Klinik. Mir läuft immer noch Wasser die Beine runter. Zum Glück ist heute nicht viel los und ich komme ziemlich schnell dran. Ich schildere dem diensthabenden Arzt was passiert ist und das mir unaufhaltsam Wasser davon läuft. Der Arzt (leicht genervt) hebt die Hand und sagt „Wir schauen".

Zu Erst macht er einen normalen abdominellen Ultraschall. Das Herz schlägt - Sehr gut!

Als nächstes darf ich mich auf den überaus unbequemen Gynäkologenstuhl zum Vaginalultraschall setzen. Beim Aufstehen von der Liege und auch beim Entfernen des Ultraschalkopfes geht wieder ein ganzer Schwall Wasser ab. Im Ultraschall ist zu sehen, dass so gut wie kein Fruchtwasser vorhanden ist. Wahrscheinlich ist es vorgeschrieben, dass als nächster Schritt ein Lackmustest gemacht werden muss. Um diesen Test durchzuführen benötigt der gute Herr Doktor ein Spekulum (in den darauf folgenden Wochen wurden ähnliche Tests von anderen Ärzten der Klinik durchgeführt - ohne Spekulum).

Spekulum Nummer 1 passt nicht - beim Rausziehen wie soll es auch anders sein geht wieder Fruchtwasser ab.

Spekulum Nummer 2 - passt ebenfalls nicht.

Spekulum Nummer 3 passt!

Wie nicht anders zu erwarten ist der Test positiv.

Er nimmt noch weitere Abstriche und Blut ab und nach einer langen Liste von Fragen seinerseits sagt er uns endlich was los ist.

O-Ton Arzt: „Sie wissen ja was das jetzt bedeutet"

Mehr nicht!

Ich bin am Boden zerstört und zittere am ganzen Körper. Nicht in der Lage auch nur eine Frage zu stellen. Marco geht es nicht anders. Der Arzt sagt mir das ich jetzt stationär aufgenommen werden und fragt ob ich etwas zur Beruhigung möchte. Meine Gedanken sind bei meinem ungeborenen Kind und ich sage dem Arzt, dass ich deshalb nichts zur Beruhigung möchte. Er aber sagt das würde jetzt auch nichts mehr machen. - Na dann, vielen Dank auch!

Mittlerweile kann ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Zum Glück bekomme ich ziemlich schnell ein Zimmer. Wir sind beide fix und fertig. Das allererste was mir in den Sinn kommt frage ich die Krankenschwester: „Muss ich das Kind tot zur Welt bringen?" (Nach 2 Wochen wurde ich auf eine andere Station verlegt - die Krankenschwester der ich diese Frage stellte, besuchte mich einmal und sagte mir, dass sie noch immer Gänsehaut bekommt wenn sie an diesen Moment zurück denkt.) Die Krankenschwester ist sehr nett, versucht uns zu beruhigen und hängt mir eine Infusion an. Mittlerweile ist es ca. 22:30 Uhr. Marco holt meine Tasche aus dem Auto und bittet meinen Papa ihn abzuholen da er nicht mehr in der Lage ist in seinem aufgelösten Zustand Auto zu fahren.

Wie in einem Mantra sagt mir Marco das wir das alles schaffen werden. Das es vielleicht nicht sein soll dieses Kind zu bekommen und das ich an mich und vor allem an Jonas zu Hause denken soll. Unter Tränen verabschieden wir uns.

Alle Nachrichten die hier zu lesen sind, sind original!

30.04.14 23:35:54: Marco an Jutta: Lieb dich! Dicken Kuss!

30.04.14 22:55:12: Jutta an Freunde: Ich bin im Krankenhaus und es sieht nicht gut aus. Wollte nur das ihr bescheid wisst. Werde mich jetzt aber erstmal nicht mehr melden!!

30.04.14 22:57:45: Freundin 1: Pass auf dich auf!!! Melde dich halt bitte wenn du genaues weißt. Alles Liebe, ich denk an dich💋

01.05.14 00:04:08: Freundin 2: Oh nein!! Ich drück die Daumen! Denk an euch! 😘

30.04.14 23:01:11: Freundin 3: Hey Süße. Das tut uns sehr leid. Sind in Gedanken bei dir/euch. Ich werde eine Kerze für euch anzünden! Wenn dir wieder danach ist, kannst du dich jederzeit melden! Wir sind für euch da! Sag das bitte auch Marco! Fühlt euch gedrückt!

... und plötzlich hält der Himmel den Atem an und ein Wunder geschieht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt