Van-Helsing-Academy

Dienstag Abend

Zutiefst verstört fuhr Draco aus dem Schlaf. Was war das gewesen? Schon sehr früh hatte Draco die vorzüge des Schlafens und des damit verbundenen Träumens für sich entdeckt. Anders als einige andere Vampire empfand er Schlafen keineswegs als Zeitverschwendung. Man konnte hervorragend über Dinge nachdenken, ohne durch die Umgebung abgelenkt zu werden und teilweise erhielt man sogar wahre Inspirationsschübe in Form von Träumen.

So ein Traum war Draco jedoch noch nie gekommen. Die Furcht, das Gefühl einen fatalen Fehler gemacht zu haben, all das klang immer noch in ihm nach. Nur an das was er falsch gemacht hatte erinnerte er sich natürlich nicht mehr!

Draco erinnerte sich, in Menschenbüchern von etwas ähnlichem gelesen zu haben. Bei ihnen waren solche sogenannten Albträume wohl durchaus nicht selten. >>Werde ich etwa zu einem Menschen?<<, durchfuhr es Draco plötzlich voller Abscheu. So etwas wäre schlimmer, als jeder Albtraum, den er jemals haben würde. >>Ich muss sofort damit aufhören, Menschenbücher zu lesen!<<, dachte er.

Andererseits... Das war nicht logisch. Der Traum hatte ihn anscheinend sehr stark mitgenommen, dass er so etwas abwegiges, wenn auch nur für einen noch so kurzen Moment, in Betracht zog. Ein Vampir kann sich nicht in einen Menschen verwandeln. Umgekehrt ist dies möglich, aber so wäre es ja eine Rückentwicklung des Körpers und des Geistes. Ein Rückschritt in der Evolution! So etwas gab es nicht.

Aber was war es dann? Was war der auslöser für diesen überaus verstörenden Traum gewesen? >>Vielleicht findet sich der Auslöser im Traum selbst<<, überlegte sich Draco. Zu blöd, dass er sich besonders an das Ende nicht mehr erinnern konnte. Was war sein Fehler gewesen?

Plötzlich wurde Draco bewusst, dass er noch immer nicht umgezogen war. >>Gleich ist Training!<< So schnell er konnte, machte Draco sich fertig und rannte aus seinem Zimmer die Treppe hinunter und auf dem Hof. Alle waren schon da und warteten auf ihn, sogar Pia.

Leicht angestrengt, aber nicht außer Atem - denn Vampire müssen nicht Atmen - kam er bei den anderen an. Sie wirkten erheitert und als Draco einen fragenden Gesichtsausdruck aufsetzte, trug das nur zur Erheiterung bei.

>>Sie machen sich über mich lustig<<, wurde es Draco bewusst, >>Was soll das?<< Seine Wangen verfärbten sich leicht bläulich.

>>Was ist denn mit dir los?<<, fragte Pia ihn lachend, >>Seit wann kommst du denn zu spät?<<

Einen Moment lang dachte Draco über eine bissige Entgegnung nach, doch dann sah er Pia an und musste selber lachen. Ganz offensichtlich war ihr Lachen nicht böse gemeint, anders als er zuerst gedacht hatte.

>>Ach, ich habe bloß verschlafen<<, sagte er nun und kopierte damit die Standardantwort von Pia, die prompt loslachte, genau wie ihre Mentorin. Lediglich Carol sah Draco einen Moment lang forschend in die Augen. Er kannte Draco am längsten von allen und wusste, dass Draco niemals verschlief. Damit Draco zu spät kam, musste es schon sehr ernste Gründe geben - jedenfalls war er die letzten 1400 Jahre immer pünktlich gewesen.