22. Enttäuschung

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Ich weiß nicht wie lange ich durch die Straßen lief, aber ich wollte von Niemanden etwas hören. Ich hatte mir nur schnell meine Jacke, mein Portemonnaie und meine Schlüssel geschnappt und war aus dem Haus gestürmt. Mein Handy hatte ich nach den ersten Anrufen und Nachrichten auf Flugmodus geschaltet. Zum Glück hatte ich meine Kopfhörer in meiner Jackentasche gefunden. So konnte ich wenigstens abschalten und die Musik auf volle Lautstärke aufdrehen. Ich lief bis zu einem Fluss, welcher sich in der Nähe befand. Dort ließ ich mich nieder und fing erneut an zu Weinen. Erst als die Tränen verebbten, probierte ich meine Gedanken weiter zu ordnen.

Wie hatte ich nur so dumm sein können. Es war die ganze Zeit Tim gewesen. Und, Oh Gott. Ich hatte ihm ein halbes Nacktbild geschickt und er wusste von meinem "ersten Mal". Jedenfalls von dem mit dem Spielzeug. Er hatte die Aktion mit Hannes sogar als Aufgabe eingefädelt. Mein bester Freund hatte ein halbes Nacktbild von mir. Apropos Hannes. Ich würde gerne wissen, seit wann Hannes über Tim oder Babe Bescheid wusste.

Meine Gedanken schweiften zu den ersten Unterhaltungen im Chat ab. Er hatte von seinen Gefühlen für einen Kumpel geschrieben und wie er jeden Tag mit diesen Gefühlen verzweifelte. War ich dieser Kumpel, oder war es vielleicht doch einer unserer Freunde?

Jedoch war ich auf dem Foto vom CSD gewesen und in den letzten Tage war Tim dem Körperkontakt nicht ganz abgeneigt. Auch hatte ich das Gefühl gehabt, er hätte vorhin in den Kuss hinein gelächelt. Trotzdem passten die verewigten Buchstaben nicht in mein Bild. Es stand weder ein T in dem Herz noch ein C. Soweit ich weiß, gab es auch keinen im engeren Freundeskreis der mit einem S oder einem K begann.

Ich zerbrach mir noch eine ganze Weile den Kopf, bis ich so langsam müde wurde. Auch wurde mir kalt. Jedoch schob ich dies auch auf die aufkommende Müdigkeit. Ich schaltete den Flugmodus aus. Sofort trafen diverse Nachrichten ein. Das WhatsApp Symbol zeigte 42 neue Nachrichten. Unter anderem waren diese von Tobi, Anne, Lisa, Simon und Hannes. Auch in der Gruppe mit den Jungs, hatte Dome gefragt was generell passiert war. Natürlich hatte auch Tim mir geschrieben. Ganze 8 Nachrichten stammten allein von ihm.

Ich überflog die Nachrichten nur. Wollte gar nicht wissen, wofür er sich genau entschuldigte. Jedoch fasste das Wort entschuldigen, vor allem die ersten Nachrichten bereits gut zusammen. In den letzten Stand hauptsächlich das er sich Sorgen machte und ich wenigstens schrieben sollte. Also schrieb ich.

Chris: Mache mich auf den Heimweg. Wenn ich ankomme, ist das Haus leer. Brauche Abstand.
Tim: Das verstehe ich. Und die Leute sind schon vor einer Stunde gegangen.
Tim: Aber können wir trotzdem bitte reden?
Chris: Du bist auch weg!

Ich sah, das Tim schrieb. Jedoch wollte ich aktuell keine weiteren Entschuldigungen oder Erklärungen. Also machte ich den nächsten Schritt, welchen ich nie für möglich gehalten hätte. Ich blockte meinen besten Freund auf WhatsApp.

Als ich am Haus ankam, war alles still. Es brannte kein Licht und von einer Party war weit und breit nichts zu sehen. Ich schloss die Tür auf und trat ein. Kurz blickte ich mich um. Anscheinend hatten sich die Anderen die Mühe gemacht, die Reste der Party zu beseitigen. Mein Kopf war kurz vor dem Platzen. Ich schätzte meine Freunde, aber ich war im Moment maßlos enttäuscht von Jedem.

Ich legte meine Sachen ab und begab mich in mein Zimmer. Dort fand ich auf dem Bett einen Zettel vor. Ohne den Inhalt zu lesen, erkannte ich an der Handschrift, dass Tim mir den Zettel hinterlassen hatte. Ich knüllte ihn zusammen und schmiss ihn in meinen Papierkorb. Schnell zog ich meine Schlaf Klamotten an und schmiss mich dann ins Bett. Hoffentlich würde ich gleich gleich aufwachen und der ganze Abend war nur ein Albtraum gewesen.

Als ich meine Augen am nächsten Morgen aufmachte, waren die Erinnerungen der letzten Nacht immer noch präsent. Leider war es kein Traum gewesen. Tim war immer noch Babe und mein bester Freund war immer noch auf WhatsApp blockiert. Ich schleppte mich also ich in die Küche und holte mir alleinig ein Glas Wasser. Hunger hatte ich keinen. Dies lag jedoch nicht am Restalkohol, sondern generell an meiner psychischen Verfassung. Um Stress mit meinem Vater zu vermeiden entfernte ich noch den Nagellack von meinen Nägeln.

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