Teil 2

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Haruka

Wieder liegt ein Lächeln auf Makotos Gesicht, als wir nebeneinander durch die kühle Abendluft gehen. Wie so oft ist es dieses Lächeln, das seine Nachdenklichkeit wahrscheinlich vor jedem anderen verstecken würde, aber nicht vor mir. Heute Abend plappert er noch mehr vor sich hin, als ich es sonst von ihm gewohnt bin und er akzeptiert meine Schweigsamkeit- wie immer. Was ihn wohl so sehr beschäftigt?

Als wir in den Hof der Wohnanlage des Schwimmteams einbiegen, wo ich seit unserem Schulabschluss vor drei Jahren wohne, bleibe ich stehen und wende mich Makoto zu. Schweigend schaue ich meinem besten Freund in die Augen als dieser meinem Blick nach kurzer Zeit ausweicht und die Schultern strafft. Bevor er sich jedoch zum Gehen abwenden kann, greife ich sein Handgelenk und drehe ihn so wieder zu mir.

„Haru...?", ein fragender Blick. Noch immer stumm, ziehe ich Makoto in eine versteckte Ecke des Hofes und gebe einfach meinem Instinkt nach, als ich ihn umarme. Für einen Augenblick versteift er sich, entspannt sich aber dann wieder.

„Makoto", spreche ich leise gegen seine Brust und drücke ihn noch fester an mich. „Du kannst mir alles sagen. Das weißt du hoffentlich." Kaum merklich zuckt er etwas zusammen. Stille hüllt uns ein, während wir einfach so dastehen. Da spüre ich plötzlich, wie auch er seine Arme um mich schließt und seinen Kopf gegen meinen lehnt. Sofort durchströmt mich dieses Gefühl: Wärme. In diesem Augenblick kommt es mir vor, als könnte ich alles schaffen. Einfach nur weil Makoto bei mir ist und ich ihm so nah sein kann. Körperkontakt ist zwischen uns zwar nichts ungewöhnliches, da wir uns immer wieder mal umarmen, oder er mich an der Hand irgendwohin hinzieht, weil ich mal wieder in meinen Gedanken versinke, aber... Für mich ist es eben doch jedes mal etwas Besonderes, denn nur ER darf mich so berühren, mir so nah kommen und seit einiger Zeit fühlen sich unsere Berührungen für mich viel intensiver an. Mein Herz schlägt laut gegen meinen Brustkorb, als ich seinen Duft einatme und seine Wärme spüre. Seine Hände, die so sanft auf meinem Rücken liegen und mich vor allem beschützen.

„Leute, nehmt euch ein Zimmer!" empört sich ein heimkehrender Schwimmer im Vorbeigehen und in diesem Augenblick vergeht der schöne Moment. Wir beide springen peinlich berührt auseinander und Makoto lächelt mich verlegen an, bevor er sich umdreht und nach einer kurzen Verabschiedung schnell in der Dunkelheit verschwindet. Ich vermisse ihn jetzt schon.

Makoto

Noch immer klopft mein Herz ganz schnell, wenn ich an diese Umarmung von vorhin denke und diese Wärme durchflutet jede Faser meines Körpers. Du kannst mir alles sagen. Immer wieder hallen Harukas Worte durch meinen Kopf. Nein, ich kann ihm eben NICHT alles sagen! Verzweiflung bahnt sich ihren Weg durch meinen Körper und ich schlage mit der Faust gegen die Wand neben mir. Sofort durchzuckt mich ein stechender Schmerz, den ich gern willkommen heiße- lenkt er mich doch für einen kurzen Moment davon ab, was ich für ein Feigling bin. Mit einem Seufzen drehe ich mich im Bett um, schließe die Augen und drücke meinen Kopf ins Kissen. Was wohl passieren würde, wenn ich ihm die Wahrheit sagen würde? Wie er reagieren würde? Ich hatte zumindest nicht den Eindruck, dass ihm unsere innige Umarmung unangenehm war bis... Ja, bis dieser Typ auftauchte.

Nein, es geht einfach nicht. Mein bester Freund ist ein inzwischen sehr erfolgreicher und bekannter Profischwimmer hier in Japan. Selbst wenn er meine Gefühle erwidern würde, das könnte ihn seine Karriere kosten, für die er so hart gekämpft hat. Ich raufe mir genervt die Haare und erhebe mich mit einem Seufzer aus meinem Bett. An Schlaf ist jetzt ohnehin nicht zu denken. Lustlos lasse ich mich in den Stuhl vor meinem Schreibtisch fallen und nehme mir eins meiner Lehrbücher zur Hand. Buchstaben flirren vor meinen Augen und wie auf Autopilot beginne ich, Textstellen zu markieren, ohne deren Sinn wirklich zu verstehen. Nach zwei Stunden gebe ich mich schließlich geschlagen und schleppe mich zurück ins Bett. Meine Gedanken schweifen ab, bevor ich erschöpft die Augen schließe. Schwarzes Haar und strahlende ozeanblaue Augen sind das letzte, woran ich denken kann, bevor ich in einen unruhigen Schlaf gleite.

Free! MakoHaru - Under your skinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt