Raum 300

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Es ist Herbst, der Wind weht mir durch mein braunes, langes Haar.
Ich bin gerade auf dem Weg zurück zu meinem Zimmer auf dem Schulgelände der Oxford Universität.
Es ist schon ein komisches Gefühl hier zu sein, ich habe so oft davon geträumt, dass ich es jetzt gar nicht realisieren kann!
Ich hatte gerade meine Schulbücher abgeholt, es waren echt mehr als gedacht und ich habe meinen Schließfachcode noch nicht bekommen.

Vollgepackt laufe ich über den kleinen Park zu meinem Gebäude, es ist nicht mehr weit.

"Du hast etwas verloren."
Sagte jemand und legte etwas auf meinen Bücherstapel. Ich konnte die Person nicht sehen, da der Stapel in meiner Hand meine Sicht verdeckte.
Die Person war auch so schnell, wie sie da war auch wieder weg.
Sie hätte mir ja auch wenigsten Hilfe anbieten können!

In meinem Zimmer kippe ich erschöpft auf mein Bett. Der erste Tag hier war echt anstrengend.
Eigentlich hatte ich auch eine Zimmermitbewohnerin, die sich aber noch nicht hatte blicken lassen.

Ich hatte mich so auf das Studium gefreut. Auch wenn das hieß, dass meine beste Freundin und ich uns nicht mehr jeden Tag sehen konnten, so wie in der Schule.
Wir kannten uns schon sehr lange, deshalb verstanden wir uns auch so gut.
Sie ist sehr offen und für jeden Spaß zu haben, ich hingegen stehe neben ihr wie eine Spieserin da.
Ich habe neben ihr nicht wirklich andere Freunde mit denen ich mich so verstand, dass ich jetzt noch mit ihnen Kontakt hatte.
Lynn hat hingegen keine Probleme, neue Kontakte zu Knöpfen. Sie steht immer im Mittelpunkt, was ich meistens einfach akzeptiere.

Gerade als ich an sie dachte, leuchtet ihr Name auf meinem Handy auf. Wir hatten beschlossen, dass wir jeden Abend skypen würden, um uns auf den neusten Stand zu bringen, sodass wir uns nicht aus den Augen verlieren.

"Malllliiii" Ertönt ihre gut gelaunte Stimme.
Sieht so aus, als wäre ihr Tag sehr gut gewesen.

"Hi girl!" Antworte ich, nicht ganz so euphorisch, doch das merkte Lynn nicht, sie begann direkt los zu quasseln, anders kenne ich sie auch gar nicht.

"Du wirst es nicht glauben, aber die Universität ist der Wahnsinn, der eine Professor ist unglaublich süß, bei dem werde ich mich extra ins Zeug legen.
Ich hab auch schon eine neue Clique gefunden, wir gehen gleich noch feiern!"
Das letzte Wort zieht sie in die Länge, scheint so als wäre ihr der Anfang etwas leichter gefallen.

Ich seufzte nur, ich habe heute noch niemanden kennengelernt, der Campus ist groß, vielleicht war es hier alles etwas zerstreuter, ich hatte noch mit niemand wirklich gesprochen. Es ist Zeit neue Freunde zu finden, was überhaupt keine Stärke von mir ist. Einfach auf Leute zugehen und sie anzusprechen, alleine der Gedanke daran versetzt mich in Panik.              Ich hatte gehofft, dass ich eine nette Mitbewohnerin habe, mit der ich mich verstehe und sich damit die Suche nach Freunden geklärt hätte.
Ich brauchte nicht viele Freunde, eine Person würde mir schon reichen!

Irgendwann merke ich, dass Lynn ihre Erzählung beendet hat.

"So ruhig wie du bei dem Thema bist, hast du bestimmt wieder Schwierigkeiten Anschluss zu finden. Du solltest mal etwas Spaß haben, etwas riskieren, niemand mag langweiler! Ich muss jetzt aber los, die hübschen Typen in den Bars abchecken. Morgen will ich einen Namen von dir hören, von einer Person, mit der du gesprochen hast. Und es darf kein Professor sein. Der Name von einem Typen gibt Pluspunkte. Du hattest schon lange keine Beziehung mehr! Hab dich lieb byeee!!"

Ich konnte dem Gespräch echt nicht viel zusteuern und das lag nicht daran, dass Lynn so viel plapperte. Sie hat recht, ich bin langweilig, in der unoffiziellen Rangliste der Schule, stehe ich wohl ganz unten. Deshalb saß ich beim Mittagessen wohl alleine, auch bei der Vorlesung setzte sich niemand direkt neben mich.

Es war der erste Tag, versuche ich mir einzureden, dass es mir besser geht.
Aber ich bin mir auch klar darüber, dass sich nichts vom einen auf den anderen Tag ändern wird. Ich werde früher oder später bei den Nerds landen. Je früher ich das akzeptiere, desto besser.

Ich begab mich unter die Dusche, es ist eine Gemeinschaftsdusche, nicht unbedingt mein Highlight, aber es war niemand da, also konnte ich mich auch nicht beschweren.

Zurück in meinem Zimmer betrachte ich die Bücher mit dem Lernstoff für das erste Jahr. Mir fällt ein kleiner Zettel ins Auge, der auf dem Stapel liegt, lag der vorhin auch schon da?
Ich hatte sie vorhin nur abgelegt und nicht genauer angeschaut.

Ich falte den Zettel auf. Das Papier fühlt sich hochwertig an, wirkt aber wie aus einem anderen Jahrhundert.
Auch die Schrift, die zum Vorschein kommt ist sehr schnirkelig und sieht aus wie mit Tusche geschrieben. Es fehlte nur noch ein Wachssiegel darauf und ich hätte glatt geglaubt, dass die Nachricht aus dem 16. Jahrhundert kommt.
Mein Interesse ist auf jeden Fall geweckt.

"Raum 300, 22:00 Uhr. OS"

Das stand auf dem Papier, ich drehe mich um, es ist 21:30, ich habe noch Zeit, herauszufinden, was es sich mit dem Raum auf sich hat.
Aber was wenn die Nachricht nicht für mich bestimmt war, es steht ja kein Name drauf, ein Datum auch nicht, es ist wahrscheinlich nur ein Scherz.

Niemand mag Langweiler! Ertönen Lynns Worte in meinem Kopf.

Was soll denn schon dabei sein, wenn ich mir diesen Raum genauer anschaue? Ich habe ja auch nichts zu verlieren.

The Secret Sorority- Do you Remember last night cause I blacked out?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt