Wenn sie nur anderst geantwortet hätte

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Es war in einem Wintermonat. Die Luft schmeckte nach Frost und er saß wie immer da und wartete auf das gleiche kleine Mädchen, das er zweimal im Jahr besuchte, jeden Winter und Sommer.

Er saß auf dem Kopf eines hässlichen Wasserspeier, am Gebäude gegenüber ihrem Fenster. Es war ein Ort, den er vor Jahrzehnten als seine eigenen beanspruchte, als sie noch acht Jahre alt war und er sie in dieses wundersame Land mitgenommen hätte, in die ferne Welt von Nimmerland. Sie kam und spielte, wachte über die Lost Boys, erzählte ihm neue Geschichten und versuchte zu beweisen, dass sie sich seit seinem letzten Besuch in London nicht verändert hatte. Zumindest nicht viel.

In den ersten Jahren nach ihrem großen Abenteuer und dem Sieg über Hook war Wendy aufgeregt, Tinker Bell und die Lost Boys und die Indianer wiederzusehen. Sie war aufgeregt, die Meerjungfrauen zu beobachten, die mit Blasen von beiden Seiten des Regenbogens spielten, um diese alten Piratenlieder noch einmal zu hören.

Aber jetzt gab es Dinge, die sie daran hinderten, dies zu tun. Jedes Mal, wenn Peter sie bat, mit ihm in die verne Welt zu fliehen in der Hitze und Abenteuer ewig andauerten, lächelte Wendy nur und schüttelte den Kopf über ihn und ließ ihn am Fenster zurück.

In den ersten Jahren versuchte sie noch zu erklären, warum sie nicht mit ihm gehen kann. Manchmal war es ihr Job, der ihre Anwesenheit verlangte, eine andere Geschichte, die bearbeitet werden muss. Manchmal waren es ihre Kinder. Manchmal schaute sie einfach einen Moment auf ihn und sagte: "Ich habe vergessen, wie man fliegt."

Und wenn Peter lächelte und ihr anbot, sie wieder zu unterrichten, zuckte sie mit den Schultern und sagte zu ihm: "Es hat keinen Sinn. Für Nimmerland bin ich sowieso zu groß."

Als sie schließlich verstand, dass keine dieser Erklärungen durch den dick Schädel des Never-Boys kommen würde, begann sie sich daran zu gewöhnen, mit einem tränenreichen Lächeln den Kopf zu schütteln und einfach nein zu sagen. Und Peter würde sich immer fragen, warum sie nicht mit ihm weglaufen möchte. Und so kommt es, dass sie immer diejenige ist, die das letzte Wort sagt, das Fenster schließt und wieder hineingeht.

Er saß da, schaute in das helle Licht, das durch die durchsichtigen Vorhänge der Wohnungen kroch, und erinnerte sich, wie ihr Gesicht aussah, nur durch das schwache Licht der Nimmerland-Feen. Früher leuchtete es, die Augen verwandelten sich in helle, goldene Fackeln, die selbst in den hellsten Sternen Neid entfachten. Aber jetzt...

Jetzt sitzt sie dort, unter diesem schicken Kronleuchter in der gleichen alten Londoner Wohnung, mit zwei großen braunen Augen, dunkel und kalt wie Höhlen.

Sie saß dort mit ihren Freunden und schaute nach draußen, nur für den Fall. Als sie die vertraute Figur auf dem Wasserspeier sitzen und sie ausspionieren sah, weiteten sich ihre Augen ein wenig vor Entsetzen. Aber diesmal ignorierte sie ihn. Es gab keine Entschuldigung auf dem Balkon, keinen Versuch, mit ihm zu sprechen, nicht einmal den Versuch, ihn mit einer Handgeste wegzuscheuchen. Sie ignorierte ihn einfach. Drehte sich um und kehrte zurück zu ihren Freunden, die... jene... Erwachsene, die vorgeben, den bewundernden Blick des kleinen Jungen, den sie einst kannte, nicht zu bemerken.

Peter schluckte mit einigen Schwierigkeiten. Er erinnerte sich an eine der Nächte in Nimmerland, als beide im Licht des Vollmondes tanzten, Feen um sie herum, in komplexen und zarten Mustern. Und sie war da, sah selbst aus wie eine große Fee, glühte in Perlweiß und lächelte ihn an.

Er erinnerte sich, wie er ihr einen Fingerhut geben wollte und entdeckte, dass er nicht den Mut dazu hatte. Und dann erinnerte er sich daran, wie er diesen magischen Moment ruinierte (die gleiche Magie, die es seit Ewigkeiten in diesem wilden, längst verlorenen Land nicht mehr gegeben hat), als er sie mit zittriger Stimme fragte: "Es ist nicht echt oder Wendy? Wir spielen nur?"

"Ja. Es geht nur darum, sie glauben zu lassen."

Wenn sie nur anders geantwortet hätte.

Peter Pan One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt