Viele Wiedersehen (11)

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"Also... du willst mir ernsthaft erzählen, dass du gegen einen Dämon gekämpft hast, der deinen Opa befallen hat, von einem anderen Dämon gerettet wurdest und ein... ein Wesen mit magischen Superkräften gefunden hast, das dir gehört.", fragte Tobi skeptisch. Timo nickte und wetzte weiter aufgeregt vor seinem besten Freund, über die quietschenden Dielen, auf und ab. "Genau!"
"Du weißt, dass du wahnsinnig klingst, wenn du solche Sachen erzählst?"
"Du... du glaubst mir nicht. Natürlich glaubst du mir nicht. Ich würde mir auch nicht glauben.", murmelte Timo niedergeschlagen. Seine Geschichte war verrückt, er wusste es, aber sie war doch wahr!
Tobi zog pfeifend Luft durch die Zähne und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. "Hör zu, ich will dir glauben, aber das klingt total... unrealistisch. Bist du dir sicher, dass du nicht hingefallen bist, und deinen Kopf angeschlagen hast, oder so?", fragte er besorgt.
Genervte schüttelte Timo den Kopf. "Nein, nein. Ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Ich kann dir das auch beweisen! Der Dämon hat mir Sachen dagelassen. Einen Gehstock, ein Glas und Geld, aber er hat gesagt das ist in Euro... Außerdem...", weiter kam er nicht, denn er wurde von panischem Geschrei unterbrochen. "Oh Mist! Puppe! Laufende Puppe! Renn wag, Timo! Bestimmt hat die ein Messer! Das ist wie in 'Chucky'! Mörderpuppe! Ich will nicht sterben! NEIN!", brüllte Tobi und stellte sich schnell auf den Stuhl, auf dem er gesessen hatte. "Hä?", fragte Timo verwirrt und sah in die Richtung in die sein bester Freund zeigte.

Am anderen Ende des Ganges stand Blitz und winkte. Sein Gesicht war so emotionslos wie immer, nun aber von unzähligen Rissen durchzogen. "Hallo, Lord Timo. Ich melde mich zurück um zu dienen.", sagte das kleine Wesen und Timo glaubte Dankbarkeit in seiner Stimme zu hören, vielleicht täuschte er sich aber auch. "Hallo Blitz!", rief Timo überglücklich, "Tobi, du musst keine Angst haben. Das ist Blitz! Das, von den ich dir erzählt habe! Pretio hat es wirklich zurückgeholt!" Langsam stieg Tobi vom Stuhl, sehr offensichtlich dazu bereit jeder Zeit wieder heraufzuspringen. "Blitz, das ist Tobi, er ist mein bester Freund.", stellte Timo seinen Kumpel vor. Blitz nickte. "Sehr wohl. Ich werde Ihnen, soweit ich nicht etwas für Lord Timo zu erledigen habe, natürlich auch zu Diensten stehen, Lord Tobi.", sagte es. "E-e-echt?", stammelte Tobi. Erneut nickte das Wesen. "Unser Kampf gegen Katharina hat ein gewaltiges Chaos hinterlassen. Ich werde aufräumen gehen, bevor der arme Lord Waldemar das noch sehen muss.", meinte Blitz und sah Timo an, als würde es auf Zustimmung warten. "Ja, das ist vermutlich wirklich eine gute Idee. Ich will gar nicht wissen wie meine Mama reagiert, wenn es hier so aussieht. Machst du das Wohnzimmer sauber und ich oben?", antwortete der Schnüffler. "Selbstverständlich.", antwortete Blitz und flitzte davon. "Was zum... als ob das wahr ist! Oh man... Dämonen... Wie ist das möglich? Ich... aber... Timo! Ich helfe dir oben. Vielleicht hilft Aufräumen mir dabei mich zu beruhigen.", stotterte Tobi und legte seine Hände fest wie ein Schraubstock um Timos Arm. Sein Augen waren weit aufgerissen und er betrachtete seinen besten Freund, als sei er ein Ertrinkender und Timo eine rettende Insel am Horizont. "O-okay.", antwortete der Schnüffler etwas überfordert.

Zusammen liefen die beiden in den ersten Stock. Erst jetzt fiel Timo überhaupt auf wie chaotisch es eigentlich war. Es sah aus wie auf einem Schlachtfeld: Bilder lagen auf dem Boden, Kommoden waren umgeworfen und ein komischer, schwarzer Fleck markierte die Stelle auf dem Teppich, die von Katharinas Magie getroffen worden war. "Verdammt.", murmelte Timo verzweifelt. Wie sollte er hier je wieder Ordnung reinbringen? Tobi legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. "Hey, wir schaffen das schon! Ich räume dein Zimmer auf und du den Gang. Im nu sieht es hier aus wie früher.", meinte er. Timo nickte. Ja, mit dem Plan konnte er etwas anfangen. Er stellte zuerst die Kommoden wieder auf, dann platzierte er die Bilder wieder an die Stellen an den Wänden und auf den Schränkchen, an die sie gehörten. Er wollte gerade loslaufen um einen Besen zu holen, mit dem er versuchen wollte den Fleck aus dem Teppich zu bürsten, als Tobi aus seinem Zimmer gerannt kam. "Dein Freund, der Dämon, ist völlig wahnsinnig! Das sind 10.000 Euro! Der hat einfach mal hundert 100-Euro-Scheine da gelassen! Ich habe die gezählt!", rief  er und schwenkte ein dickes Bündel Scheine durch die Luft. "Hammer! Lass sie uns teilen! Jeder bekommt eine Hälfte.", antwortete der Schnüffler aufgeregt. "Aber... das sind doch deine. Der Dämon hat die doch für dich da gelassen.", meinte Tobi unsicher. "Für mein kaputtes Handy, aber das kostet keine 10.000 Euro. Du kannst gerne die Hälfte haben, dann kannst du dir endlich die neuen Sportschuhe kaufen, die du unbedingt willst! Sieh es als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk an.", entgegnete Timo. Tobi begann das Geld abzuzählen. "Okay, aber nur weil es als Geburtstagsgeschenk zählt."

Blitz war überraschend schnell mit dem unteren Stockwerk fertig, was vermutlich auf seine magischen Kräfte zurückzuführen war, und wuselte dann die Treppe herauf um Timo und Tobi zu helfen. Es war überhaupt nicht überrascht, dass Pretio so viel Geld dagelassen hatte. "Der Lord Pretio pflegt sehr großzügig gegenüber seinen Verbündeten zu sein. Er verspricht sich daraus große geschäftliche Vorteile.", meinte es einfach, als Timo es auf das Geld ansprach. Der Schnüffler verstand das zwar nicht so ganz, schließlich war er kein Geschäftsmann, aber er beschloss die Situation einfach nicht zu hinterfragen.
Er hatte Tobi schon lange nicht mehr so glücklich gesehen. Es war, als hätte man ein gigantisches Gewicht von seinen Schultern genommen. Vermutlich war dies das erste mal, dass seine Familie 5000 Euro hatte. Den Rest der Aufräumarbeit erledigten die drei schweigend und dank Blitz unnatürlich schnell. Schon bald saßen sie wieder im Wohnzimmer auf den Sesseln. Blitz hatte es sich auf dem Teppich bequem gemacht und bewegten sich nicht. Hätte Timo es nicht besser gewusst, hätte er es schon wieder für eine Puppe gehalten. Tobi und Timo spielten Mensch-ärgere-dich-nicht und tranken Apfelsaft. Timo benutzte das coole Glas, das Pretio ihm geschenkt hatte und Tobi stützte sich auf den wertvollen Gehstock, wie ein englischer Unternehmer des 19 Jahrhunderts. Sie hatten eine Menge Spaß.

Plötzlich ertönte ein Klicken, die Eingangstür öffnete sich und die Stimme der Mutter des Schnüfflers hallte durch das Haus. "Ich bin wieder da! Tut mir leid, aber es gab einen riesigen Stau und außerdem war der lokale Blumenladen geschlossen und ich musste in die nächste Stadt fahren. Ich hoffe bei euch ist alles gut gewesen."
Timo, Tobi und Blitz sahen sich an und kamen zu der stummen Übereinkunft, dass sie Timos Mutter nichts von ihrem dämonischen Abenteuer erzählen würden. Eine andere Erklärung würde ihnen sicher noch einfallen.

Das Foto: Des Schnüfflers Fund Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt