Der ominöse Typ mit dem Joonge-Shirt

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Fast wäre ich in ein weißes T-Shirt gelaufen. Oder sagen wir, ich hätte beinah meinen Kopf an die Brust seines Trägers geschlagen. Ziemlich groß, der Typ. Weiter unten erblickte ich eine dunkle Jeans und ein paar Sneakers, nach oben konnte ich nicht sehen, denn wir standen zu nah aneinander und da er keine Anstalten machte, sich zu bewegen und den Finger von der Türklingel zu nehmen, die er wohl gerade betätigen wollte, hatte ich auch keine Chance, dieser misslichen Lage zu entfliehen.
Ich stellte mir vor, wie wir beide aussehen mussten, ich mit gesenktem Kopf, nur darauf bedacht, ihn nicht zu berühren, er völlig erstarrt, einen Arm ausgestreckt, sein Oberkörper leicht vorgebeugt. Total bescheuert musste das aussehen. Ich spürte bereits das Lachen in mir hochkriechen und versuchte noch, es zu unterdrücken, doch es war zu spät. Ich prustete los, einerseits, weil ich total peinlich berührt war, andererseits, weil die ganze Situation einfach zu absurd anmutete, um sie ernst zu nehmen.
Das brachte meine lebendige Wegabsperrung dazu, sich ebenfalls aus ihrer Schockstarre zu lösen und als ich mich endlich wieder frei bewegen konnte, lachten bereits alle Beteiligten lauthals mit. Nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, schaute ich dem ominösen jungen Mann mit dem komischen weißen Shirt, dessen Aufschrift übrigens "Joonge" lautete, das erste Mal in die Augen.

Sein Blick war wie ein Meer. Ein Meer, in dem ich versank. Solch wunderschöne Augen hatte ich noch nie gesehen. Wie hypnotisiert sahen wir uns an und wüsste ich nicht, dass er ein Mensch war, hätte ich glatt behauptet, er käme aus einem Paralleluniversum. Unsere Augen lösten sich eher aus Zwang voneinander, als Taddl sich von hinten einschaltete: "Was war das denn bitte, Felix?" Ich schüttelte meinen Kopf, um wieder klar zu werden. Felix. Bisher definitiv der normalste Name der Bewohner dieses Hauses. "Sorry, ich...", stammelte er vor sich hin. "Ich wollte eigentlich nur fragen, ob ihr Bock habt, mit zu My Indigo zu kommen, Simon und ich wollten was essen. Naja...und dann war da dieses bezaubernde Geschöpf" Er lächelte schelmisch und deutete auf mich, was mich dazu brachte, gespielt geschmeichelt eine meiner Haarsträhnen einzudrehen. Taddl und Ardy lachten. "Dass mir fast seinen Kopf in den Bauch gerammt hätte. Das hat mich ein wenig aus dem Konzept gebracht"
"Tut mir leid, Herr Felix. Soll nicht wieder vorkommen", stieg ich auf sein Spiel ein. "Ich bin übrigens Maria", fügte ich schnell hinzu, weil mir bewusst geworden war, dass er gar nicht wusste, wie ich hieß und streckte ihm förmlich die Hand hin. Er ergriff sie mit seiner viel Größeren und schüttelte sie ebenso förmlich. Seine Art gefiel mir. "Es ist mir eine Ehre, dich kennenzulernen, Frau Maria.", sprach er und wieder trafen sich unsere Blicke, wieder drohte ich, in seinem zu versinken.
"Um jetzt nochmal zum Thema zurückzukommen", räusperte sich Ardy und zum wiederholten Male musste ich den Kopf schütteln und wegsehen. "Ja, wir würden gerne mit zum Essen kommen" "In Ordnung, dann holt eure Boards, in zehn Minuten fahren wir los...willst du vielleicht mitkommen?", wandte Felix sich wieder an mich. "Ich muss weg, WG-Dienst. Meine Girls rasten sonst aus", sagte ich bedauernd. Zu gerne wäre ich mitgekommen, aber ich glaubte, Schnalle bekäme sonst einen ihrer Ausraster, letztes Mal musste sie auch schon die Hälfte übernehmen. "Schade", kam es von allen dreien wie aus einem Munde. "Ihr wusstet doch, dass ich gehen muss", schalte ich Taddl und Ardy spielerisch. "Es bestand ja durchaus die kleine Chance, dass du dich doch noch überreden lässt", schmunzelte Taddl. "Das nächste Mal, versprochen! Aber ich muss echt los jetzt"
Ich wollte schon losgehen, da richtete Felix noch einmal das Wort an mich:"Würdest du mir eventuell deine Nummer geben? Dann kann ich dir Bescheid sagen, wann das nächste Mal ist" "Kann Taddl sie dir vielleicht geben? Ich hab echt keine Zeit mehr jetzt", erwiderte ich. "Okay" Felix warf Taddl einen Blick zu, den ich absolut nicht deuten konnte, doch ich entschied mich, das Ganze zu ignorieren und machte mich auf den Weg nach unten. Komisch, dass er gar nicht gefragt hat, warum ich hier war.

Sein Blick war wie ein MeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt