[ 02 ] FLOOR

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Stechende, kaum auszuhaltene Schmerzen waren das erste was Kenma wahrnahm. Mit fest geschlossen Augen wachte er, ungemütlich verdreht auf eiskaltem Boden auf. Seine Arme und Beine fühlten sich taub und steif an und sein Kopf dröhnte so laut, dass er nach wenigen Sekunden in dem er Herr seiner Sinne wurde wieder in einem Halbschlaf abdriftete, sein Körper wusste nicht wie er mit den ganzen überwältigen Input klar kommen sollte.

Als er das zweite mal aufwachte wusste er nicht wie viel Zeit vergangen war, es war als wären Stunden vergangen und doch fühlte er sich als wäre er nur für wenige Sekunden bewusstlos, hatte nichts geträumt. Der seichte Nebel, der nach dem Aufwachen von einem langen Schlaf den Geist betäubt und die Orientierungslosigkeit von denen der Blonde noch ein wenig benommen war, legten sich allmählich.
Er wusste nicht wo er war, es brauchte einige Momente in denen er sich zurecht finden musste und erst erinnern konnte was passiert war oder viel eher an was er sich noch erinnern konnte. Nach dieser Realisation folgte eine übermannende Welle an Schmerz, die ihn unerwartet traf und seinen Körper krampfhaft zusammen zucken und anspannen ließ. Er knirschte seine Zähne zusammen in der Hoffnung es würde ihn ein wenig ablenken doch es half nicht, alles schien ihm gerade zu laut- die Stille.

Als er sich intuitiv an den Kopf fassen wollte, hielt ihn etwas auf.
Seine Hände waren hinter seinem Rücken mit einem kratzigen, fingerdicken Seil fixiert, welches er zwar nicht sehen aber dafür durchaus spüren konnte. Einige Momente in denen er erfolglos versuchte den Knoten zu finden oder zumindest die Stränge an Fasern ein wenig zu lockern, verstrichen bis er weiter an sich herunter schaute. Seine Knie waren mit festem Ductape zusammen gebunden und seine Beine mit dem selben Seil gefesselt.
Geschickt versuchte Kenma sich auf die Seite zu wälzen, seine Knie so nah an seine Brust heranzuziehen wie möglich und sich so zu verrenken, dass seine Hände seine Fußgelenke erreichten um sich zu befreien doch alles zwecklos, nur wunde Stellen und ein brennendes Gefühl des rauen Stricks brachte dieser Versuch, ein Erfolgserlebnis blieb aus. Weil er nicht gleichzeitig sehen und sich von seinen Fesseln befreien konnte, musste er allein auf sein Gefühl vertrauen und das half bei seinen taub gewordenen Fingerkuppen nicht viel.

Resigniert ließ er vollkommen von den Seilen ab und sah sich mehr seine Umgebung an.

Kenma lag zusammengekauert auf einer dünnen Decke in einer Ecke des grauen, fensterlosen Zimmers. Neben ihn gab eine rostige Heizung hin und wieder ein leises Gluckern von sich, drei heruntergekommene Stühle und ein Regal mit verschiedensten Fläschen in allen Größen und Farben, waren an die Wand gerückt.
In der Mitte des Zimmers stand eine Arztliege mit metallischer Oberfläche, daneben ein kleiner Tisch auf Rollen mit unidentifizierbaren Werkzeugen und dahinter erstreckte sich ein großer Arbeitstisch auf dem sich von Büchern in fremden Sprachen bis zu ausgestopften Tieren alles an komischen Gegenstände stapelten.
Alles in dem Raum schien steril, beängstigend ohne jeglichen Hinweis darauf, dass ein lebendes Wesen jemals hier gewesen war.
Dem Fakt nach zu urteilen, dass der Junge hier aufgewacht war, die letzte Person der er begegnet auch die zu sein schien, die jemanden so brutal umgebracht und aufgehängt hatte, lag es nicht weit entfernt zu glauben der Fremde wäre der mysteriöse Serienmörder Tokyos, der 'Disfiguring'. Und Kenma sein nächstes Opfer- dem war er sich absolut sicher.

Diese Feststellung brachte mehr Fragen als Antworten mir sich. Wieso er von allen Menschen? Der blondhaarige hatte bereits durch verschiedenste Nachrichtensender am Rande mitbekommen, dass der Täter zwar kein festes Beuteshema besaß aber trotzdem verstand er nicht was ihn von all den Leuten besonders machte. Vielleicht war er einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen, zufällig genau die Person, die den Leichnam zuerst entdeckte und so ausgewählt wurde doch das erklärte nicht warum der Unbekannte seinen Name kannte. Immer noch drohte er sich zu übergeben, wenn ihm ungewollt die Bilder der zugerichten menschlichen Überbleibsel in den Kopf schossen. Die kleinsten und gewalttätigsten Details hatte er bereits verdrängt und wünschte auch der Rest könnte einfach aus seinen Erinnerungen gelöst werden.
Was passierte nun mit ihm? Er hatte keine Ahnung, noch waren seine Hoffnung auf eine Flucht groß aber sein Plan noch nicht entworfen und ausgefeilt. Es war Zeit sich etwas auszudenken doch er fühlte sich so übermannt von all den neuen Informationen, dass er kaum einen Satz oder eine Idee mental zusammen bringen konnte.

LOVE ECHO // kuroken. Where stories live. Discover now