[Annalena Baerbocks POV]
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war es in Alice' Armen. Wir lagen dicht aneinander gekuschelt und ich spürte die Wärme von Alice' Körper an meinem Rücken. Als sie bemerkte, dass ich aufgewacht war, zog sie mich näher an sich und ich konnte ihren Atem in meinem Nacken fühlen. „Guten Morgen", flüsterte ich. Alice setzte sich auf, beugte sich über mich und drückte mir sanft einen Kuss auf die Wange.
Während wir an dem massiven Tropenholztisch im Wohnzimmer saßen und unseren Kaffee schlürften, tobten draußen ein Schneesturm, die Schneeflocken schienen sich einander zu jagen und stießen schließlich mit dumpfen Geräuschen gegen die Fensterscheiben. Eigentlich lehnte ich den Import von Tropenholz strikt ab. Aber es sei Alice verziehen. Zumindest für jetzt. Die Schneedecke war seit gestern nur noch dichter geworden und irgendetwas kindliches in mir sehnte sich danach, auf der Stelle nach draußen zu rennen und mich in den Schnee zu werfen. Doch meine Vernunft hielt mich ab. War ja schließlich kalt, das hatte ich gestern schon festgestellt. Allerdings konnte Alice scheinbar meine Gedanken lesen, denn nachdem sie den letzten Schluck aus ihrer Tasse getrunken hatte, grinste sie mich an und schlug vor, einen Schneespaziergang zu machen. Natürlich willigte ich ein.
Der Schneesturm hatte sich etwas gelegt, nun fielen nur noch vereinzelt dicke Flocken auf meinen Mantel. Zum Glück hatte ich meine Skiunterwäsche mitgenommen, denn sowas war bei diesen Temperaturen wirklich nötig. Alice schloss die Haustür hinter mir und lief die letzten Schritte zu mir. Neben mir angekommen, bot sie mir ihren Arm an und ich hakte mich bereitwillig ein.
[Alice Weidels POV]
Wir liefen mindestens eine Stunde durch den nahegelegenen Wald. Es war ein Mischwald, das hatte mich schon immer ein bisschen gestört. Das lies die Baumformationen so durcheinander und ungeordnet wirken. Annalena schien das anscheinend nicht zu stören. Sie sah ein bisschen aus wie ein kleines Kind, als sie mit großen Augen unter verschneiten Tannenzweigen hindurch lief. Auch ich genoss es, in der Natur zu sein.
„Ich hätte nie gedacht, dass du auch so naturverbunden bist, Lille.", witzelte Annalena. Ich lachte. „Zumindest wenn man die Politik deiner Partei betrachtet...", fügte sie hinzu. Das gab dem Witz einen bitteren Beigeschmack. Ich wusste, dass das der Aspekt war, in dem sich unsere Parteien am meisten unterschieden. Annalenas Sorgenkind war der Klimawandel. Ihre ganze Politik drehte sich darum, den Co2-Ausstoß zu verringen und eine klimaverträglichere Wirtschaft zu erreichen. Aber war das auch was ich wollte? Ich war mir nicht mehr sicher... Noch vor einem Jahr war ich mir sicher. Ich war mir sicher, dass der „menschengemachte Klimawandel" ein Instrument der links-grünversifften Politiker war, um das einfache deutsche Volk zu unterdrücken und uns in den wirtschaftlichen Ruin zu stürzen – und diese Meinung vertrat meine Partei noch immer. Doch seit ich viel Zeit mit Annalena verbrachte, bekam ich immer mehr das Gefühl, dass ich falsch gelegen hatte. Ich wollte nicht falsch liegen. Ich hasste es, nicht Recht zu haben. Im Notfall interpretierte ich mir halt Statistiken zurecht, Hauptsache ich musste nicht zugeben, dass ich falsch lag. Doch mit Annalena war das etwas anderes. Wohl oder übel musste ich mir ihre Argumente anhören, so war das nun mal mit der Liebe. Und leider waren ihre Argumente erschreckend gut. Es fiel mir immer schwerer, den Klimawandel zu leugnen, zum einen vor den Wählern – das wollte die Partei so -, als auch vor mir selbst. Immer wieder fragte ich mich, ob die AfD wirklich das verkörperte, was ich vertrat. Doch solche Überlegungen schob ich beiseite, wenn ich sah, wie glücklich Annalena war.
Kurz bevor wir wieder an meinem Haus angekommen waren, spürte ich plötzlich einen dumpfen Aufprall und stechende Kälte in meinem Nacken. Ich drehte mich um und sah Annalena, die gerade einen weiteren Schneeball formte und dabei über beide Ohren strahlte. „Lass das, Annalena!" Doch in diesem Moment traf mich ein weiterer Schneeball, der nur knapp mein Gesicht verfehlte. Eins musste man ihr lassen, aus unerklärlichen Gründen konnte diese Frau ziemlich zielsicher werfen. Ich räusperte mich etwas genervt. „Jetzt sei keine Spießerin, Alice. Dafür ist genug Zeit, wenn wir wieder in Berlin sind!" – „Na warte!" Schnell formte ich mehr schlecht als recht einen Schneeball und warf ihn nach Annalena. Ich fühlte mich frei. Freier denn je. Das war es, was Annalena mit mir machte. Sie sorgte dafür, dass sich meine Seele aus der gemäßigten, spießigen Hülle befreite, in die ich sie Jahre lang gepresst hatte.
Den Abend verbrachten wir zusammengekuschelt vor dem Kamin. Annalenas Geruch, der eine süße, blumige Note hatte, stieg mir in die Nase, während ich ihren warmen Körper an meinem spürte, und es war, als könnte es ewig so weitergehen.
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Verbotene Koalition II / Baerbock x Weidel
Fiksi PenggemarAnnalena Baerbock und Alice Weidel - zwei Frauen, mit komplett verschiedenen Ansichten. Könnte man meinen... Kann ihre Liebe allen Widerständen trotzen? Die langersehnte Fortsetzung von „Verbotene Koalition"