prolog

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Ich stand an einer Klippe.

Wenn ich nach unten sah, sah ich nur eines: das tosende Meer, das aussah als griff es mit seinen Wellen schon nach meinem Körper, den ich nach kurzer Zeit da hinein bringen wollte.

Ich sah mich um.

Neben mir waren weitere Klippen zu sehen, die allerdings nicht so steil waren, und besonders schön waren sie auch nicht. Der Felsen, von der Klippe, von der ich mich stürzen wollte um mein klägliches Leben zu beenden, war schwarz. Die daneben waren nicht durchgehend schwarz.Schräge, graue Streifen durchzogen den Fels und ich folgte ihnen mit den Augen von dem Punkt wo sie auf das Meer trafen, bis zu dem Punkt, wo sie endeten und auf grüne Wiesen stießen. Eine leichte Brise kam auf und zerrte mir sanft an den dunkelblonden Haaren. Ich strich sie mir hinter das Ohr und sah mich in die Andere Richtung um.

Ich entdeckte kleine Hügel die mit einem Teppich aus Gräsern und Büschen bedeckt waren, die gerade den Winter überstanden hatten und schon Knospen bildeten. Am Horizont konnte ich ein Dorf erkennen.

Meine Heimat.

Es war noch relativ früh weshalb der Nebel das Dorf nur schwer erkennen ließ.

Ich drehte mich um, sah auf das Meer hinaus und dachte noch mal an mein Leben, auf welches ich so wenig Lust hatte, dass ich es auf diese Weise beenden möchte.

Ich dachte an meinen Bruder Eathan und wurde sogar ein bisschen traurig.

Er war die einzige Person mit der ich reden konnte, ohne dass ich mich danach ausgenutzt oder beleidigt fühlte. Er war ein ziemlich berühmter Schauspieler, weshalb er oft nicht da war, aber wenn er mal zuhause war redeten wir und unternahmen sehr viel gemeinsam. Aber nicht mal er wusste von meinem Wunsch nach Selbstmord, denn ich wusste, er wäre am Boden zerstört.

Aber ich wusste auch, dass ich nicht so weiter leben wollte, weshalb ich nun da stand, am Rand einer Klippe mit dem tosendem Meer unter mir und keiner Menschen Seele weit und breit, die mich von meinem Vorhaben abhalten könnte. Aber wenn einer mein Leben gelebt hätte,dann wäre er wahrscheinlich auch an meiner Stelle und würde springen wollen. Ich dachte daran, was ich aus meinem Leben gemacht hatte. Nichts. Mein Bruder war ein berühmter Schauspieler, der schon in so vielen Filmen und Serien mitgespielt hatte. Er war ein Überflieger, denn er lernte seine Zeilen innerhalb von 2 Minuten auswendig und verhaspelte sich danach nicht ein einziges mal. Er war außergewöhnlich attraktiv, vor allem für die Mädchen, daher hatten viele von ihnen schon mal ein Auge auf ihn geworfen. Er war aber trotzdem nicht die arogante Art von beliebt, sondern hatte auch noch die Menschenkenntniss zu erkennen, welche Leute gut für ihn waren, welchen er vertrauen konnte oder welche nur hinter seinem Geld oder seiner Beliebtheit hinterher waren. Dadurch hatte er auch viele berühmte Freunde aber weder kannten sie mich, noch kannte ich sie, da ich mich für mich schämte und Eathan daher immer bat sie nicht zu uns einzuladen. Meine Eltern waren ebenfalls sehr bekannt und so reich, dass sie sich eine große Villa leisten konnten. Sie arbeiteten als Führungskräfte zweier großer und erfolgreicher Firmen. Sie hatten viel zu tun und schafften es trotzdem noch, Zeit zu haben mir in der Schule zu helfen. Nur leider haben sie nie mitbekommen wie schlechtes mir geht und ich eigentlich ihre Hilfe gebraucht hätte. Trotzdem waren sie gute Eltern und immer für mich da. Und dann kam ich. Ich heiße Blaire und hab nie etwas auf die Reihe bekommen. Ich war mittlerweile 19 und immer noch in der 11. Klasse, da ich mehrere Klassen wiederholen musste. In der Schule konnte mich keiner Leiden und ich wurde von allen beleidigt. Wenn mich mal Jemand ansprach, dann nur um ein Autogramm von Eathan zu bekommen oder um näher an ihn ran zu kommen. Mich persönlich mochte Niemand. Ich hatte keine Freunde und ich hatte bemerkt, das Niemand mit mir befreundet sein wollte, also gab ich es auf mir falsche Hoffnungen zu machen. Ich machte keine Sportarten, da ich nicht die nötige Motivation hatte sie mir selbst bei zu bringen, aber ich las und schrieb gerne Bücher. Auch Filme mochte ich sehr gerne. Am liebsten filme über das echte Leben. Zeichentrickfilme oder irgendwelche kitschigen Romanzen, sollen einen bloß von den Problemen aus dem echten Leben ablenken und ich war eher so der Typ Mensch, der die brutale Wahrheit kennen muss, weshalb ich solch Filme eher mied.

Als ich klein war hatten Eathan und ich uns immer die einzelnen Szenen aus Büchern vorgespielt und wenn sie gut waren hatten wir sie gefilmt. Doch diese Zeiten waren vorbei als er an einem richtigen Film angenommen wurde, denn ab da war er berühmt und hatte kaum noch Zeit für mich. Während er Autogramme schrieb und Interviews gab saß ich zu Hause in meinem Zimmer und sah mir Filme an oder las ein Buch. Ich verließ ohne ihn kaum das Haus, außer um zur Schule zu gehen, die bei mir anscheinend nichts brachte. Meine Eltern hatten es mit mehreren verschiedenen Schulen probiert aber alle waren gleich. Keiner mochte mich, ich hatte keine Freunde und wenn dann nur solche die mich benutzten um an Ethan ran zukommen.

Und da stand ich jetzt.

Kaputt und zerschlagen von allem.

Ich ging bis zum Äußersten Rand der Klippe und sah nach unten auf das Meer. Ich betrachtete wie die Wellen gegen den schwarzen Fels schlugen und der weiße Schaum umher spritzte, nur um anschließend wieder in dem große, weitem Meer zu verschwinden. Eine nach der Anderen.

Sie kamen und gingen wieder.

Ich blickte wieder auf, legte meinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen.

Ich dachte an Ethan wie er mich immer versuchte aufzumuntern, es ihm aber nicht gelang und ich ihm trotzdem ein Lächeln schenkte, nur um ihm zu zeigen wie dankbar ich ihm dafür war.

Danke, dass du immer versucht hast mir zu helfen, obwohl du wusstest, es würde nichts ändern.

Danke, dass du immer für mich da warst und mich nie im Stich gelassen hast.

Danke, dafür, dass du einfach ein Bruder für mich warst, obwohl ich es nie verdient hätte.

Danke.

Ich dachte an meine Eltern, wie sie immer versucht haben mir dir Schulaufgaben zu erklären, obwohl sie wussten, ich würde sie nicht verstehen.

Danke, dass ihr, trotz meiner fehlenden Intelligenz, immer an mich geglaubt habt und nie aufgehört habt mich zu lieben.

Danke, dass ihr immer versucht habt mich zu verstehen, auch wenn es oft nicht ganz geklappt hat.

Danke, dass ihr mich nicht einfach vergessen habt, da ich nichts wert war, sondern immer geglaubt habt ich könne trotzdem etwas erreichen.

Danke.

Ich spürte wie ich alles losließ. All meine Gedanken und Sorgen waren wie weggeblasen und in meinem Kopf herrschte eine stille Leere.

Ich senkte den Kopf wieder und sah auf das Meer hinaus.

Der Wind war etwas stärker geworden und blies mir nun kühle, salzige Luft vom Meer ins Gesicht.

Ich drehte mich um, sodass ich mit dem Rücken zu Meer stand und breitete die Arme aus.

Ich spürte wie der Wind noch etwas stärker wurde, als wolle er verhindern, dass ich runter viel.

Doch ich lehnte mich an ihn, genoss ihn für einen Moment und ließ mich fallen.


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